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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.6492#0007
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Abb. II. Fol. 78' des Wolfenbüttler Musterbuches.

geschaffen worden. Wenn Rücker die künstlerische Qualität der Skizzen rühmt und meint, die Goslarer Blätter seien
nicht viel mehr als eine farbige Ausführung der Zeichnungen, so hat er trotzdem richtig
gesehen. Seine stilistische Bestimmung bleibt zu Recht bestehen; die Handschriften ge-
hören zu demselben Kreise dieser bedeutsamen sächsischen Schule um 1230—1240,
dessen Auswirkung auf die Entwicklungsgeschichte seiner Zeitkunst der Forschungs-
arbeit anderer überlassen werden muß.

Durch seine Mittlerrolle zwischen einer der schönsten Denkmälergruppen und der
wichtigsten Formquelle der deutschen Romanik, zwischen sächsischer und byzantinischer
Kunst, gewinnt das Wolfenbüttler Skizzenbuch eine ganz ungewöhnliche Bedeutung. Es
läßt uns einen Blick in den Werdegang eines hervorragenden Künstlers tun — für jene
Zeit ein ebenso seltenes wie anziehendes Schauspiel. Da es zudem die einzige Muster-
sammlung des gesamten Mittelalters ist, deren Zweck wir an erhaltenen Kunstwerken
verfolgen können, schien eine ausführliche Untersuchung aller Einzelheiten am Platze
sowie eine Erörterung ihrer prinzipiellen Stellung innerhalb der künstlerischen Über-
lieferung, dem zentralen Faktor alles mittelalterlichen Kunstschaffens.

Ganz besonderer Dank gebührt Herrn Direktor Herse, dem Vorstand der Herzog-
August-Bibliothek in Wolfenbüttel: durch sein Entgegenkommen wurde die Übersendung
der Handschrift nach Wien ermöglicht und damit eine Reproduktion, in der die leidigen, die
Zeichnungen verdeckenden Schriftzüge fast verschwinden, freilich auf Kosten der viel
feineren Striche des Originals.

II. BESCHREIBUNG DES MANUSKRIPTES.
1. Zustand und Herkunft.
Der cod. man. Aug. 8° 61/2 der Bibliotheca Augusta birgt eine bunte Sammlung
von Abschriften aus dem XIII. und XIV. Jahrhundert nach des Hugo von St. Victor Summa
sententiarum, des Gaufredus Summa de arte dictandi u. a. m., in einem alten Pergament-
einband mit Schließen. Unsere Zeichnungen sind zerstreut, aber alle in einer einzigen Lage
angebracht, die sich durch ihre saubere Schrift des XIII. Jahrhunderts mit roten Initialen

Abb. 1. Goslarer Evangeliar. Aus der
Verkünd. :in Zacharias (seitenverk.).
 
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