Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1922

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3633#0040
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bestimmt nicht echt sind weiters: A. T. 4, 5, 6. 10, 11, 2-4, 2ö,
34, 39, 44, 34, 61. 94, 159; N. T. 1, 6, 9, 13, 27 38, 51 (unten), 52, 53,
57, 59, 72, 88, 99, 101, 117, 1 IS, 139, 141. Doch kann daraus dem
Herausgeber weniger ein Vorwurf gemacht werden, da die Erkenntnis
dieser Falle zum Teil wirklich eingehende Beschäftigung mit der Frage
der Kritik von Rembrandts Zeichnungen erheischt. Handelt es sich ja
bisweilen um sehr qualitätvolle Schülerwerke oder um Rembrandtschc
Kompositionen. Allerdings bedeutet jede Nachzeichnung eine Trübung
des originellen Bildgedankens, dessen volle Bedeutung nur der Kenner
aus ihr herauslesen kann, ist also hier nicht am Platze.

Die chronologischen und stilistischen Kriterien, die diese Blätter
als apokryph erweisen, können hier natürlich nicht entwickelt werden.
Doch laßt sich die Methode der Ausscheidung auf Grund der Bildung von
Gruppen, die als solche Fremdkörper in Rembrandts Werk bilden,
selbst an dieser bescheidenen Auswahl demonstrieren. Zum Beispiel sind
A. T. 11 und N. T. 1 Werke einer Hand, die nicht die Rembrandts ist.
Ebenso A. T. 39 und 61.

A.T. 162 wurde von Meder (Die Handzeichnung S. 320) als korrigierte
Schülerzeichnung angesprochen, was man hätte vermerken können.

Einige Proben von Datierungsversuchen des Herausgebers:

A. T. 94. »Aus der Spätzeit.« Schulerzeichnung der vierziger Jahre.

N. T. 49. >Aus den ersten vierziger Jahren.« Apokryphe Zeich-
nung, die in den eckigen Gliedern der Figuren den Stil der fünfziger
Jahre zur Voraussetzung hat.

A. T. 27. >Um 1635.< Ist eine etwas veränderte Schulkopie nach
dem knapp vor 1652 entstandenen Blatt HdG. 1337.

A. T. 31. »Um 1635.< Um 1644/45 (vgl. N. T. 48 oben) entstanden.

A. T. 7. >Wenn auch das Blatt von einem Schüler Rembrandts
gezeichnet sein dürfte, so darf doch Erfindung und Art charakteristisch
für den frühen Rembrandt genannt werden.« Es ist ein Hoogstraeten
aus der Zeit seiner spateren, klassizistischen Tätigkeit und hat mit dem
Stil des frühen Rembrandt gar nichts zu tun.

Daß es bei den biblischen Gemälden dem Herausgeber nicht
gelang, eine so reiche Auslese von Apokryphen zusammenzustellen, ist
wohl dem Umstand zuzuschreiben, daß sie nebst den biblischen Radierungen
den größten Prozentsatz an unzweifelhaften Werken aufweisen. Immerhin
gibt es auch da manche Entgleisungen.

A. T. 149. »Um 1655.« Die hübsche Landschaft der National
Gallerv mit Tobias und dem Engel wurde schon von Valentiner (Klass.
der Kunst IIS. 566) als ein englisches Gemälde des XVIII. Jahrhunderts be-
stimmt. Sie ist das Werk eines Zeitgenossen von Constablc und John Crome.

N. T. 63. »Um 1650 gemalt.« Das öde Schulbild der ehemaligen
Sammlung Weber, Hamburg, wurde schon zu oft aus Rembrandts Oeuvre
herausgeworfen, als daß sein Erscheinen hier berechtigt wäre.

N. T. 94. Der Herausgeber empfindet das in der Durchführung
stark unterm Niveau der Komposition stehende Schulbild bei der
Comtesse de Bearn, Paris, immerhin als »das fremdartigste Bild im
Werke Rembrandts. Ist es überhaupt von ihm, dann darf es als eine freie
Kopie nach italienischem Meister, nicht als eine eigene Gestaltung
Rembrandts gelten. Hier ist zweifellos ein italienisches Werk Vorbild.«.
Das »italienische Vorbild« ist Dürers Bremer »Beweinung« von 1522
(L. 129), die der Schöpfer der Komposition gegensinnig (wahrscheinlich
auf Grund eines Stiches) in freier Wiederholung seiner Bildidee zugrunde-
legte. Weitere Beispiele ließen sich anreihen.

Nun könnte man sich auf den Standpunkt stellen: ob Rembrandt
oder nicht, wenn die Bilder nur wirklich das darstellen, was als Deutung
unter ihnen steht! Doch auch da stimmt nicht alles.

A. T. 19. »Hagars Sorge um Ismaels Leben.« Die weibliche Ge-
stalt zieht dem Liegenden deutlich einen Pfeil oder Dolch aus der Brust.
Die Deutung »Pyramus und Thisbe« war da noch besser.

A. T. 37 und A. T. 94. Dieselbe Komposition erscheint in der
Redaktion von zwei verschiedenen Schülerhänden das eine Mal als »Esau
versöhnt sich mit Jakob«, das andere Mal als »David und Jonathans
Versöhnung* (sie). Beide Male ist Davids Abschied von Jonathan dar-
gestellt. Die Bilderverteilung des Herausgebers erinnert da an die alten
illustrierten Volksbücher, wo ein Druckstock für verschiedene Geschichten
herhalten muß.

