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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.4216#0070
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(1) Blatt 39 (Sig. e 7) v. Die Messe = Taschenbüchlein, 1512 (München, Asc. 4834), Signatur b 5.

(2) Blatt 62 (Sig. h 6) v. Die vierzehn Nothelfer (wovon nur Christoph, Blasius, Georg, Katharina, ein heiliger
Bischof und eine gekrönte heilige Jungfrau zu erkennen sind) = Taschenbüchlein, 1512, Signatur d 7.

Die beiden anderen Illustrationen, wovon die zweite zweimal verwendet wurde, sind aber bestimmt, wie aus den
Abbildungen jedem Kenner sofort einleuchten muß, Werke des uns namentlich aus seinem Anteil an dem Theuerdank
und Weißkunig bekannten Zeichners Leonhard Beck.

(3) Blatt 70 (Sig. i 6). Eine Frau kniet vor einem Marienaltar (»Das vierd büchlin Von dem gebeet ains fromcn
menschen«). Hier besonders charakteristisch für Beck die Züge der Beterin, die Schraffierung ihres Kleides mit Parallel-
lagen und die Zickzacklinien am Altar und Fußboden, die auf mehreren Blättern des Weißkunigs und der österreichischen
Heiligen, wie auch auf dem signierten Titelblatt des Schiffs der Penitentz, 1514, ähnlich vorkommen.

(4) Blatt 83 (Sig. 1 3), wiederholt Blatt 102 (Sig. n 6) v. Der Weltheiland unterhält sich mit einem stehenden Manne
(»Hie hebt an das fünft büchlin, vn sagt vö aim gaistlichen gespräch, oder mitred das da tut der sünder mit dem herren
Jesu seim erlediger«). Auch hier sind Gesicht, Hände und Gewand beider Personen, die sich vom weißen Hintergrund
wie silhouettiert abheben, für Beck gerade typisch.

Als Erweiterung des nicht allzu umfangreichen Werkes dieses gegenüber Burgkmair allerdings weit zurück-
stehenden Zeichners mag die kleine Entdeckung willkommen sein. Campbell Dodgson.

Von Mantegna über den Pseudo-Dürer zu Tizian.

Der Stich Mantegnas »Das Bacchanal mit der Kufe« (B. 19) ist im
Süden und Norden ein beliebtes Musterblatt für motivische Lösungen
und anatomische Glanzstücke gewesen. Der zweite stehende Jüngling
von links, der mit seiner rechten Hand ins Füllhorn, mit seiner linken
hinauf nach den Weinreben greift, eignet sich in seiner statuarischen
Pose besonders zur Isolierung. In dieser geht Altdorfer am weitesten:
er dreht ihn um, zeigt ihn vom Rücken, wie er den Traubenkorb hoch-
hält, in seinem Holzschnitt »Josua und Kaleb tragen die Früchte des
gelobten Landes heim« (B. und Schm. 42). Ein anderer anonymer Holz-
schneider, der durch die später hinzugefügte Signatur (mit dem Datum
1525) ins Dürer-Oeuvre gekommen ist — B. 105 -, übernimmt ihn
von vorn, aber gestaltet ihn zum heiligen Christoph aus. Die rechte Hand
faßt den Stab, Rock und Mantel verhüllen die heidnische Nacktheit,
ein Bart wächst ums Gesicht, der aber die derben Züge mit ihren klar
durchgearbeiteten Scorzi nicht verdeckt. Für das Stellungsmotiv des
Kindes wurde bei dem verbreiteten Stich des Nicoletto Rosex da Modena
eine Anleihe gemacht. Dieser Stich stellt den Christophorus ganz jugend-
lich, bartlos dar, die eine Hand in die Hüfte eingestemmt, mit der andern
den Stab haltend, in deutlicher Anlehnung seinerseits — der Typus des
Riesen, der Arm und die Hand, die den Stab hält, das Verhältnis zur
Landschaft — an das Fresko des Bono da Ferrara in derEremitanikapelle
zu Padua. Der deutsche Holzschneider übernimmt von diesem Typ des
Nicoletto nur das Kind, das seine kurzen Beinchen um den Kopf des
Riesen spreizt. Die linke Hand von Mantegnas nacktem Jüngling greift,
völlig sinnlos geworden, ins Leere hinauf und kennzeichnet allein schon
den Plagiator. Wer ist dieser? Röttinger hält den Holzschnitt für eine
Arbeit Hans Wechtlins und nimmt sie mit dem Datum 1509 in das
Oeuvre auf. Ernst Konrad Stahl, der in seinem Buch »Die Legende vom
hl. Riesen Christophorus in der Graphik des XV.und XVI. Jahrhunderts«
(München 1920, S. 198 f.) die Literatur über das Blatt zusammenstellt,
setzt abschließend hinzu: »Im übrigen erwecken Format, Faktur und
formaler Charakter den Eindruck, als wäre die Darstellung direkt als
Vorlegeblatt für Glas- und Freskomaler geschaffen«. Es ist die Monu-
mentalität, die der Nachzeichner eben der großartigen italienischen Vor-
lage verdankt. Stahl nennt auch eine Reihe Fresken und Glasmalereien,

Andrea Mantegna, Das Bacchanal mit der Kufe (Aus-
schnitt). Kupferstich.

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