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Albrecht Billcr, Gestochener Fries (17
ffM Sri'J JZeopotdt,
Stuckdecken des frühen XVIII. Jahrhunderts doch trotz Übernahme des Motivmaterials des Kreises Berain-Marot
synthetisch neu und eigen sind). Der Entwurf links oben auf diesem Blatte läßt aus einer Akanthusranke ein C-Kurvenband
erwachsen, das gegen ein treppenstufenartiges kurzes Bandstück stößt, an dessen Ende im Gegensinne zur C-Kurve
eine Akanthusspirale entspringt. Das dem Blick Aufenthalt und Überwindung Aufnötigende dieses Motives, ehe er von
dem einen Motiv zu dem andern übergehen kann, ist dem Sinne des Deutschen eigentümlich. Der Entwurf rechts oben
auf demselben Blatte bringt fast den vollendeten Ausdruck des auf Blatt 2 als keimhaft nachgewiesenen plastischen
Empfindens: eine riesige, plastische liegende S-Kurve (also in der Vorstellung zu dem Motiv der beiden liegenden
S-Kurven als Panneauabschluß zu ergänzen). Aus ihr entwickelt sich ein Füllhorn, das seinen Blumenreichtum nach
außen ergießt. Der Gedanke, eine solche mächtige S-Kurve in barockstem Schwung in Kombination mit einem wulstig
gedrehten Füllhorn zu Grundtönen des ornamentalen Akkords zu machen, ist, zumal in dieser Derbheit, so unfranzüsisch
wie möglich. Aber die Erinnerung an das verflossene -italienische- Jahrhundert ist nicht erloschen. Mit einer gewissen
Überraschung freilich nimmt man jetzt schon den Entwurf (auf demselben Blatt rechts unten, Abbildung im Katalog der
Ornamentstic'nsammlung des Österreichischen Museums in Wien, herausgegeben von Ritter, Seite 18) einer echt italie-
nischen Kartusche auf: ein wulstiger Körper, daran sich rechts und links symmetrische Flügel setzen, die von
energischen C-Kurven eingefaßt werden. Unter der Kartusche setzt sich eine kurvig ausgeschnittene Fläche an, die nach
den Seiten symmetrisch schwalbenschwanzartige Bildungen aussendet, die sich zu Rollwerk einrollen. Blatt 7 bringt
zwei Tischentwürfe mit der Einbeziehung eines Berainschen Mädchentorsos, der sich in den Berain gleichzeitigen
Möbelentwürfen Boulles nicht findet.
Die Tradition setzt sich fort in der alten Aufgabe der Rahmung, freilich in ganz gelockerten Formen, fast nur als
graphische Arbeit zu betrachten. In dem Motivmaterial wird immer mehr von Berain entlehnt, Bandkurven, nicht Rollwerk,
das bisher noch verschiedentlich aufgetreten war, sind völlig herrschend, auch die einzelnen Kurvenbrechungen: halbes
Dreipaßmotiv, C-Kurve, akanthusbegleitet, Akanthusblüten und Ranken mit den Bandkurven in dichtem Geschling, mit
Lambrequins und naturalistischen Motiven: Blumensträußen, Vögeln, Blumenkörben, Schilfbündeln. Doch geht die
Entwicklung zäh und langsam. Sie findet den Ausdruck dieses Status in einer Stichfolge: »Neues Zierathen Buch von
Schlingen und Bändelwerk inventiert und gezeichnet von I. I. B. (Johann Jacob Biller). Verlegt Jeremias Wolff
Kunsthändler in Augspurg Cum Privil. Sac. Caes. Majestis.« Als neues unfranzösisches Problem erscheint die sternförmig
und rautenartig sich schneidende Verflechtung des Bandwerkes zu runden und vieleckigen geschlossenen Ornamenten,
die sowohl für Tabaksbüchsen wie für Tischplatteneinlagen dienen konnten. Die Brechungen, außerordentlich geistreich,
ja kapriziös, errinnem manchmal an Arabesken und nehmen zum Beispiel in den sternförmigen Brechungen wesentlich
spätere (Eyslersche) Lösungen vorweg (auf Blatt 3). Die Leuchterentwürfe dieser nur aus fünf Blättern bestehenden
Folge sind ganz klassizistisch, an römische Kandelaber und Tafelaufsätze erinnernd. Bezeichnend für das Dickflüssige,
Langsame der Entwicklung ist der Entwurf eines Panneaus, das die Tendenzen eines Louis XlV-Panneaus (breit mit
breitem Bandwerk) laubwerkbegleitet aufweist (Sedlmaier, Abbildung VI). Die Stiche sind von Ostertag gestochen,
technisch sehr fein. Albrecht Billers Opus war von 1703 datiert, es muß unbedingt früher als diese Folge sein. Johann
Jakob Billers zweites und letztes: »Neu inventiertes Formular Büchlein vor Gold und Silber Arbeiter, auch andere
Künstler sehr dienlich« ist während der Regencezeit gegen 1720 (Biller starb 1723) entstanden; die Arbeit ist also in
diesen Zeitraum zu verlegen. Es finden sich in ihr keine Regencemotive, vielmehr Ähnlichkeiten mit Deckers Grotesken;
ich möchte also das »Neue Zierathen Buch« wenige Jahre vor 1710 ansetzen.
(Fortsetzung folgt.) W. Hohhausen.
