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Michaelis, Adolf
Die archaeologischen Entdeckungen des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.881#0211
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202 IX. Die klassischen Länder seit 1870

persönliche Kenntnis Ägyptens erreichbar war; man vermutet jetzt
etwa Samos als Heimat dieser bisher nur in Cäre gefundenen
schriftlosen Spielart. Um 1880 trat dann noch Kyrene mit einer
eigenen, zum Teil längst bekannten Klasse, wiederum mit einem
Sonderstil und einem besonderen Alphabet, auf; das Hauptprodukt
des Landes, das Silphion, verriet die Heimat der Vasen, und das
87,3 Hauptstück im Louvre, König Arkesilas II. als Silphionhändler, 271
wies Einzelheiten auf, welche nur aus heimischem Brauch ent-
lehnt sein konnten. Endlich ließ auch die 1874 bekannt ge-
wordene, seither durch Barbarei arg beschädigte Phineusschale
in Würzburg durch ihre Inschriften eine der ionischen Inseln oder
Städte als Fabrikationsort erschließen.

Die so wiedergefundene ionische Malerei ist von der korin-
thischen grundverschieden. Auch wo die Zeichnung noch derb
und unbeholfen ist, ist sie doch nie starr und leblos. Ionische
Beweglichkeit und ionische Erzählergabe leuchten überall, oft
mit urwüchsigem Humor, hervor, so daß ihr Beispiel sogar auf die
gemessenere korinthische Art nicht ohne Einfluß geblieben ist. Die
große Zahl selbständiger ionischer Gemeinwesen endlich erklärte
die bei gemeinsamem Grundcharakter so verschiedene Art der
ionischen Vasen. So begann in den achtziger Jahren ein eifriges
Suchen nach weiteren ionischen Spielarten, auch ohne die Hilfe
von Inschriften, woran sich namentlich Ferdinand Dümmler mit
vielem Scharfsinn beteiligte. Zwei feste Anhaltspunkte kamen
hinzu.

Die altionische Stadt Klazomenä am Meerbusen von Smyrna,
bis dahin ein archäologisch kaum bekannter Ort, trat zuerst im
Jahre 1883 mit Resten bemalter Tonsarkophage auf, denen bald
weitere Exemplare folgten; die großen Museen, namentlich in
Berlin London Paris, haben es sich angelegen sein lassen Proben
87 dieser bisher nur in Klazomenä aufgetauchten Tonsärge zu er- 273
werben. Ihre Malereien geben einen trefflichen Überblick über
eine Art der ionischen Tonmalerei im 6. Jahrhundert, wie sie
sich vom Schattenrisse zu hellen Figuren auf dunklem Grunde
oder zu fein gezeichneten bloßen Umrissen fortbildet (die attische
Entwickelung ist hier deutlich vorgezeichnet); wie sie in streng
 
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