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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.6492#0009
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□na

Abb. 2. Goslarer Evangeliar: Johannes.

Abb. 3. Goslarer Evangeliar: Lukas (seitenverkehrt).

2. Ikonographie1
und Technik.
Abb. [, fol. 78:
Links die Transfi-
guration.Dergeläu-
flge Typus: Christus
segnend zwischen
Elias und Moses. Der
letztere, byzantini-
scher Ikonographie
entsprechend, als
Jüngling dargestellt
und, einem älteren
Schema folgend,ohne
Buch, wie im Tetra-
evangelium ms. Pe-
tropolis graec. 105
(Phot. des Archives

photographiques
5272). Christus kehrt
in Stil und Haltung
genau so auf einer
russischen Ikone wie-
der bei Likhatcheff,
Materiaux, I, 11 und
ähnlich G. Millet, Le
monastere de Daphni,

T. 14/3 (sowie Phot. Alinari 24698), um 1100, und in der Peribleptos in
Mistra, bei G. Millet, Mon. byz. ä Mistra, II, 109/2. Rechts daneben Petrus in einer Stellung, die man auf vielen Ver-
klärungen, aber kaum je in solcher Intensität, mit dem ganz zurückgeworfenen Haupt und hochemporgereckten Armen,
findet. (Vgl. das eben erwähnte Daphni.) Seine Größe läßt auf ein Vorbild von beträchtlichen Ausmaßen schließen, die der
Künstler bei der Verklärung nebenan des Raumes wegen reduziert hat. Ähnlich in der Capeila Palatina an der Südwand
des Querschiffes (Phot. der Collection de l'Ecole des Hautes Etudes C. 73/9) und im Presbyterium des Doms von Monreale
(Phot.Alinari 33279). Die ganze Gruppe findet sich zu Anfang des XII. Jahrhunderts im Tetraevangelium Iviron Nr. 5 (bei
Hr. Brockhaus, Die Kunst in den Athosklöstern, I, 24) und im XIV. in den Opuscules du moine Joasaph der Bibl. Nat,
graec. 1242, fol. 92'. (Bei J. Ebersolt, La miniature byzantine 1/61.)

Den Bart des Kopfes im Falze (vgl. Abb. VIII) hat der Künstler blaugrau getuscht. Im übrigen verwendet er nur
unten im Gewände Christi und rechts beim Rücken des Elias starke, wie mit Deckfarben aufgetragene Akzente. Alle
anderen Lavierungen, die roten Tintenflecken von Hand 3 beim Petrus und die durchscheinenden Figuren der Rückseite
trüben und verunstalten die Abbildung.

Abb. II, fol. 78': Links drei Autoren oder Evangelisten. Haartracht, Gewandung und die Perspektive der Sitze
verraten byzantinische Vorbilder, deren ich aber keine ganz ähnlichen finden konnte. Der Gebückte rechts dürfte nach
G. Millet Josef von Arimathia sein, der um den Leichnam des Herrn bittet (Fig. 488 seiner Recherches sur
l'iconographie). Doch wird dieser Typus häufig für andere Szenen verwendet, so am Totenbette Mariens in einem
Evangeliar des XII. Jahrhunderts (bei Sir Warner, Reproductions from III. Mss. of the Brit. Museum, T. III. Harley ms.
1810, fol. 174), bei der Kommunion (G. Millet, Mon. byz. de Mistra, II, 92/2), bei der Reinigung im Tempel auf der
Ikone 3348 des Museums der kirchlichen Akademie in Kiew (Likhatcheff, Materiaux, T. 20, 37) usw. Er entspricht dem
Manne aus dem Goslarer Evangeliar, der mit dem Volke an der Tür des Tempels die Verkündigung an Zacharias
belauscht (Abb. 1, seitenverkehrt nach Goldschmidt, T. 7). Die erste Deutung als Joseph von Arimathia dürfte
aber die gegebene sein, im Zusammenhang mit der Gruppe darunter, dem nackten Christus der Beweinung, neben dem
Joseph von Arimathia wiederkehrt. Sie scheint durch ihr frühes Datum bemerkenswert und wird sich kaum vor dem
XIV. Jahrhundert nachweisen lassen, so bei G. Millet, Recherches iconographiques, fig. 525 ff. und Monuments de
l'Athos,II,pl. 25/4, und im Antependium von Saloniki (im XVI. Jahrhundert häufig bei Kondakoff, Pamjatniki Christianskago

i Ich verdanke der Liebenswürdigkeit des Herrn Prof. G. Millet von der französischen Akademie eine ikonographische Bestimmung, deren
Ergebnisse ich, soweit sie mir neu waren, jeweils eigens erwähne. Hingegen habe ich abweichende Hypothesen Rückers und von Bodes dann nicht
angeführt, wenn ich meine Deutungen mit bestimmten byzantinischen Beispielen beweisen konnte.

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