Vierteljahrhundert zurück oder, wenn er die Bilder vor kürzerer Frist in
Karlstein gesehen hat, warum greift er dann in der malerischen Analyse
nur gerade die beiden heraus, die einmal in Wien waren und vergißt dabei
ganz, wo ihn die »Einheit des Valeurklangs« an Cezanne gemahnt, wo er
die Entdeckung gemacht hat, daß verglichen an diesem Böhmen Dürers
Apostel nur einen »Kompromißstil * (sie!) darstellen?
Im Gegensatz zu Worringers Buch bringt die Arbeit von Stange
keine Entfaltung des Materials und keine Analyse der einzelnen Werke,
sondern bemüht sich, das Wesen dieser Kunstperiode an Beispielen der
Plastik und vor allem der Malerei zu erforschen. Er nimmt seine Beispiele
fast ausschließlich aus Westdeutschland, aus Hamburg, vom Ober-, Mittel-
und Niederrhein und aus Schwaben. Das von ihm entwickelte Bild wäre
wohl noch reicher geworden, wenn er, der das Material ausgezeichnet
beherrscht, den böhmischen Kunstkreis stärker, die von Nürnberg, Salzburg,
Wien und Breslau überhaupt herangezogen und wenn er auch die An-
fänge des deutschen Holzschnittes mitberührt hätte. Trotzdem muß man
sein Buch als eine ganz ausgezeichnete Leistung betrachten. In ganz ein-
facher und phrasenloser Darstellung wird das Wesen dieses Stiles nach
seiner formalen und seiner inhaltlichen Seite hin untersucht und dar-
gestellt. Es erscheint hier nicht der Platz und ich hoffe später noch dazu
Gelegenheit zu haben, auf Einzelheiten der Auffassung, zum Beispiel auf
den meiner Ansicht nach sicher bestehenden Gegensatz internationaler
und provinzieller Kunstgestaltung einzugehen und auseinanderzusetzen,
daß ich nicht nur kölnische und westfälische Bilder, sondern auch Werke,
wie den Pähler Altar, die Heiligenkreuzertafeln oder den Londoner Gnaden-
stuhl, keineswegs als etwas Vereinzeltes und Isoliertes empfinden kann,
sondern wie schon die Rückseiten des Verduner Altares und die Hohen-
furterfolge samt der Glatzer Madonna und der Berliner böhmischen
Kreuzigung als Ausflüsse eines großen internationalen, mutmaßlich
höfischen und letzten Endes trotz byzantinischer Nachklänge über Frank-
reich von Italien ausströmenden Stiles ansehen muß, der im Gegensatz
steht zu stärker national bedingten Lösungen, wie sie die Erfurter Bilder,
die Tafeln des Wittingauer Meisters, oder die Drusianalegende zeigt.
Stanges Buch hat zwei Paten: es sind die bedeutendsten Namen
der neueren Kunstgeschichte: Wölfflin und Dvorak, und ich glaube, daß
man dem Verfasser zubilligen muß, daß seine Arbeit sich in jeder Hinsicht
dieser Paten würdig erweist. Er versteht es ebenso das Wesentliche an
einem einzelnen Kunstwerk herauszuheben, wie eine ganze Epoche
knapp und treffend zu charakterisieren. Zur Klärung dessen, was er das
Wesen der deutschen Kunst um 1400 nennt, zieht er die deutschen
Mystiker, Theologen und Philosophen heran und steckt damit neue Lichter
zum Verständnis der Periode auf. Er geht vielleicht manchmal zu wenig
auf den Wandel innerhalb der von ihm behandelten drei bis vier Künstler-
generationen ein. So stehen trotz ihrer zeitlichen Nahe der Ortenberger
Altar und Multschers Berliner Flügel auf einer anderen Stilstufe, und selbst
in Italien lebt neben der neuen Frührenaissance die alte Tradition weiter
und neben und nach Masaccio malt Fra Angelico erdabgewandte Bilder.
Aber Stanges Vorstellung von dem Thema und seinen Problemen ist klar,
sie ist wahrhaft historisch im kunst- und im geistesgeschichtlichen Sinne
und seine Betrachtungsweise überzeugt. Ludwig Baldaß.
