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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.4216#0080
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Abb. 5. Anton van Dyck, Porträtstudie. Zeichnung, Teyler-Museum,

Haarlem.

im Kupferstichkabinett zu Dresden mehr Leben und Fiische zeigt. Der
Name, den Hind diesem Kinde gibt, ist richtig, ebenso wie seine
Bestimmung der beiden Kinder auf dem Porträt Helene Fourments im
Louvre. Ich habe mich in demselben Sinne schon im Jahrbuch der kunst-
historischen Sammlungen (XXXV, 1920, S. 80) geäußert.

Rubens 96. Helene Kourment (abgeb. auf Taf. XII).

Eine Kreidezeichnung, die wohl nur als eine Nachzeichnung nach
dem bekannten Bilde von Rubens' Frau mit ihrem Sohne bei Baron
Alphonse Rothschild in Paris bezeichnet werden kann. Das von Hind auch
als Original angeführte Porträt der Münchner Pinakothek ist nur eine Teil-
kopie nach diesem großen Bilde.

Rubens 97. Eine Amtsperson mit Buch und Feder (abgeb."auf
Taf. XII).

Eine schone Kreidezeichnung, die von Hind sicherlich unrichtig
mit Rubens' Studienzeit bei Adam van Xoort in Zusammenhang gebracht
wird. Das Blatt ist wesentlich später und ohne Zweifel von der Hand eines
tüchtigen Nachfolgers, wie etwa Erasmus Quellinus.

Rubens 98. Studienblatt mit elf Köpfen (abgeb. auf Taf. XIII).

Diese vielfach reproduzierte, schöne getuschte Federzeichnung
rührt nicht von Rubens selbst her, der sicherlich in der Zeit, aus der die
meisten Vorlagen zu diesen Zeichnungen stammen, also um 1620, nicht
mehr die Muße hatte, nach eigenen Gemälden oder Studienköpfen
eine solche Zusammenstellung zu machen. Um eine Zusammenstellung
handelt es sich aber ohne Zweifel, und sie ist die Arbeit eines begabten
Schülers oder eines Stechers, der, wie Paul Pontius in seinem »Livre ä
dessiner«, auch ganz ähnliche Blätter mit einer Vereinigung von Köpfen
gestochen hat.

Rubens 104. Kopf einer Negerin (abgeb. auf Taf. XIII).

Eine brillante Guaschzeichnung, die trotz ihrem künstlerischen
Wert mit Rubens selbst nichts zu tun hat.

Rubens 103 bis 111. Verschiedene Landschaftsstudien (abgeb.
Taf. XIV und XV).

Eine nähere Untersuchung über Rubens' Landschaftszeichnungen
ist dringend notwendig. Dabei wird sich wahrscheinlich herausstellen,
daß feine Federzeichnungen wie die vorliegende 100 aus dem Jahre 1606
und das, wie Hind richtig bemerkt, nahe verwandte Blatt im Berliner
Kupferstichkabinett (Rooses 1586) von Rubens' Freund Jan Brueghel dem
Alteren herrühren, dem auch wohl 107 zuzuschreiben sein dürfte.

Rubens 112 bis 118. Tierstudien (abgeb. Taf. XVI und XVII).

Von diesen haben nur drei wirklich mit Rubens etwas zu tun:
vor allem die prächtige Kreide- und Sepiazeichnung eines sitzenden
Löwen (117) zu dem Gemälde Daniel unter den Löwen, ehemals in der
Hamiltonschen Sammlung (während die von Hind angeführte flüchtige
Studie mehrerer Löwen in der Albertina von F. M. Haberditzl, Die
Graphischen Künste XXXV 1912, S. 10, richtig als Nachzeichnung eines
Schülers erkannt worden ist), die frühe Federzeichnung mit einigen Kühen
(118), wobei eine gründliche Vergleichung mit dem Blatte in Chatswortb
(Rooses 1584) notwendig erscheint, und endlich die skizzenhafte getuschte
Federzeichnung (112), die zur Wildschweinjagd in Dresden gehört, trotz der
sehr geistreichen Ausführung aber wegen der genauen Übereinstimmung
mit dem ausgeführten Bilde einige Zweifel erweckt, besonders wenn man
damit die schöne Studie des liegenden Baumes im Louvre vergleicht. Die
übrigen Blätter, Studien von Eberköpfen, eines Eselkopfes und eines Pferdes,
rühren nicht von Rubens her und gehören auch nicht zu den von Hind
angeführten Bildern.

