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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3683#0034
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Bauer und Kuh. Hellenistisches Relief in der Münchner Glyptothek. (Gipsabguß. Ausschnitt.)

Diese Angaben lassen vielleicht auf mehr als eine zufällige Ähnlichkeit schließen, auch wollen wir nicht vergessen,
daß das Buch mit den beiden Stichen in einer Gegend aufgefunden wurde, die zum Bereich des trevisanischen Gebietes
gehört.

Im übrigen aber sind die beiden Blätter so wesentlich voneinander unterschieden, daß eine getrennte Besprechung
angezeigt erscheint.

I.

Der erste Stich mit dem hasentragenden Landmanne füllt die ganze Fläche des Buchdeckels aus (Maße:
270 X 161 mm). Mit der Ausnahme einiger recht großer, aber die eigentliche Darstellung nicht schädigender Lücken im
Papier, die zuweilen die mit blauen und braunen Linien gezogene Umrahmung unterbrechen, beschränken sich die
übrigen Lädierungen nur auf einige Stockflecke und auf eine beträchtliche Anzahl von Bohrlöchern.1

Mit großer Geschicklichkeit hat der Künstler den in gut beobachteter Pose gesehenen Mann dargestellt. Die nicht
allzusehr störende Handkolorierung gibt dem Wams eine hellbraune, dem Schurz eine blaue, den hohen Stulpstiefeln
eine hellgelblichbraune Färbung. Der ärmliche, pezzentehafte Eindruck der genreartigen Darstellung wird durch das
Aussehen des rostbraun bemalten Hutes verstärkt, dessen des Oberteiles entbehrende Krempe gleich einem Strahlen-
kranze den mit dichten Haarsträhnen bedeckten Kopf umkreist. In unstreitig schematischer Weise ist das Erdreich
wiedergegeben, auf geradlinigen (horizontal gezogenen) Linien sind symmetrisch angedeutete, einzeln abzählbare Gras-
halme angedeutet, die fächerförmig aus dem grün und braun bemalten Boden hervorsprießen. (Diese Art der Natur-
wiedergabe ist unter anderm für die Folge der Tarocchi charakteristisch.)

Die nähere Betrachtung der Figur ergibt aber eine offenkundige Diskrepanz zwischen d,er Großzügigkeit der
Konzeption und der Mangelhaftigkeit der Zeichnung, die sich in manchen Einzelheiten äußert. Denn obgleich ver-
schiedene Partien, wie die sichere und äußerst gelungene Vortäuschung der Beine, und überhaupt die glückliche und
sehr interessante Lösung des Schrittmotives ungeschmälert unseren Beifall verdient, so verraten dagegen andere Details
doch befremdende Anzeichen einer sichtlichen Befangenheit. Vor allem der Faltenstil, den der Meister in seltsamer
Weise wiedergibt, wenn man die merkwürdigen parallelen Faltenringe am linken Oberarm, die schematische
Andeutung der Wamsbäusche betrachtet, die unterhalb der Gürtelung zu sonderbaren Formen sich aufheben (ohne
deswegen aber an Reiz zu verlieren), oder wenn man auf die eigentümliche Form des Halsausschnittes hinweist.
Das gleiche Versagen oder wenigstens die gleiche Unsicherheit bezeugen die etwas schwerfällige Bildung der rechten
Hand, die das strohgeflochtene Bündel trägt, und vor allem der deutlich erkennbare Pentimento des Gesichtskonturs;
der Meister hat hier mit verschiedentlich gezogenen Linien das Profil des Villano wiederzugeben versucht

Besonders auffallend aber ist die Gestrecktheit der überlangen unteren Extremitäten, die in keinem Verhältnis
zu den Massen des Thorax stehen; dann das Motiv der breitgegrätschten Stellung, die eine Unterscheidung von Stand-

1 Die spätere Zutat der grob gezeichneten Federstriche am Oberschenkel ist auch in der Abbildung mit Leichtigkeit zu erkennen.

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