Meister der Graphik. Band II: Max Geisberg, Die
Anfänge des Kupferstichs. Mit 144 Abbildungen auf
74 Tafeln. II. Auflage. — Band X: Max Geisberg, Der
Meister E. S. Mit 139 Abbildungen auf 77 Tafeln. II. Auf-
lage. Leipzig (1923), Klinkhardt & Biermann.
Im Jahre 1910 habe ich hier (Seite 66 f.) Geisbergs 1909 erschie-
nenes Werk »Die Anfänge des deutschen Kupferstiches und der Meister
E. S.« kurz angezeigt. Es hat 1923 seine zweite Auflage erlebt, die der-
maßen stark vermehrt ist, daß jetzt die Frühzeit einerseits und der
Meister E. S. anderseits zwei getrennte Bände umfassen. In der ersten
Auflage gab es auf 71 Lichtdrucktafeln 120 Abbildungen, die neue ent-
hält im ersten, der Frühzeit gewidmeten Bande auf 74 Tafeln 144 und im
zweiten, den Meister E. S. behandelnden Bande auf 77 Tafeln 139 Abbil-
dungen. Aber nicht nur die Anzahl der Illustrationen ist auf mehr als das
Doppelte erhöht, auch der Text ist stark verändert. Gegenüber den Bänden
I und IV des großen Lehrsischen Werkesl sind in der zweiten Auflage
von Geisbergs Werk nicht weniger als 83 Neutaufen von einzelnen
Blättern und ganzen Folgen vorgenommen worden, denen Lehrs zuge-
stimmt hat. Diese .neuen Beobachtungen Geisbergs, größtenteils schon
vorher in seiner bei Heitz in Straßburg erschienenen Studie »Kupferstiche
der Frühzeit« veröffentlicht, kommen in dem dem ersten Bande bei-
gegebenen »Verzeichnis der Kupferstiche der Frühzeit«, das dankens-
werter Weise von einem »Verzeichnis der gegenüber dem ,Kritischen
Kataloge' abweichenden Bestimmungen* ergänzt wird, zum Ausdruck.
Aus dem Text der beiden Bände sei nur einiges, das mir beim
Durchblättern aufgefallen ist, hervorgehoben.
Nach wie vor beherzigenswert ist Geisbergs Aufforderung, die
Gravierungen auf den Goldschmiedearbeiten des XV. Jahrhunderts zu
sammeln und kritisch zu sichten, weil zu erhoffen steht, daß auf diese
Weise noch manches für die Lokalisierung und Datierung der frühen
Stiche Wichtige zu finden sein werde. Ich erinnere hier beispielsweise
nur nebenher an ein Werk wie das von 1492 datierte silberne Altärchen
des Augsburgers Georg Seid in der reichen Kapelle zu München, eine
Goldschmiedearbeit, die unter anderm auf den Flügeln vier ganz vor-
zügliche gravierte Szenen aus dem Leben der im Inneren des Schränk-
chens plastisch dargestellten Heiligen enthält.
Geisberg schätzt die nordischen Stiche des XV. Jahrhunderts
insgesamt auf etwa 3100 Slück, wovon auf die im ersten Band behan-
delten Meister etwa 400 entfallen. Lehrs veranschlagt das ursprüngliche
Werk des Meisters E. S. auf rund 1000 Stiche, Geisberg nur etwa auf die
Hälfte. Auffallend klein wird von ihm die Zahl der Hände angenommen,
auf die sich das in den beiden vorliegenden Bänden behandelte Stich-
material verteilt. Im ersten Band kommen nur elf Meister vor, im zweiten
gar nur vier, von denen einer allerdings der E. S. ist.
Eine Kleinigkeit, an der ich mich schon vor fünfzehn Jahren ge-
stoßen habe, möchte ich auch jetzt wieder beanstanden, daß nämlich der
den heiligen Bernhard von Siena darstellende Stich des Meisters des
Biieam nach wie vor mit einem Bild Morettos, also eines Cinquecento-
meisters, verglichen wird, während es doch zahlreiche Bildnisse des
Heiligen aus dem XV. Jahrhundert gibt, eines zum Beispiel auf dein
Gemälde Benozzo Gozzolis in der Wiener Galerie.
