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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.4216#0077
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Abb. 1. P. P. Rubens, Herkules. Zeichnung, Britisches Museum in London.

(abgeselien von den beiden Figuren rechts auf dem vorliegenden Blatte)
lassen mir alle diese vier Zeichnungen als Studien eines begabten Schülers
erscheinen, der nach dem Gemälde gearbeitet hat. Auch R. Oldenbourg
bezeichnete sie, mir zustimmend, brieflich als Schüler-, beziehungsweise
Stecherarbeit. Dasselbe dürfte von

Rubens 3, Kleiner Studie zum Höllensturz, (in der Abbildung auf
Tafel I verkehrt, das heißt von unten nach oben, statt von oben nach
unten gestellt) auch wohl anzunehmen sein, obwohl dieses Blatt in
Kreide und Rötel in der einfacheren Technik Rubens nähe"' steht, als die
großen Studien.

Rubens 6. Die Heilige Familie (abgeb. auf Tat. I).

Die in dieser schönen getuschten Federzeichnung vorliegende
Umbildung der bekannten durch einen Stich von Vorsterman und ein
in englischem Privatbesitz befindliches Schulbild erhaltenen Komposition
mit Hinweglassung der heiligen Anna und der Wiege des Jesuskindes
dürfte wohl eher als von Rubens selbst von einem Stecher wie Michel
Lasne herrühren, der genau dieselbe Komposition mit denselben ziemlich
bedeutungslosen Füllseln gestochen hat, allerdings nicht oval, wie die
vorliegende Zeichnung, sondern viereckig.

Rubens 8. Das Abendmahl (abgeb. auf Taf. I).

Eine zur Folge der 39 Deckenbilder der Antwerpner Jesuitenkirche
gehörende, vortreffliche getuschte Federzeichnung, die ihrer Qualität
nach vielleicht als eigenhändige Arbeit in Betracht kommen könnte; doch
mag es leicht sein, daß ein Wiedererscheinen der verschollenen gemalten
Skizze diese Ansprüche vernichtete. Denn cjie vorhandenen gemalten
Skizzen zu dieser Serie in Gotha, Wien (Akademie), Dulwich, im Louvre
und so weiter sind der Zeichnung an Geist und Temperament weit über-
legen. Dazu kommt noch, daß gezeichnete Kompositionsskizzen von
Rubens' eigener Hand lediglich für die ganz frühe Zeit mit Sicherheit nach-

Abb. 2. P.P.Rubens, Herkules. Ölbild, Sammlung Nemes, München.

weisbar sind. Dahin gehören zum Beispiel die Zeichnungen zum Altar-
werk in der Chiesa Nuova: zum Mittelbild in der Albertina zu Wien
(veröffentlicht von F. M. Haberditzl im Jahrbuch der kunsthistorischen
Sammlungen XXX 1912, Taf. XXVII) und zu den Seitenteilen eben im
Britischen Museum, von A. M. Hind irrtümlich als freie Kopien Van Dycks
(14 und 15, Abb. auf Taf. XXV) bezeichnet, von mir aber schon (Jahr-
buch der kunsthistorischen Sammlungen XXXIII 1915, S. 14, Anm. 1)
als Originalentwürfe erklärt, ebenso wie eine breiter ausgeführte Studie zu
einem von diesen Seitenteilen in Chantilly (abgebildet bei Jules Guiffrey,
Antoine van Dyck, Paris 1882, Taf zu S. 94). Aus späterer Zeit gibt es
von Rubens nur mehr fast ausschließlich gemalte Entwürfe (abgesehen
von Vorzeichnungen zu Illustrationen), und deshalb auch scheinen mir
Blätter wie dieses Abendmahl und das vorhergehende der heiligen Familie
bedenklich. Dieselben Zweifel mögen auch für

Rubens 13, DieMarter des heiligen Andreas, eine besonders schöne
Kreide- und Guaschzeichnung zum Gemälde im Spital der Vlamen zu
Madrid, gelten, obwohl ich hier vor Jahren glaubte, die Eigenhändigkeit
anerkennen zu sollen. In dieser ganz späten Zeit wäre als Entwurf eher
eine Ölskizze anzunehmen; doch scheint jene Zeichnung in Rubens' Nach-
laßabhandlung (Antwerpsch Archievenblad II, p. 136, CXVI) ein freilich
nicht ganz zweifelloses Zeugnis der Eigenhändigkeit zu erhalten.

Rubens 14. Zwei Entwürfe zu einem heiligen Christopherus.

Eine nicht bedeutende Federzeichnung, deren Beziehung zu den
Außenseiten der Flügel der Kreuzabnahme mir keineswegs einleuchtend
erscheint. Die Manier der Zeichnung erinnert hingegen sehr an ein Blatt
der Albertina mit Studien nach kleinen Engeln, worin F. M. Haberditzl
(Die Graphischen Künste XXXV 1912, S. 11) mit überzeugenden Gründen
die Arbeit eines kompilierenden Schülers nachgewiesen hat.

Rubens 19. »Triumph des Abendmahls über die Ketzerei« (ab-
gebildet Taf. II).

So wie diese getuschte Federzeichnung mit ihrer nur scheinbar
temperamentvoll bewegten Komposition, sehen Rubens' erste Gedanken

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