Eine weitere Interessengemeinschaft mit Artaria & Co. hat er nicht gehabt, wie denn im Archiv dieses Hauses gar nichts
von unserer Rossini-Ausgabe erhalten geblieben ist.
Bei dem Rossini-Taumel, der auch Wien erfaßt hatte,1 ist es durchaus verständlich, daß schon vor und neben der
großen »Prachtausgabe« des Verlages Sauer & Leidesdorf mehrere Werke des Meisters in zwei- und vierhändigen
Klavierauszügen, mit deutschem und mit italienischem Text, und Bruchstücke daraus bei den anderen Wiener Verlegern
erschienen. Artaria & Co. gaben auch von den sieben in der Fortsetzung unserer Ausgabe vorgesehenen Opern Klavier-
auszüge heraus (darunter »L'assedio di Corinto« zusammen mit Tobias Haslinger), was es noch wahrscheinlicher macht,
daß jene Hefte 25 bis 31 bei Leidesdorf nicht mehr erschienen sind. Die Bearbeiter dieser Klavierauszüge waren Diabelli,
Leidesdorf, Riotte, Rotter, Schmid, Schoberlechner und auch ein paar namenlose Musiker.
Alle diese Ausgaben, auch die Klavierauszüge bei Breitkopf und Simrock, waren schmucklos. Eine mit der Wiener
etwa gleichzeitige Sammlung von Rossini-Auszügen — wieder zweihändig, aber mit (doppelsprachigem) Text — erschien
bei B. Schotts Söhnen in Mainz, mit großen, ovalen Vignettenstichen von Cöntgen (offenbar Georg Josefs Sohn): Tancredi,
Otello, Ricciardo, L'Italiana.'2 Nach der Shakespeare-Enttäuschung wirkt es tröstlich, daß diese Vignetten nicht mit
Schwinds Arbeiten verwandt sind, trotz der guten Qualitäten beider Serien. Die kleineren, ovalen Vignetten einer etwas
späteren Prager Sammlung, die unter anderem ein paar Ouvertüren nach Rossini (zweihändig) enthält, sind wesentlich
schlechter in Form und Technik (Verlag Zwettler & Nicki, Lithograph nicht genannt).
Nun aber zur Leistung des etwa neunzehnjährigen Schwind bei dieser Erwerbsarbeit, die dennoch con amore
getan zu sein scheint. Er hatte schon Graphiken dieser Art hinter sich, so Umschläge und anderes für seinen Schwager
Karl Armbruster, den Verleger zart illustrierter Kinderbücher und mehrerer bei Trentsensky gedruckter Bilderbogen, sowie
Vignetten und Mandelbogen für die Druckerei Trentsensky selbst. Schwind war durch seinen Lehrer Ludwig Schnorr von
Carolsfeld zum Vignettenzeichnen gekommen, und aus einem Brief Franz von Bruchmanns an Platen vom 5. Dezember 1822
ist erst kürzlich bekannt geworden, daß er schon an Schnorrs Goethe- und Schiller-Illustrationen für die erlaubten Wiener
Ausgaben (Kaulfuß-Armbruster 1816—22, Gerold 1819/20) mitgearbeitet hat.3 Aus einem ungedruckten Schreiben
Schwinds vom 22. Jänner 1824 an Schober, für dessen lithographische Anstalt er später gleichfalls tätig war, erfahren
wir auch, daß er bald nach den anonymen und fast gar nicht originalen Shakespeare-Vignetten der Fron für den
Mandelbogen-Trentsensky müde geworden war und sich von den Aufträgen des kunstfreundlichen Musikverlages
Sauer & Leidesdorf Erholung versprach: er will sich von Trentsensky losmachen und für Leidesdorf, den er als Ver-
trauten des Schubertkreises immer für die Firma nennt, weiterarbeiten (auch Zeichenmeister bei Lobkowitz werden). In
eben diesen Briefen an Schober, die noch immer nicht ganz ausgewertet sind1 und mir durch die Güte des Herrn Ober-
regierungsrates Dr. H. Merck in Hamburg 1914 zugänglich gemacht wurden, finden sich noch einige hieher gehörige
(bisher unbekannte) Nachrichten.