Der von Fritz Saxl in einer Handschrift der Wiener National-
bibliothek aufgefundene Stich miteinerTierkreisdarstellung wird als Arbeit
des Meisters der Nürnberger Passion bezeichnet.
Der Meister des Biieam ist wegen des Balkenschildes (Österreich)
und des siebenmal geteilten Wappens (Altungarn) auf dem Stich mit der
Eligiuswerkstatt, der früher als eine Arbeit des »Liebesgärtners« galt, viel-
leicht doch ein Österreicher. Der »Liebesgärtner« dürfte wohl ein süd-
licher Niederländer sein.
Über den großen Unbekannten, der sich hinter dem Monogramm
E. S. verbirgt, ist mittlerweile eine sämtliche Stiche des Künstlers in
Heliogravüren wiedergebende Veröffentlichung Geisbergs bei Bruno
Cassirer in Berlin erschienen. — Der Meister E. S. ist 1467 oder anfangs
1468 gestorben, seine ersten Arbeiten sind um 1440, wenn nicht gar
schon Ende der dreißiger Jahre entstanden. Er war ein oberrheinischer
Goldschmied, der vor 1425 vielleicht in der Bodenseegegend geboren
wurde und vielleicht in Konstanz gewohnt hat. — Daß der tafelartige
Gegenstand an der Wand im Altarraum der heiligen Jungfrau und an der
Kapelle von Einsiedeln eine Gebetstafel und nicht das Wappenbild der
Reibeisen ist, gibt Geisberg heute (1909 tat er's noch nicht) doch zu.
Das Werk des Erasmus-Meisters, das im Kritischen Katalog noch
91 Stiche zählt, wird von Geisberg fast ganz dem Meister des Dutuitschen
Ölbergs zugewiesen.
i Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert, Wien, Gesell:
für vervielfältigende Kunst. Text- und Tafelbände. Bd. I (1908): Die Primitiven, Bd. II (1910): Meister E. S, Bd. III (1915): Die Anonymen I, E
(1921): Die Anonymen II, Bd. V (1925): Martin Schongauer.
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Karlstein gesehen hat, warum greift er dann in der malerischen Analyse
nur gerade die beiden heraus, die einmal in Wien waren und vergißt dabei
ganz, wo ihn die »Einheit des Valeurklangs« an Cezanne gemahnt, wo er
die Entdeckung gemacht hat, daß verglichen an diesem Böhmen Dürers
Apostel nur einen »Kompromißstil * (sie!) darstellen?
Im Gegensatz zu Worringers Buch bringt die Arbeit von Stange
keine Entfaltung des Materials und keine Analyse der einzelnen Werke,
sondern bemüht sich, das Wesen dieser Kunstperiode an Beispielen der
Plastik und vor allem der Malerei zu erforschen. Er nimmt seine Beispiele
fast ausschließlich aus Westdeutschland, aus Hamburg, vom Ober-, Mittel-
und Niederrhein und aus Schwaben. Das von ihm entwickelte Bild wäre
wohl noch reicher geworden, wenn er, der das Material ausgezeichnet
beherrscht, den böhmischen Kunstkreis stärker, die von Nürnberg, Salzburg,
Wien und Breslau überhaupt herangezogen und wenn er auch die An-
fänge des deutschen Holzschnittes mitberührt hätte. Trotzdem muß man
sein Buch als eine ganz ausgezeichnete Leistung betrachten. In ganz ein-
facher und phrasenloser Darstellung wird das Wesen dieses Stiles nach
seiner formalen und seiner inhaltlichen Seite hin untersucht und dar-
gestellt. Es erscheint hier nicht der Platz und ich hoffe später noch dazu
Gelegenheit zu haben, auf Einzelheiten der Auffassung, zum Beispiel auf
den meiner Ansicht nach sicher bestehenden Gegensatz internationaler
und provinzieller Kunstgestaltung einzugehen und auseinanderzusetzen,
daß ich nicht nur kölnische und westfälische Bilder, sondern auch Werke,
wie den Pähler Altar, die Heiligenkreuzertafeln oder den Londoner Gnaden-
stuhl, keineswegs als etwas Vereinzeltes und Isoliertes empfinden kann,
sondern wie schon die Rückseiten des Verduner Altares und die Hohen-
furterfolge samt der Glatzer Madonna und der Berliner böhmischen
Kreuzigung als Ausflüsse eines großen internationalen, mutmaßlich
höfischen und letzten Endes trotz byzantinischer Nachklänge über Frank-
reich von Italien ausströmenden Stiles ansehen muß, der im Gegensatz
steht zu stärker national bedingten Lösungen, wie sie die Erfurter Bilder,
die Tafeln des Wittingauer Meisters, oder die Drusianalegende zeigt.
