Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1924

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4216#0074
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abb. 3. u. 4. Moritz von Schwind, Umschlag zur Wiener Shakespeare-Ausgabe (Vorder- und Rückseite). Lithographien.

Der »nette« Umschlag zu den Bändchen der Taschenausgabe — ein höher lobendes Epitheton ornans als Trent-
senski selbst kann man ihm kaum zollen — ist als Gelegenheitsarbeit Schwinds anzusehen. Die Mitte der Vorderseite
zeigt Shakespeares Büste auf einem Felsblock, unerschütterlich im Meere der Zeiten; über ihr schwebt gegen den oberen
Rand zu, den Platz für den vierzeiligen Text verschiedener Länge und Typengröße freilassend, ein Lorbeerkranz. An den
Seitenrändern bildet den nach oben verlaufenden nicht sonderlich glücklichen Abschluß eine landläufige mäander-
gesäumte Vorhangdraperie, die links gegen den oberen Rand von Zepter, Schwert, Fahne und Tuba und rechts von
einer bandgeschmückten Fahne und einer Geißel gehalten wird. Auf der linken Seite oben ist die Draperie mit der
Maske der Tragödie, einer Krone, einer Lyra, einem Dolch und Engelsflügeln, auf der rechten mit einer Satyrmaske,
einer Narrenkappe und einem Tamburin geschmückt (Abb. 3). Die rückwärtige Umschlagseite zeigt in der Mitte eine
bekränzte Lyra, die auf Schriften und Rollen steht. Durch die Rollen ragt eine Tuba. Über der Lyra deutet ein von
Strahlen umgebener Schlangenring Unvergänglichkeit an. Umgeben ist diese Lyra mit zwei sich unten kreuzenden Lor-
beerzweigen, deren Geäste die Umrandung so gliedert, daß der Inhalt der Dichtungen durch kleine Vignetten angedeutet
werden kann. Wir erblicken oben links die Blume des Lebens, ihr gegenüber Embleme der Vergänglichkeit, während
die Mitte zwischen diesen beiden Vignetten zugleich zwischen den Ausläufern der Zweige die Symbole der Liebe zeigt.
Rechts folgen Symbole der Herrschermacht und des Rittertums, schließlich ein von Blitzen umzucktes Erinnyenhaupt.
Links fügen sich in die von Zweigen gebildeten Abteilungen ein Wams, Larve und Federhut, dahinter Geweih und Brief
dann ein auf einem Fasse stehender Krug mit Narrenkappe, dahinter ein schmales Glas und zwei Säbel. Diese beiden
Vignetten beziehen sich auf die Lustspiele und versinnbildlichen Abenteurertum (Falstaff) und Narrentum. Den Schluß
macht eine Blume, als Symbol der Unschuld gegenübergestellt dem Erinnyenhaupte als Symbol der Schuld (Abb. 4).

Zur Feststellung der Autorschaft Schwinds an diesem Umschlage führt ein Vergleich mit ähnlichen Arbeiten, und
zwar insbesondere den Umschlagzeichnungen, die mit den Kompositionen zu Tausendundeiner Nacht in Verbindung
stehen dürften (W. Seite 24):

Die feinen ausladenden Linien und Schnörkel, die wir auf diesen Umschlägen sehen, finden wir im linken unteren
Eck der rückwärtigen Umschlagseite der Taschenausgabe. Vor allem aber gibt uns die gleiche Verwendung von Lor-
beerzweigen zur Teilung der Umrandung zum Zwecke der Einzeichnung von Vignetten einen sicheren Anhaltspunkt.
Die Feinheit der zum Vergleiche herangezogenen Umschlagzeichnung zeigt uns, wie weit die Vergröberung bei dem

- 70
 
Annotationen