Schon ein früheres Schreiben, am 19. November 1823 begonnen und — nach einer Fortsetzung vom 24. — am
2. Dezember beendet, hatte dem Freunde nach Breslau berichtet, daß Schwind für Leidesdorf Opernvignetten machte
— es waren die zu Rossini —, »von einem dummen Kerl gestochen«. Auf der ersten Auflage des Heftes 6 (»Edoardo
e Cristina«), deren lithographierte Vignette wir der Gesellschaft der Musikfreunde zu danken haben, steht die ligierte
1 Besonderen Erfolg hatten zuerst 1818 im Theater an der Wien »Aschenbrödel«, »Elisabeth« und »Die diebische Elster«, 1819 im Kärntertor-
theater »Othello« und im Theater an der Wien »Der Barbier von Seviglia« (der 1820-im Hoftheater und 1825 in der Josefstadt wieder inszeniert
worden ist).
s Im Katalog der Versteigerung CXXV von C. G. Boerner, Leipzig 1914 (Sammlung Arnold Otto Meyer-Hamburg, III.), sind neben einer litho-
graphierten Rossini-Vignette aus dem Leipziger Verlag Probst vier von diesen Cöntgen-Stichen unter Nr. 53 genannt, mit der unrichtigen Verlags-
angabe B. Schott-Wien und der irrtümlichen Annahme, daß die Entwürfe dieser fünf Vignetten von Schwind seien.
3 S. Platens Briefwechsel, herausgegeben von Paul Bomstein, 3. Bd., München 1921, S. 34. Dort ist bei der Bitte um Empfehlung Schwinds
als Vignettenzeichner für Rückerts »Frauentaschenbuch« auch die Erklärung zu dem von Holland Seite 25 erwähnten Verluste angeblicher Rückert-
Illustrationen von Schwind zu finden: es waren zwei Umschlagzeichnungen für Bruchmanns Privateinband der — in Cottas »Taschenbuch für Damen
auf das Jahr 1821« erschienenen — »Mewlanä.-Ghaselen Rückerts, und die sind tatsächlich verschollen. — Der lithographierte Zyklus »Österreichs
Sagen und Heldenmahle« (siehe Alois Trost in diesen »Mitteilungen«, 1S99, Nr. 1, und Weigmann S. 12 f., 535) ist übrigens 1824 besten Falles unter
Mitarbeit Schwinds entstanden, da die Signaturen dieser acht Bilderbogen auf Leopold Schulz (nicht Ludwig Schnorr) und Jakob Hyrtl weisen. —Endlich
sei bei dieser Gelegenheit auch noch auf die in der Schwind-Literatur bisher übersehene und nur einmal in der Goethe-Literatur von G. A. E. Bogeng
(»Vierteljahrsschrift für angewandte Bücherkunde«, Berlin 1918, Jahrg. I, Heft 2, S. 95 f.) erwähnte Tatsache gewiesen, daß Schwind mit L. Schnorr
und anderen Wienern wesentlich an der »Kupfersammlung« zu Goethes Werken, vollständige Ausgabe letzter Hand, mitgearbeitet hat. Unter den
55 Kupfertafeln, die in elf Lieferungen 1827 bei Friedrich Fleischer in Leipzig erschienen, sind vier Blatt nach Schwind gestochen, die Leo Meli
vor mir gefunden hat und nächstens wieder publizieren will.
1 Zuerst benützt von Holland, dann von Gustav Glück (»Neue Freie Presse«, 20. November 1904) und dem Verfasser (leider nach dem Erscheinen
des Bandes II 1 seines Schubert-Werkes), zuletzt auf deren Empfehlung von Otto Stoessl (Schwinds Briefe, Leipzig [1924]), der bei seiner Auswahl
nicht alle für die Entstehung der Werke wichtigen Stellen abgedruckt hat. So ist unter anderem auch am 28. September bis 6. Oktober 1827. als
Schwind in Linz das Heldengedicht »Tunisias« von J. L. Pyrker (Wien 1819) gelesen hatte, die Absicht erwähnt. Illustrationen für diesen Dichter zu
zeichnen (der Schubert durch seine Stellung als hoher Geistlicher gefördert hatte), was die Datierung der sechs »Rudolphias.-Blätter verschieben
dürfte (siehe J. A. Beringer in diesen »Mitteilungen« 1916, Nr. 2).