Stanges Buch hat zwei Paten: es sind die bedeutendsten Namen
der neueren Kunstgeschichte: Wölfflin und Dvorak, und ich glaube, daß
man dem Verfasser zubilligen muß, daß seine Arbeit sich in jeder Hinsicht
dieser Paten würdig erweist. Er versteht es ebenso das Wesentliche an
einem einzelnen Kunstwerk herauszuheben, wie eine ganze Epoche
knapp und treffend zu charakterisieren. Zur Klärung dessen, was er das
Wesen der deutschen Kunst um 1400 nennt, zieht er die deutschen
Mystiker, Theologen und Philosophen heran und steckt damit neue Lichter
zum Verständnis der Periode auf. Er geht vielleicht manchmal zu wenig
auf den Wandel innerhalb der von ihm behandelten drei bis vier Künstler-
generationen ein. So stehen trotz ihrer zeitlichen Nahe der Ortenberger
Altar und Multschers Berliner Flügel auf einer anderen Stilstufe, und selbst
in Italien lebt neben der neuen Frührenaissance die alte Tradition weiter
und neben und nach Masaccio malt Fra Angelico erdabgewandte Bilder.
Aber Stanges Vorstellung von dem Thema und seinen Problemen ist klar,
sie ist wahrhaft historisch im kunst- und im geistesgeschichtlichen Sinne
und seine Betrachtungsweise überzeugt. Ludwig Baldaß.
Meister der Graphik. Band II: Max Geisberg, Die
Anfänge des Kupferstichs. Mit 144 Abbildungen auf
74 Tafeln. II. Auflage. — Band X: Max Geisberg, Der
Meister E. S. Mit 139 Abbildungen auf 77 Tafeln. II. Auf-
lage. Leipzig (1923), Klinkhardt & Biermann.
Im Jahre 1910 habe ich hier (Seite 66 f.) Geisbergs 1909 erschie-
nenes Werk »Die Anfänge des deutschen Kupferstiches und der Meister
E. S.« kurz angezeigt. Es hat 1923 seine zweite Auflage erlebt, die der-
maßen stark vermehrt ist, daß jetzt die Frühzeit einerseits und der
Meister E. S. anderseits zwei getrennte Bände umfassen. In der ersten
Auflage gab es auf 71 Lichtdrucktafeln 120 Abbildungen, die neue ent-
hält im ersten, der Frühzeit gewidmeten Bande auf 74 Tafeln 144 und im
zweiten, den Meister E. S. behandelnden Bande auf 77 Tafeln 139 Abbil-
dungen. Aber nicht nur die Anzahl der Illustrationen ist auf mehr als das
Doppelte erhöht, auch der Text ist stark verändert. Gegenüber den Bänden
I und IV des großen Lehrsischen Werkesl sind in der zweiten Auflage
von Geisbergs Werk nicht weniger als 83 Neutaufen von einzelnen
Blättern und ganzen Folgen vorgenommen worden, denen Lehrs zuge-
stimmt hat. Diese .neuen Beobachtungen Geisbergs, größtenteils schon
vorher in seiner bei Heitz in Straßburg erschienenen Studie »Kupferstiche
der Frühzeit« veröffentlicht, kommen in dem dem ersten Bande bei-
gegebenen »Verzeichnis der Kupferstiche der Frühzeit«, das dankens-
werter Weise von einem »Verzeichnis der gegenüber dem ,Kritischen
Kataloge' abweichenden Bestimmungen* ergänzt wird, zum Ausdruck.