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Albrecht Billcr, Gestochener Fries (17
ffM Sri'J JZeopotdt,
Stuckdecken des frühen XVIII. Jahrhunderts doch trotz Übernahme des Motivmaterials des Kreises Berain-Marot
synthetisch neu und eigen sind). Der Entwurf links oben auf diesem Blatte läßt aus einer Akanthusranke ein C-Kurvenband
erwachsen, das gegen ein treppenstufenartiges kurzes Bandstück stößt, an dessen Ende im Gegensinne zur C-Kurve
eine Akanthusspirale entspringt. Das dem Blick Aufenthalt und Überwindung Aufnötigende dieses Motives, ehe er von
dem einen Motiv zu dem andern übergehen kann, ist dem Sinne des Deutschen eigentümlich. Der Entwurf rechts oben
auf demselben Blatte bringt fast den vollendeten Ausdruck des auf Blatt 2 als keimhaft nachgewiesenen plastischen
Empfindens: eine riesige, plastische liegende S-Kurve (also in der Vorstellung zu dem Motiv der beiden liegenden
S-Kurven als Panneauabschluß zu ergänzen). Aus ihr entwickelt sich ein Füllhorn, das seinen Blumenreichtum nach
außen ergießt. Der Gedanke, eine solche mächtige S-Kurve in barockstem Schwung in Kombination mit einem wulstig
gedrehten Füllhorn zu Grundtönen des ornamentalen Akkords zu machen, ist, zumal in dieser Derbheit, so unfranzüsisch
wie möglich. Aber die Erinnerung an das verflossene -italienische- Jahrhundert ist nicht erloschen. Mit einer gewissen
Überraschung freilich nimmt man jetzt schon den Entwurf (auf demselben Blatt rechts unten, Abbildung im Katalog der
Ornamentstic'nsammlung des Österreichischen Museums in Wien, herausgegeben von Ritter, Seite 18) einer echt italie-
nischen Kartusche auf: ein wulstiger Körper, daran sich rechts und links symmetrische Flügel setzen, die von
energischen C-Kurven eingefaßt werden. Unter der Kartusche setzt sich eine kurvig ausgeschnittene Fläche an, die nach
den Seiten symmetrisch schwalbenschwanzartige Bildungen aussendet, die sich zu Rollwerk einrollen. Blatt 7 bringt
zwei Tischentwürfe mit der Einbeziehung eines Berainschen Mädchentorsos, der sich in den Berain gleichzeitigen
Möbelentwürfen Boulles nicht findet.
Die Tradition setzt sich fort in der alten Aufgabe der Rahmung, freilich in ganz gelockerten Formen, fast nur als
graphische Arbeit zu betrachten. In dem Motivmaterial wird immer mehr von Berain entlehnt, Bandkurven, nicht Rollwerk,
das bisher noch verschiedentlich aufgetreten war, sind völlig herrschend, auch die einzelnen Kurvenbrechungen: halbes
Dreipaßmotiv, C-Kurve, akanthusbegleitet, Akanthusblüten und Ranken mit den Bandkurven in dichtem Geschling, mit
Lambrequins und naturalistischen Motiven: Blumensträußen, Vögeln, Blumenkörben, Schilfbündeln. Doch geht die
Entwicklung zäh und langsam. Sie findet den Ausdruck dieses Status in einer Stichfolge: »Neues Zierathen Buch von
Schlingen und Bändelwerk inventiert und gezeichnet von I. I. B. (Johann Jacob Biller). Verlegt Jeremias Wolff
Kunsthändler in Augspurg Cum Privil. Sac. Caes. Majestis.« Als neues unfranzösisches Problem erscheint die sternförmig
und rautenartig sich schneidende Verflechtung des Bandwerkes zu runden und vieleckigen geschlossenen Ornamenten,
die sowohl für Tabaksbüchsen wie für Tischplatteneinlagen dienen konnten. Die Brechungen, außerordentlich geistreich,
ja kapriziös, errinnem manchmal an Arabesken und nehmen zum Beispiel in den sternförmigen Brechungen wesentlich
spätere (Eyslersche) Lösungen vorweg (auf Blatt 3). Die Leuchterentwürfe dieser nur aus fünf Blättern bestehenden
Folge sind ganz klassizistisch, an römische Kandelaber und Tafelaufsätze erinnernd. Bezeichnend für das Dickflüssige,
Langsame der Entwicklung ist der Entwurf eines Panneaus, das die Tendenzen eines Louis XlV-Panneaus (breit mit
breitem Bandwerk) laubwerkbegleitet aufweist (Sedlmaier, Abbildung VI). Die Stiche sind von Ostertag gestochen,
technisch sehr fein. Albrecht Billers Opus war von 1703 datiert, es muß unbedingt früher als diese Folge sein. Johann
Jakob Billers zweites und letztes: »Neu inventiertes Formular Büchlein vor Gold und Silber Arbeiter, auch andere
Künstler sehr dienlich« ist während der Regencezeit gegen 1720 (Biller starb 1723) entstanden; die Arbeit ist also in
diesen Zeitraum zu verlegen. Es finden sich in ihr keine Regencemotive, vielmehr Ähnlichkeiten mit Deckers Grotesken;
ich möchte also das »Neue Zierathen Buch« wenige Jahre vor 1710 ansetzen.
(Fortsetzung folgt.) W. Hohhausen.
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