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von unserer Rossini-Ausgabe erhalten geblieben ist.
Bei dem Rossini-Taumel, der auch Wien erfaßt hatte,1 ist es durchaus verständlich, daß schon vor und neben der
großen »Prachtausgabe« des Verlages Sauer & Leidesdorf mehrere Werke des Meisters in zwei- und vierhändigen
Klavierauszügen, mit deutschem und mit italienischem Text, und Bruchstücke daraus bei den anderen Wiener Verlegern
erschienen. Artaria & Co. gaben auch von den sieben in der Fortsetzung unserer Ausgabe vorgesehenen Opern Klavier-
auszüge heraus (darunter »L'assedio di Corinto« zusammen mit Tobias Haslinger), was es noch wahrscheinlicher macht,
daß jene Hefte 25 bis 31 bei Leidesdorf nicht mehr erschienen sind. Die Bearbeiter dieser Klavierauszüge waren Diabelli,
Leidesdorf, Riotte, Rotter, Schmid, Schoberlechner und auch ein paar namenlose Musiker.
Alle diese Ausgaben, auch die Klavierauszüge bei Breitkopf und Simrock, waren schmucklos. Eine mit der Wiener
etwa gleichzeitige Sammlung von Rossini-Auszügen — wieder zweihändig, aber mit (doppelsprachigem) Text — erschien
bei B. Schotts Söhnen in Mainz, mit großen, ovalen Vignettenstichen von Cöntgen (offenbar Georg Josefs Sohn): Tancredi,
Otello, Ricciardo, L'Italiana.'2 Nach der Shakespeare-Enttäuschung wirkt es tröstlich, daß diese Vignetten nicht mit
Schwinds Arbeiten verwandt sind, trotz der guten Qualitäten beider Serien. Die kleineren, ovalen Vignetten einer etwas
späteren Prager Sammlung, die unter anderem ein paar Ouvertüren nach Rossini (zweihändig) enthält, sind wesentlich
schlechter in Form und Technik (Verlag Zwettler & Nicki, Lithograph nicht genannt).
Nun aber zur Leistung des etwa neunzehnjährigen Schwind bei dieser Erwerbsarbeit, die dennoch con amore
getan zu sein scheint. Er hatte schon Graphiken dieser Art hinter sich, so Umschläge und anderes für seinen Schwager
Karl Armbruster, den Verleger zart illustrierter Kinderbücher und mehrerer bei Trentsensky gedruckter Bilderbogen, sowie
Vignetten und Mandelbogen für die Druckerei Trentsensky selbst. Schwind war durch seinen Lehrer Ludwig Schnorr von
Carolsfeld zum Vignettenzeichnen gekommen, und aus einem Brief Franz von Bruchmanns an Platen vom 5. Dezember 1822
ist erst kürzlich bekannt geworden, daß er schon an Schnorrs Goethe- und Schiller-Illustrationen für die erlaubten Wiener
Ausgaben (Kaulfuß-Armbruster 1816—22, Gerold 1819/20) mitgearbeitet hat.3 Aus einem ungedruckten Schreiben
Schwinds vom 22. Jänner 1824 an Schober, für dessen lithographische Anstalt er später gleichfalls tätig war, erfahren
wir auch, daß er bald nach den anonymen und fast gar nicht originalen Shakespeare-Vignetten der Fron für den
Mandelbogen-Trentsensky müde geworden war und sich von den Aufträgen des kunstfreundlichen Musikverlages
Sauer & Leidesdorf Erholung versprach: er will sich von Trentsensky losmachen und für Leidesdorf, den er als Ver-
trauten des Schubertkreises immer für die Firma nennt, weiterarbeiten (auch Zeichenmeister bei Lobkowitz werden). In
eben diesen Briefen an Schober, die noch immer nicht ganz ausgewertet sind1 und mir durch die Güte des Herrn Ober-
regierungsrates Dr. H. Merck in Hamburg 1914 zugänglich gemacht wurden, finden sich noch einige hieher gehörige
(bisher unbekannte) Nachrichten.