Aus dem Text der beiden Bände sei nur einiges, das mir beim
Durchblättern aufgefallen ist, hervorgehoben.
Nach wie vor beherzigenswert ist Geisbergs Aufforderung, die
Gravierungen auf den Goldschmiedearbeiten des XV. Jahrhunderts zu
sammeln und kritisch zu sichten, weil zu erhoffen steht, daß auf diese
Weise noch manches für die Lokalisierung und Datierung der frühen
Stiche Wichtige zu finden sein werde. Ich erinnere hier beispielsweise
nur nebenher an ein Werk wie das von 1492 datierte silberne Altärchen
des Augsburgers Georg Seid in der reichen Kapelle zu München, eine
Goldschmiedearbeit, die unter anderm auf den Flügeln vier ganz vor-
zügliche gravierte Szenen aus dem Leben der im Inneren des Schränk-
chens plastisch dargestellten Heiligen enthält.
Geisberg schätzt die nordischen Stiche des XV. Jahrhunderts
insgesamt auf etwa 3100 Slück, wovon auf die im ersten Band behan-
delten Meister etwa 400 entfallen. Lehrs veranschlagt das ursprüngliche
Werk des Meisters E. S. auf rund 1000 Stiche, Geisberg nur etwa auf die
Hälfte. Auffallend klein wird von ihm die Zahl der Hände angenommen,
auf die sich das in den beiden vorliegenden Bänden behandelte Stich-
material verteilt. Im ersten Band kommen nur elf Meister vor, im zweiten
gar nur vier, von denen einer allerdings der E. S. ist.
Eine Kleinigkeit, an der ich mich schon vor fünfzehn Jahren ge-
stoßen habe, möchte ich auch jetzt wieder beanstanden, daß nämlich der
den heiligen Bernhard von Siena darstellende Stich des Meisters des
Biieam nach wie vor mit einem Bild Morettos, also eines Cinquecento-
meisters, verglichen wird, während es doch zahlreiche Bildnisse des
Heiligen aus dem XV. Jahrhundert gibt, eines zum Beispiel auf dein
Gemälde Benozzo Gozzolis in der Wiener Galerie.
Der von Fritz Saxl in einer Handschrift der Wiener National-
bibliothek aufgefundene Stich miteinerTierkreisdarstellung wird als Arbeit
des Meisters der Nürnberger Passion bezeichnet.
Der Meister des Biieam ist wegen des Balkenschildes (Österreich)
und des siebenmal geteilten Wappens (Altungarn) auf dem Stich mit der
Eligiuswerkstatt, der früher als eine Arbeit des »Liebesgärtners« galt, viel-
leicht doch ein Österreicher. Der »Liebesgärtner« dürfte wohl ein süd-
licher Niederländer sein.
Über den großen Unbekannten, der sich hinter dem Monogramm
E. S. verbirgt, ist mittlerweile eine sämtliche Stiche des Künstlers in
Heliogravüren wiedergebende Veröffentlichung Geisbergs bei Bruno
Cassirer in Berlin erschienen. — Der Meister E. S. ist 1467 oder anfangs
1468 gestorben, seine ersten Arbeiten sind um 1440, wenn nicht gar
schon Ende der dreißiger Jahre entstanden. Er war ein oberrheinischer
Goldschmied, der vor 1425 vielleicht in der Bodenseegegend geboren
wurde und vielleicht in Konstanz gewohnt hat. — Daß der tafelartige
Gegenstand an der Wand im Altarraum der heiligen Jungfrau und an der
Kapelle von Einsiedeln eine Gebetstafel und nicht das Wappenbild der
Reibeisen ist, gibt Geisberg heute (1909 tat er's noch nicht) doch zu.
Das Werk des Erasmus-Meisters, das im Kritischen Katalog noch
91 Stiche zählt, wird von Geisberg fast ganz dem Meister des Dutuitschen
Ölbergs zugewiesen.
i Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert, Wien, Gesell:
für vervielfältigende Kunst. Text- und Tafelbände. Bd. I (1908): Die Primitiven, Bd. II (1910): Meister E. S, Bd. III (1915): Die Anonymen I, E
(1921): Die Anonymen II, Bd. V (1925): Martin Schongauer.
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