A. T. 72. »Moses beruft Josua.« Dargestellt ist die Erscheinung
des Herrn vor Josua.

A. T. 104. »Bath-Seba nach dem Bade." Wurde von Kauffmann
als »Rhodope« (aus Cats' »Trouringh«) bestimmt.

N. T. 137. Die Deutung Hofstede de Groots auf 'Sarah und Hagai «
ist die richtige.

Die Worte des Herausgebers: »So wird für viele die Reihe der
hier veröffentlichten Zeichnungen eine Überraschung sein, geeignet, die
große Persönlichkeit Rembrandts in neuem Lichte zu sehen« treffen zu.
Doch ist die Überraschung des Kenners größer als die des ahnungslosen
Laien. Trotz den auf sie vorbereitenden Worten: »Noch jetzt, nach so
vielen wahrscheinlichen Verlusten, sind uns weit über ein halbes Tausend
Zeichnungen zu biblischen Gestalten und Geschichten erhalten.«

Hätte der Herausgeber sich entschlossen, wort- und kommentarlos
die Bibel mit seiner Bilderlese zu illustrieren, so wäre das Unheil, das
bei unkundigen Betrachtern damit angerichtet wird, nicht so groß. So
aber erweckt sie den Anschein wissenschaftlicher Begründung, der sie
doch völlig entbehrt. Nur der Kenner wird dieses »Buch der Lockung zur
Bibel und zu Rembrandt« gefahrlos benutzen und der Abbildungen
einiger Zeichnungen wregen, die als Erinnerungsbehelf dienen können,
gerne seiner Handbibliothek einverleiben.

Der Leser dieser Zeilen dürfte nun wahrscheinlich die berechtigte
Frage stellen: lohnt es sich denn überhaupt, eine solche Erscheinung des
kunstgeschichtlichen Büchermarktes einer so eingehenden Kritik zu unter-
ziehen? An und für sich gewiß nicht. Aber es handelt sich hier um mehr.
Die »Rembrandt-Bibel- ist ein Beispiel für viele. Man muß auf Wahrung
der dem Werk der großen Meister gebührenden Pietät auch auf wissen-
schaftlichem Gebiete dringen. Nur so können wir hoffen, daß Rembrandt
einmal aufhören wird, beliebtester Tummelplatz vieler zu sein, die am
wenigsten über ihn zu sprechen berufen sind. Otto Benesck.

Jahrbuch für Kunstsammler. Hg. v. Adolf Donath,
I. -Jg. 1921. Mit bO Abb. Frankfurter Verlags-Anstalt-A.-G.
Die rührige Frankfurter Verlagsanstalt hat die Kunstgeschichte
1921 um zwei wertvolle neue Jahrbücher bereichert, um das Stadel-Jahr-
buch, das mit einer Fülle neuen Materials, das von den besten Kunst-
gelehrten vorgelegt wird, sich vor allem an die Fachkreise wendet, und um
das Jahrbuch für Kunstsammler, das an ein weiteres Publikum denkt, an
die Sammler, die Liebhaber und die Händler. Es ist dankenswert, daß das
wissenschaftliche Niveau ein unverhältnismäßig hohes ist. Das Jahrbuch
für Kunstsammler bringt den Beweis, daß man für breitere Massen über
Kunstgeschichte schreiben kann, ohne flach und geschwätzig zu werden.
Ein kurzer Aufsatz von Friedländer über das hochaktuelle Thema des
Expertisenwesens leitet ein. Heinrich Zimmermann publiciert aus Wicner
Privatbesitz eine um 1440 entstandene Kreuzigung Österreichischer
Provenienz, die eine wichtige Vorstufe zu Pfennings und Laibs Kreu-
zigungen in Wien und Graz darstellt und reiht verwandte Werke daran an.
Gustav Pauli rekonstruiert verschollene Dürer-Zeichnungen mit Hilfe von
Radierungen Wenzel Hollars. Ins achtzehnte und angehende neunzehnte
Jahrhundert fuhren drei Aufsätze von Robert Schmidt, Hanns H. Josten
und Gustav Pazaurck über ein Familienmonument von Ludwigsburger
Porzellan, über Luwenfink-Fayencen und über Dannecker und seine
Beziehungen zu Rußland. Das kunsthistorisch Interessanteste, was das
Jahrbuch bringt, ist zweifelsohne Julius von Schlossers Abhandlung
»Armeleutekunst« alter Zeit, die geschrieben ist mit der ganz einzig-
artigen Kultur dieses Gelehrten und die anknüpfend an eine vom Kunst-
historischen Museum neuerworbene Holzhackerstatuette aus Ton, die
der Verfasser nach Padua lokalisiert, wichtige Kunst-, Kultur- und geistes-
geschichtliche Fragen behandelt. Den mit fünfzig ausgezeichneten Abbil-
dungen geschmückten Band schließt ein ausführlicher Bericht von Adolf
Donath über den deutschen Kunstmarkt 1919/1920, der auch den auslän-
dischen und den österreichischen heranzieht, die Preise aller wichtigen
verauktionierten Objekte enthält und ein ausgezeichnetes Resume darstellt,
das namentlich durch das ausführliche Register von bleibendem Wert
bleibt. Donath kommt zu dem Resultate, daß den Haupterfolg im deutschen
Kunstmarkt dieser beiden Jahre die alte Graphik davongetragen hat.

Ludwig Baldass.

36
 
Annotationen