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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.4216#0005
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MITTEILUNGEN

DER

GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.

BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE".

1924. ' WIEN. Nr. 1.

Studien und Forschungen.

Hans Baidung und der Benediktmeister.1

Der Herausgeber dieser Zeitschrift hat im Jahrgang 1921 der »Mitteilungen« (Seite 37 bis 52) zu der so oft unter-
* suchten rätselvollen Frage nach dem sogenannten Doppelgänger Albrecht Dürers Stellung genommen und dabei eine

Reihe von wichtigen Einzelheiten sichergestellt, die weiteres vorsichtiges Fortschreiten auf dem dornigen Pfad ermög-
lichen. Seitdem hat außerdem auch Roettinger, der in seiner an fruchtbaren Anregungen wie an irreführenden Schlüssen
gleich reichen ersten Studie über den Doppelgänger Dürers das ganze einschlägige Material vorgelegt und dabei das
Werk des Meisters über Möglichkeit überlastet hatte, seine ursprüngliche Taufe auf Wechtlin zurückgezogen und an dessen
Stelle in einem im Vorjahr im Österreichischen Museum gehaltenen Vortrage, den ich leider nicht hören konnte, Peter
Vischer den Älteren2 gesetzt. Doch kann man zu dieser überraschenden, und man kann ebenso ruhig sagen, auch
befremdenden Theorie des verdienten Forschers erst dann Stellung nehmen, wenn seine Arbeit im Drucke erschienen
ist. Auch der Letzte, der sich über unser Thema geäußert hat, Kurt Pfister in seinem »Jungen Dürer« und im Nachwort
seiner Ausgabe der Holzschnitte zum »Ritter von Turn« (München 1922), ist gegen eine Identifikation des mysteriösen
Basler Meisters mit dem jungen wandernden Nürnberger Malergesellen Albrecht Dürer. Nach seinem Gefühl führt kein
gerader Weg von den Basler Buchillustrationen zur »Geheimen Offenbarung, die einfältig groß im Ausdruck und fast
unbeholfen derb im Mittel ist«.

Die Frage beschäftigt mich schon seit vielen Jahren, eigentlich schon seit dem Erscheinen von Burkhardts grund-
legender Arbeit, aber zu einem mich selbst befriedigenden Schlüsse konnte ich lange nicht kommen. Doch fand ich auf
dem langen, so oft irreführenden Wege eine Möglichkeit, das Problem von einer anderen Seite zu fassen und wohl auch
zu lösen, und die will ich hier zeigen.

Ich setze die Bekanntschaft mit der gesamten einschlägigen Literatur voraus und wir wissen ja, daß, abgesehen
vom Meister selbst, so ziemlich jeder der Künstler aus dem engeren und weiteren Kreise Dürers ein oder mehrere Male
mit dem »Unbekannten« zusammengelegt wurde, allerdings nicht immer mit dem ganzen noch schwankenden »Oeuvre«,
sondern zumeist mehr auf Grund einzelner dieser Werke. Es wurden genannt Wolf Traut, Hans von Kulmbach, Hans
Baidung, Matthias Grünewald und endlich Hans Wechtlin.

In A. Weixlgärtners eingangs angeführten »Bemerkungen zu den umstrittenen Jugendwerken Albrecht Dürers«
hat der Verfasser einen außerordentlich wichtigen Schritt vorwärts gemacht, indem er genau unterschieden hat zwischen
den Basler Holzschnitten und den späteren, den Nürnberger Arbeiten des »Doppelgängers«. Ich empfinde diese Zäsur
im jetzigen Augenblick, da die ganze Frage zu erstarren drohte, wo die beiderseitigen Meinungen diametral einander
gegenüberstanden, als eine direkte Erlösung und vor allen Dingen als äußerst aussichtsreich. Ich gehe aus von den
Holzschnittserien in Dr. Ulrich Pinders »Der beschlossen gart des rosenkrätz marie, gedruckt und volendet zu

1 Der Druck dieser Abhandlung, deren Manuskript sich seit Juli 1923 in unseren Händen befindet, war mit dem Verfasser schon seit viel
längerer Zeit verabredet. Die Drucklegung verzögerte sich aber durch allerlei unvorhergesehene Schwierigkeiten. Die SchrifHeilung.

- Künstlerische Beziehungen verschiedener, doch noch zu wenig erforschter und geklärter Art zwischen der Vischel-Werkstätte und dem
Dürer-Kreise bestanden sicher. Von Hans von Kulmbach glaube ich bestimmt, daß er »Visierungen« für Vischel- geliefert hat; auf dem Holzschnitte
»Möns Parnassus« in den »Quattuor libri amorum« des Celtes, der den musizierenden Apollo mit den Musen zeigt, steht links hinter dem Pegasus
ein Springbrunnen in Renaissanceformen, mit den beiden addossierten Delphinen Vischers, der identisch ist mit dem Brunnen auf der Berliner Hand-
zeichnung des jüngeren Peter Vischer zu Pankraz Schwenters Poem von den Herkules-Taten, die ich seinerzeit nachgewiesen und abgebildet habe
(Monatshefte für Kunstwissenschaft VIII, 1915, S. 52 ff.). Jedenfalls geben beide Zeichnungen denselben Brunnen wieder, der sicherlich ein Werk der
Vischerschen Werkstätte war.

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