Schon ein früheres Schreiben, am 19. November 1823 begonnen und — nach einer Fortsetzung vom 24. — am
2. Dezember beendet, hatte dem Freunde nach Breslau berichtet, daß Schwind für Leidesdorf Opernvignetten machte
— es waren die zu Rossini —, »von einem dummen Kerl gestochen«. Auf der ersten Auflage des Heftes 6 (»Edoardo
e Cristina«), deren lithographierte Vignette wir der Gesellschaft der Musikfreunde zu danken haben, steht die ligierte
1 Besonderen Erfolg hatten zuerst 1818 im Theater an der Wien »Aschenbrödel«, »Elisabeth« und »Die diebische Elster«, 1819 im Kärntertor-
theater »Othello« und im Theater an der Wien »Der Barbier von Seviglia« (der 1820-im Hoftheater und 1825 in der Josefstadt wieder inszeniert
worden ist).
s Im Katalog der Versteigerung CXXV von C. G. Boerner, Leipzig 1914 (Sammlung Arnold Otto Meyer-Hamburg, III.), sind neben einer litho-
graphierten Rossini-Vignette aus dem Leipziger Verlag Probst vier von diesen Cöntgen-Stichen unter Nr. 53 genannt, mit der unrichtigen Verlags-
angabe B. Schott-Wien und der irrtümlichen Annahme, daß die Entwürfe dieser fünf Vignetten von Schwind seien.
3 S. Platens Briefwechsel, herausgegeben von Paul Bomstein, 3. Bd., München 1921, S. 34. Dort ist bei der Bitte um Empfehlung Schwinds
als Vignettenzeichner für Rückerts »Frauentaschenbuch« auch die Erklärung zu dem von Holland Seite 25 erwähnten Verluste angeblicher Rückert-
Illustrationen von Schwind zu finden: es waren zwei Umschlagzeichnungen für Bruchmanns Privateinband der — in Cottas »Taschenbuch für Damen
auf das Jahr 1821« erschienenen — »Mewlanä.-Ghaselen Rückerts, und die sind tatsächlich verschollen. — Der lithographierte Zyklus »Österreichs
Sagen und Heldenmahle« (siehe Alois Trost in diesen »Mitteilungen«, 1S99, Nr. 1, und Weigmann S. 12 f., 535) ist übrigens 1824 besten Falles unter
Mitarbeit Schwinds entstanden, da die Signaturen dieser acht Bilderbogen auf Leopold Schulz (nicht Ludwig Schnorr) und Jakob Hyrtl weisen. —Endlich
sei bei dieser Gelegenheit auch noch auf die in der Schwind-Literatur bisher übersehene und nur einmal in der Goethe-Literatur von G. A. E. Bogeng
(»Vierteljahrsschrift für angewandte Bücherkunde«, Berlin 1918, Jahrg. I, Heft 2, S. 95 f.) erwähnte Tatsache gewiesen, daß Schwind mit L. Schnorr
und anderen Wienern wesentlich an der »Kupfersammlung« zu Goethes Werken, vollständige Ausgabe letzter Hand, mitgearbeitet hat. Unter den
55 Kupfertafeln, die in elf Lieferungen 1827 bei Friedrich Fleischer in Leipzig erschienen, sind vier Blatt nach Schwind gestochen, die Leo Meli
vor mir gefunden hat und nächstens wieder publizieren will.
1 Zuerst benützt von Holland, dann von Gustav Glück (»Neue Freie Presse«, 20. November 1904) und dem Verfasser (leider nach dem Erscheinen
des Bandes II 1 seines Schubert-Werkes), zuletzt auf deren Empfehlung von Otto Stoessl (Schwinds Briefe, Leipzig [1924]), der bei seiner Auswahl
nicht alle für die Entstehung der Werke wichtigen Stellen abgedruckt hat. So ist unter anderem auch am 28. September bis 6. Oktober 1827. als
Schwind in Linz das Heldengedicht »Tunisias« von J. L. Pyrker (Wien 1819) gelesen hatte, die Absicht erwähnt. Illustrationen für diesen Dichter zu
zeichnen (der Schubert durch seine Stellung als hoher Geistlicher gefördert hatte), was die Datierung der sechs »Rudolphias.-Blätter verschieben
dürfte (siehe J. A. Beringer in diesen »Mitteilungen« 1916, Nr. 2).
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