Rubens 119. Ein Trachtenbuch, bestehend aus 40 Blättern (zum
Teil Doppelblättern) in Feder und Sepia.

Es muß mit aller Entschiedenheit gesagt werden, daß bei diesem
Kostümwerk (das ich vor Jahren gründlich durchgesehen habe) trotz
der auf das XVIII. Jahrhundert zurückgehenden Tradition von Rubens"
Hand nicht die Rede sein kann. Weder eine von den Zeichnungen noch
auch die Beischriften (die mir altertümlichere Züge zu zeigen scheinen,
als sie Rubens angewendet hat) können mit irgendeiner Berechtigung
dem großen Meister zugeschrieben werden. Trotzdem bleibt der Band
interessant, ja kostbar für die Geschichte der niederländischen Kunst,
vorzüglich des XV. Jahrhunderts, des Porträts und der Tracht, und es
wäre wichtig, den Vorlagen dieser Blätter nachzuspüren, wozu Hind und
der ihn unterstützende ausgezeichnete belgische Forscher Georges
Hulin de Loo einen dankenswerten Anfang machen. Unter diesen Vor-
lagen müssen neben manchen historisch merkwürdigen Bildnissen auch
einzelne Wandteppiche gewesen sein, wie das Blatt mit Jagdszenen
(119,24) beweist, dem sicherlich eine Tapisserie des XV. Jahrhunderts
zugrunde liegt.

Ohne Zweifel ist das Britische Museum an Zeichnungen Van
Dycks reicher als an denen von Rubens. Die vielseitige Zeichenkunst
des jüngeren Meisters kommt in dieser großen Sammlung aufs schönste
zum Ausdruck. Die von manchen Seiten nicht genügend gewürdigte
geistreiche Art seiner frühen Kompositionsskizzen mit den eckigen Feder-
strichen und der breiten Sepiatuschung kann hier ebenso gut studiert
werden, wie die feine Umrißführung der Porträtzeichnungen aus der
zweiten Antwerpner und der späten englischen Periode und die bald
zarte, bald breite Weise seiner Landschaftsstudien, die sonst wohl nur
selten vorkommen. Ganz besonders wirkungsvoll sind die Bildnisse
Rockox' (30, abgeb. auf Taf. XXVIII) und Puteanus' (32, abgeb. aut
Taf. XXVIII) mit ihrer breiten, höchst geistreichen Sepiatuschung. Diesen
beiden Blättern ganz nahe verwandt ist die in ähnlicher Technik aus-
geführte schöne Porträtstudie eines Mannes, die unter Rubens' Namen
im Teyler-Museum zu Haarlem (Abb. 5) aufbewahrt wird: die mehr
nervöse, sehr ausdrucksvolle Art des Vortrags spricht mit Sicherheit auch
hier für den jüngeren Meister.

Auf eine Kritik der Zuschreibung der einzelnen Zeichnungen, die
im Britischen Museum unter Van Dycks Namen geführt werden, muß ich
verzichten, da mir ältere Aufzeichnungen fehlen. Doch dürfte der größte
Teil der Bestimmungen zutreffend sein. Von den Nummern 14 und 15
(abgeb. auf Taf. XXV) haben wir schon oben bemerkt, daß sie Rubens
zugeteilt werden müssen, ebenso von Nr. 25, daß sie nur einem von
Rubens' Schülern angehören kann. Keineswegs einleuchtend scheint mir
die Zuweisung von vier kleinen Illustrationen zum Leben von Heiligen

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