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Michałowski, Kazimierz; Dziewanowski, Andrzej [Ill.]
Alexandria — Wien [u.a.], 1970

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https://doi.org/10.11588/diglit.44740#0013
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Die gesamte Stadt zog sich am Meeresufer entlang, ähnlich wie das heutige Alexan-
dria. Ihre Länge betrug nach dem Bericht Strabons 30 Stadien, das sind über fünf
Kilometer, ihre Breite dagegen sieben oder acht Stadien, das sind etwas weniger als
anderthalb Kilometer.
Neben den prächtigen Königspalästen auf der Halbinsel Lochias im sogenannten
Königsviertel galten besonders die Hafeneinrichtungen als bewundernswert, ebenso
aber die Tempel, die öffentlichen Bauten, die breiten Straßen sowie das verzweigte
System der Zisternen und Kläranlagen, die der von Süden nach Norden durch die
Stadt fließende Nilkanal über unterirdische Leitungen mit Wasser versorgte. Am
auffälligsten jedoch war der berühmte Leuchtturm auf Pharos, der von Sostratos aus
Knidos in der Zeit Ptolemäus’ II. erbaut worden war und als ein Weltwunder
betrachtet wurde. Zum Festland führte von der Insel eine durch Brücken unterbro-
chene Mole, das sogenannte Heptastadion. Heute lokalisiert man den Standort des
Leuchtturms an jene Stelle, an der das türkische Fort Kaid Bey liegt. Beiderseits des
Heptastadions befanden sich die beiden Seehäfen: Der wichtigste lag an der nordöstli-
chen Seite der Stadt, der andere, Eunostos benannte, lag westlich. Von dem am Mareo-
tis-See gelegenen Binnenhafen führte ein Kanal, der im Kibotos, dem künstlich
angelegten rechteckigen Becken des Hafens Eunostos, mündete.
Alexandria hatte eine außergewöhnlich günstige geographische Lage und besaß ein
ausgedehnte fruchtbares Flinterland. Deshalb konzentrierte sich in dem gut funk-
tionierenden Hafen sowie in der Stadt selbst das gesamte wirtschaftliche und po-
litische Leben des östlichen Mittelmeergebietes.
Doch hatte die Lage der Stadt unmittelbar am Meer auch ihre Nachteile. So verur-
sachten häufig Erdbeben im Mittelmeer einen so starken Wogengang, daß die Ufer
überflutet wurden und in den niedriger gelegenen Stadtteilen große Schäden ent-
standen, wovon bereits Strabon, Dio Cassius und andere Autoren berichten. Auf
diese Weise wurden zahlreiche Denkmäler zerstört, die heute zum Teil unter Wasser
liegen. Trotz dieser und anderer Vernichtungen, die durch verschiedene kriegerische
Handlungen entstanden - wovon Alexandria seit der Eroberung der Stadt durch
Cäsar (48 v. Ch.) wiederholt heimgesucht wurde - erweckten die Reste der prächtigen
Bauten noch im Jahre 642 das Erstaunen der Araber, als sich die Stadt nach vier-
zehnmonatiger Belagerung den Truppen des Kalifen Omar ergeben hatte. Nach
der Eroberung Ägyptens durch die Türken im Jahre 1517 verlor Alexandria end-
gültig seine Bedeutung als Hafenstadt. Als im Jahre 1798 die Armee Bonapartes
zwölf Kilometer westlich vom ehemaligen Hafen landete, hatte die Stadt, die einst
mehr als eine halbe Million Einwohner zählte, kaum sechstausend Bewohner aufzu-
weisen, deren Behausungen sich auf einem inzwischen entstandenen Landzipfel bei-
derseits des völlig verschlammten Heptastadions konzentrierten.
Wenn auch die Ruinen der Stadt Jahrhunderte hindurch als Steinbruch gedient
hatten, so ergaben die Reste der Bauten, als sie von den Gelehrten aus dem Gefolge
Bonapartes in dem Monumentalwerk „Description de l’Egypte” verzeichnet wurden,
doch noch einen sehr ansehnlichen archäologischen Bestand. Wäre es zu jener Zeit
auf dem weiten, verlassenen Trümmerfeld der antiken Stadt zu systematischen
Ausgrabungen gekommen, gäbe es heute ein antikes Alexandria in einem wahr- 8
 
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