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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.6492#0017
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. Dom von Monreale, Mosaik: Engel am
Grabe Christi.

Abb. XI. Fol. 93 des Wolfenbüttler Musterbuches.

in der Größe der Wiedergabe des Ganzen und
der Einzelheiten. Nehmen wir einen repro-
duzierenden Künstler an, so lassen sich alle
Darstellungen gut innerhalb einer Persönlich-
keit denken. Bei einem Schaffenden könnten
wir zweifeln. Unbedingt einer Hand gehören
an: der Betende von Blatt I, Christus in der
Vorhölle, Blatt X, der Engel am Grabe (XI), die
offenbar zu einer großen Transfiguration ge-
hörenden Gestalten auf Blatt I, II (rechts), IV
(unten), VI (unten), XII (unten). Die Evangelistenfiguren auf Blatt III und IV bilden den Übergang zu den andern, bedeutend
unbeholfeneren Darstellungen.

DDL

Ob wir es mit Entwürfen oder Nachzeichnungen zu tun haben, läßt sich aus den äußeren Kriterien nicht entscheiden.
In einigen Fällen führt die nähere Betrachtung auf wirklich sicheren Boden, am deutlichsten bei dem schon erwähnten
linken Evangelisten auf Blatt III, der zweifellos auf den entsprechenden des Goslarer Evangeliars (Goldschmidt, Taf. 10)
zurückgeht. Daß die beiden Darstellungen direkt voneinander abhängig sind, springt in die Augen. Die Unterschiede
lassen sich fast durchwegs mit der anderen Technik erklären: sie erstrecken sich hauptsächlich auf das architektonische
Beiwerk, nicht auf die Gestalten selbst. Gerade der Umstand, daß Stuhl, Schemel und Architektur auf unserer Zeichnung
teils nur angedeutet und verändert, teils überhaupt weggelassen wurden, spricht für eine Nachzeichnung; denn wenn sich
ein Künstler so eingehend mit dem Entwurf einer Gestalt beschäftigt, so ist anzunehmen, daß er sich auch etwas aus-
führlicher und klarer mit ihrer Umgebung auseinandersetzt. Sehen wir aber vom Beiwerk ab und betrachten wir die
Gestalt selbst, so können wir auch hier den Kopisten erkennen. Wenn wir z. B. die Zeigefinger der rechten Hand ver-
gleichen, so finden wir den im Vorbild sicher wiedergegeben, in seiner Funktion klar und nicht aufdringlich; in der Nach-
zeichnung können wir einen Augenblick zweifeln, ob wir einen Daumen oder einen Zeigefinger vor uns haben — es ist
eine unförmige, unschöne Kralle, die den Handrücken unnötig und unangenehm vergrößert. Ähnliches läßt sich bei der
linken Hand beobachten, die in ihrer deutlichen Funktion des leichten Umlegens der Schriftrolle (damit die Schrift an
ihrem Ende wieder sichtbar werden kann) verkannt ist und die falsch wiedergegebene Schriftrolle grob mit unschön
nebeneinandergereihten Fingern hält. Auch der Evangelist daneben hat sein Vorbild im Goslarer Evangeliar und zeigt
in der Auffassung viele Ähnlichkeiten. Eine weitere Figur, die gebückte auf Blatt II, kann man neben eine gleiche vom

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