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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.4140#0005
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MITTEILUNGEN

DER

GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.

BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE".

1921.

WIEN.

Nr. 1.

Studien und Forschungen.

Ein niederländischer Kupferstich des XV. Jahrhunderts.

Im Jahre 1897 kam der hier erstmalig veröffentlichte Kupferstich mit Darstellungen aus der Jason-Sage mit der
Sammlung Sewall in das Bostoner Kabinett, und zwar als Florentiner Arbeit. Er blieb mir daher bis zum Jahre 1919
unbekannt, denn mein verstorbener Freund und Kollege S. R. Koehler, der mir schon in den achtziger Jahren sehr
sorgfältig gearbeitete Verzeichnisse der deutschen und niederländischen Stiche in den amerikanischen Sammlungen zur
Verfügung gestellt hatte, darunter natürlich in erster Linie eine Liste jener der Sammlung Henry J. Sewall, die sich
damals noch in New-York (955 Madison Avenue) befand, erwähnte das Blatt nicht. So konnte ich es leider in den
vierten Band meines Kritischen Katalogs nicht aufnehmen und lernte es erst aus einer Photographie kennen, die mir
der Direktor der Sammlung, Mr. FitzRoy Carrington durch Freund Campbell Dodgson zukommen ließ. Obgleich die
beigegebene Abbildung eine Beschreibung des Stiches überflüssig macht, will ich zur Erklärung der dargestellten
Vorgänge doch eine solche in knapper Form folgen lassen.

Im Vordergrund steht links vor dichtem Wald Jason in kurzem Lendner, auf dem Helm eine lange Feder und das
Schwert an der Seite. Er erhebt mit der rechten Hand einen Ast gegen die beiden feuerspeienden Stiere, die aus der
Felsschlucht rechts hervorbrechen, und hält in der Linken Medeas Salbenbüchse. Über den Felsen im Mittelgrunde kniet
er noch einmal und bricht dem Drachen die Zähne aus, die er, links stehend, mit demselben gegabelten Zweig in der
Hand, aussät. Im Hintergrund rechts erscheint er ein viertes Mal und pflügt in Bauemtracht, eine Lanze in der Linken
haltend, mit den Stieren das Feld, aus dessen Furchen acht sich gegenseitig bekämpfende winzige Giganten empor-
wachsen. Zwischen dem säenden und pflügenden Jason zieht sich eine Straße teilweise durch Wald in die Ferne, wo
sich jenseits des Flusses Städte und Burgen erheben. In der Mitte auf einem Hügel eine Windmühle und weidendes
Vieh, tiefer ein von Bäumen umgebenes Haus und auf dem Wasser zwei Schiffe, zwei Schwäne und ein Kahn. Vorn
links einige Blattpflanzen. Die Platte hat in den vier Ecken außerhalb der Einfassungslinie Nagellöcher. 171: 125 mm. Einf.

Daß es sich bei dieser unter den Kupferstichen des XV. Jahrhunderts ganz vereinzelt stehenden Darstellung des
antiken Mythos nicht um eine italienische Arbeit handeln kann, springt in die Augen. Wenn wir nach stilistisch
verwandten Blättern suchen, so steht der Jason jenen des niederländischen Meisters W A am nächsten. Kostüm und
Bewaffnung haben besonders große Ähnlichkeit mit den Kriegs- und Lagerszenen unter Karl dem Kühnen des
genannten Künstlers L. 22—29. Auch in jener Folge findet sich die Helmform des Jason und vielfach1 sein korsettartig
gewölbter, eng anliegender Lendner, der mit kleinen Kreisen gemustert ist und einem mit Nagelköpfen besetzten Panzer
nicht unähnlich sieht. Es fehlt bei den Kriegern des Meisters ~W~/^ jedoch die lang herabhängende Helmfeder Jasons.
In der Formengebung, der Zeichnung der Stiere, Bäume, Felsen und Baulichkeiten weicht der Bostoner Stich von den
Arbeiten des Meisters~W~-£. vollkommen ab. Er scheint mir von einer etwas späteren Hand herzurühren und ich möchte
ihn jener kleinen Gruppe niederländischer Arbeiten beizählen, die wie die Boccaccio-Illustrationen L. 2—10 zu der
1476 bei Colard Mansion erschienenen Ausgabe des Buches von den berühmten Unglücklichen und annähernd gleich-
zeitig damit in Brügge entstanden sein mögen.

1 1.. 24, 26, 28 und 29.

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