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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.6494#0009
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Wolken unseres Blattes schließen an die Manier des Titelblattes zur Margarita philosophica an, beim Pilger und der
großen Kreuzigung sind sie aber schon., wenn auch noch hilflos genug, etwas atmosphärischer aufgelöst. Als kleine
Einzelheit kann man vielleicht noch die recht ähnliche Darstellung des Hahns auf der Martersäule der Messe Gregors
und hier als Attribut von St. Vitus erwähnen. So scheint mir, daß man mit den Märtyrern immer wieder nicht nur
wegen der Formalgleichheit in Nachbarschaft des Gregorblattes kommt, doch will ich damit nicht behaupten, daß deshalb
beide wirklich zu einer Folge gehört haben müßten. Hans Koegler, Basel.

Neue Plattenzustände bei Mocetto, Nicoletto da Modena, Lukas van Leyden

und Rembrandt.

i.

Girolamo Mocetto, Johannes der Täufer (Bartsch, XIII, S. 219, 5 — Hind1, S. 464, 8).

Hind führt nur den Druck der Hof bibliothek an. Der Druck der Albertina wirkt schon in seiner Gesamterscheinung
viel günstiger als der der Hofbibliothek. Er ist wärmer und tiefer im Ton, was nicht nur der mehr schwarzbraunen Druck-
farbe und dem gelblichen Papier zuzuschreiben ist, sondern auch der deutlicheren, geschlosseneren Plastik, dem tieferen
Relief der Gestalt. Der Druck der Hofbibliothek wirkt viel flacher; nur die dunklen Schattenpartien kerben sich tief ein, die
Halbschatten sind grau und seicht, verleihen der Gestalt keine richtige Plastik. Dieser Unterschied ist am Oberkörper
besonders deutlich wahrzunehmen. Auch die Landschaft, die Innenzeichnung der Bäume und Berge ist grauer und dünner
geworden. Es ist der typische Habitus der stärker »ausgedruckten« Platte. Dazu stehen die tiefen Schattenpartien in
Kontrast, die eher schwerer und dunkler geworden sind, in einem Maße, das durch bloßes Aufstechen der Platte nicht
bewirkt werden konnte. Eine genaue Vergleichung dieser tiefen Schattenpartien lehrt nun, daß es sich um zwei verschiedene
Zustände handelt. Die Schattenlage zwischen dem nackten Bein des Täufers und dem Kontur des herabfallenden Mantels ist
auf dem Albertinadruck durch eine Reihe von unregelmäßigen feinen Vertikalen gegeben, deren Lauf durch kurze Horizon-
talen und Schrägen gekreuzt wird; auf rechtem Fuß und Mantelfalten stehen letztere oft als ganz feine, zarte Grüppchen
beisammen und bringen die Stofflichkeit der Rundform vorzüglich zum Ausdruck. Diese feinen Lagen von Horizontalen
und Schrägen sind auf demDruck der Hof bibliothek leer und schütter geworden oderverschwunden, während die Schatten-
höhle nun von kräftigen, regelmäßigen Vertikalen angegeben wird. Die Schraffierung des dunklen Mantelsaums rechts
ist bei I wie zufällig, regellos, empirisch, während sich bei II energische, regelmäßige Kreuzlagen straffen. In der Schatten-
höhle rechts von des Täufers Linker steht bei II ein festes Gestänge von Vertikalen, im Gegensatz zur dunklen Flecken-
wirkung auf I. Die Rundung seiner linken Schulter wird auf II von einer neuen Lage nach rechts geneigter Schrägen
begleitet, die beschattete Lockenpartie von einer neuen Lage von Vertikalen überzogen. Auch in den Schattenlagen der
Spruchbandschlingen hat sich manches verändert.

Nicoletto da Modena, Die Anbetung der Hirten (Bartsch, XIII, S. 256, 4 — Hind, S. 434, 40).

Beide Drucke wurden von Hind angeführt. Der Druck der Hofbibliothek ist der frühere. Der Druck der Albertina
wurde von der schon stärker abgenützten, in den Schattenlagen der Architektur zum Teil aufgestochenen Platte genommen.
Zugleich nahm der Stecher einige in die Augen springende Veränderungen vor. Das Rautenmuster im Paviment vor der
Anbetungsgruppe erscheint auf I durch eine diagonale, auf II durch eine horizontale Strichlage schraffiert.'2 Der über-
schnittene Bogen in der Architektur am Rande rechts ist auf I durch eine rankenumspielte Lünette gefüllt und .-^eine
Unterteilung gewährt den Blick in die Tiefe des Gewölbes. Beides ist auf II getilgt und durch eintönige Horizontal-
schraffen ersetzt; der innere Kontur des großen Bogens wird von einer neuen Lage von Diagonalen begleitet, die den
Schatten des Pfeilers unter die Wölbung hinauf fortführen.

II.

Lukas van Leyden, Fortitudo, B. 132.

Ein klarer und silbriger Frühdruck aus der Hofbibliothek (ehemals Mariette) trägt die Aufschrift »Vortitudo«. Der
Gleichklang von F und V im niederländischen Sprachgebrauch hat den Fehler verursacht. Der kräftigere, aber weniger
schöne Druck der alten Albertina zeigt das V zu F korrigiert.

III.

Rembrandt.

W. v. Seidlitz hat in dem Geleitwort zur Neuausgabe seines kritischen Verzeichnisses der Radierungen Rembrandts
unter anderm gesagt: » . . es erschien ratsam, den Benutzer dieses Buches möglichst unabhängig von dem Besitz aller

1 Catalogue of early italian engravings. London 1910. — ? Feststellung von Prof. A. Stix
 
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