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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.6494#0005
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MITTEILUNGEN

DER

GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.

BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE".

1926. WIEN. Nr. 1.

Studien und Forschungen.

Die heiligen Märtyrer, ein Holzschnitt des Meisters D. S.

Mit vereinten Bemühungen scheint eine bescheidene Erweiterung des kostbaren Werks des Basler Holzschnitt-
zeichners mit dem Monogramm D. S. doch noch möglich zu werden; kostbar das Werk an künstlerischem Gehalt, an
knappem Umfang und einer ungewöhnlichen Seltenheit der von den einzelnen Schöpfungen uns überkommenen Exem-
plare. Der Holzschnitt mit den 16 Halbfiguren heiliger Märtyrer, den ich hier als Arbeit des Meisters D. S. einführen will,
ist bisher wohl nur indem leider verständnislos kolorierten Exemplar des Städel-Museums in Frankfurt a. M.
bekannt. Von vornherein ist anzunehmen, daß es einst ein Gegenstück mit den Halbfiguren heiliger Frauen, die Blut-
zeugen Christi wurden, gegeben haben wird; weitergehende Vermutungen lassen sich nicht aufstellen. Unter den bisher
bekannten Holzschnitten des Meisters reiht sich keiner dem neuen hinsichtlich der Darstellung an, einer jedoch hin-
sichtlich des Formats, nämlich die signierte Messe Gregors1 im Britischen Museum.

Das Märtyrerblatt liegt im Frankfurter Kupferstichkabinett in dem Umschlag „Conrad Corthoys"2, was darauf
zurückgeht, daß der bisher unerkannte Holzschnitt nur in dem späten Abdruck eines 1591 von dem Drucker Conrad
Corthoys ausgegebenen Flugblattes erhalten ist, welches auf ein Stück Makulatur3 von kleinerem Folioformat gedruckt
wurde (Blattgröße 190«zi» breit, 301 hoch). Das Flugblatt ist mit einer schwarzlinigen Filigran-Bordüre, wie sie im späteren
XVI. Jahrhundert üblich sind, ringsum eingefaßt. Innerhalb der Einfassung steht zuoberst eine große Überschriftszeile:
„Von den H. märtern.", darunter der von einfachem Einfassungsstrich begrenzte Holzschnitt von 162 mm Breite und
213 mm Höhe. Unter dem Holzschnitt folgen zwei Spalten zu je zehn Zeilen eines deutschen Reimgedichts, beginnend
mit: „Gott hat durch alle Christenheit", und endend mit: „ Der allzeitt Göttlich bey ihn ist." Beide Spalten werden durch
ein senkrechtes Streifchen gleicher Bordüre, wie die Blatteinfassung, voneinander getrennt. Eine letzte unter beiden
Spalten durchlaufende Zeile enthält die Druckanzeige: „Gedruckt zu Frankfurt, bey Conratus Corthoys. 1591." - Ein
Corthoys druckte nicht lang vor der in Rede stehenden Zeit in Heidelberg (vgl. Archiv für die Geschichte der Stadt Heidel-
berg IV. 1901 p. 227). Nagler in den Monogrammisten (I. p. 117. Nr. 279) bringt gestützt aut das Paul Behaim'sche
Verzeichnis einen Monogrammisten „AC 1549" mit einem Anton Cortoijs in Verbindung. Gwinner, Kunst und Künstler
in Frankfurt a. M., erwähnt p. 69 unter dem Datum 1586 einen Briefmaler Antony Cortoys; über Conrad Cortoys soll
bei Gwinner, Zusätze p. 11, eine Notiz stehen. Es ist unbekannt, auf welchem Weg etwa der Holzstock der Märtyrer
von Basel, seinem höchstwahrscheinlichen Entstehungsort, zu Corthoys nach Frankfurt kam; ob sich auf dieser Spur
etwa noch andere Holzschnitte des Meisters D. S. könnten finden lassen, bleibt eine schwache Hoffnung für die Zukunft.

Der Holzschnitt enthält, gleichmäßig in vier wagrechten Streifen untereinander verteilt, die Halbfiguren von 16 Heiligen
mit Attributen, unter jeder Halbfigur in besonderem Spruchband ihr xylographierter Name, sie lauten: „S. Stephanus.,
S. Clemens., S. Laurentius., S. Vincentius., S. Achacius., S. Dionysius., S. Georgi(u)s., S. Sebastianus.. S. Erasmus.,
S. Vitus., S. Quirinus., S. Panthaleon., S. Blasius., S. Valentinus., S. Christopherus., S. Mauritius." Die Heiligen Vincentius,
Panthaleon, Blasius und Mauritius, in der Schweiz und am Oberrhein viel verehrt, würden eine Entstehung des Blattes
in Basel auch inhaltlich wohl annehmen lassen.

Das Schema der Anlage des Holzschnittblattes in seiner viermal nach beiden Flächendimensionen wiederholten
Reihung ist recht gewöhnlich, der nüchternen Aufgabe, eine größere Anzahl von Heiligen in Halbgestalten zur Anschauung

< Nach Dodgsons Angabe im Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 1907 (p. 31) 165,«,« breit und 216 hoch, in der Reproduktion bei
E. Bock, die Holzschnitte des Meisters D. S. (Berlin 1924), Tf. XVII, 161 mm breit, 213 hoch: das Märtyrerblatt 162,,,,,, breit, 213hoch. - 2 Pe.ntre-
graveur deutsche Schule, XVI. Jahrhundert, C, Schachtel 610. - » Die Makulatur der Rückseite (eigentlich Vorderseite) ,st m,t ver köpf gegen
Kopf stehenden Oktavseiten in kleiner Antiquatype bedruckt und hat natürlich inhaltlich nichts mit dem Flugblatt der heil. Märtyrer zu tun.

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