DIE NEKROPOLEN
Bis vor kurzem zählten, außer der Pompeiussäule, den unterirdischen Räumen des
Serapeums sowie einigen Partien von öffentlichen Bauten - wie beispielsweise einem
Teil der bei verschiedenen Ausgrabungen freigelegten spätrömischen Kolonnaden
an der Nabi-Daniel-Straße allein die Reste einiger Friedhöfe zu den zugänglichen
Denkmälern aus der antiken Zeit der Stadt. Zu den ältesten, noch aus hellenistischer
Zeit stammenden Nekropolen gehören die Anlagen von Shatby, Sidi Gaber, Mustafa
Pascha und Anfushy, die alle in den modernen Stadtteilen aufgefunden wurden.
Im Grundriß kommen sie den damaligen Wohnhäusern nahe: Häufig liegen sie um
einen säulenumgebenen Hof, dem Peristyl, und sind durch seitliche Räumlichkeiten
erweitert. Ihren Schmuck bilden Malereien des entwickelten Inkrustationsstils, der
für hellenistische und frühpompejanische Häuser typisch ist. Die reichste Ausstattung
wiesen die im Stadtteil Hadra aufgefundenen Grabbauten auf, doch wurde diese
Nekropole als Denkmal nicht gesichert; heute werden die dort gefundenen Gegen-
stände im Griechisch-Römischen Museum in Alexandria aufbewahrt. Aus den ge-
nannten Nekropolen sowie durch zufällige Funde in anderen Stadtteilen kamen
verschiedene Mosaiken, Gefäße, Terrakotten und insbesonders Bildwerke zutage,
die zwar meistens in fragmentarischem Zustand erhalten sind, aber dennoch wichtige
Zeugnisse für den künstlerischen Stil des hellenistischen Alexandria darstellen. Die
Bildwerke zeichnen sich durch eine zarte Modellierung der Oberfläche sowie das
sogenannte Sfumato aus: die Schärfe der Konturen ist verwischt, und der Umriß
erscheint dem Auge verschwommen.
Die zweite Gruppe der Grabbauten stammt aus römischer Zeit, d. h. vom Ende des
ersten Jahrhunderts v. Chr. bis zum zweiten Jahrhundert n. Chr. Es sind dies die
Katakomben in Mex (Wardian), von Kom es-Shugafa sowie eine kürzlich an der
Tigrane-Pascha-Straße aufgedeckte Anlage. Von diesen drei Katakomben vermag der
im Jahre 1892 durch G. Botti entdeckte, in der Art eines Hypogäums aus dem Felsen
gehöhlte, mehrgeschossige Grabbau von Kom es-Shugafa den stärksten Eindruck
zu erwecken. Den zentralen Teil bildet hier ein runder Schacht, von dem aus ein
rechteckiger, einem Triclinium vergleichbarer Saal und eine Grabkapelle mit drei
Nischen zu erreichen sind; rund um diese Anlage sind weitere Räumlichkeiten an-
geordnet.
In der Ausstattung der Grabbauten mit Malereien und mit Reliefs wird der für
Alexandria in frührömischer Zeit typische hellenistisch-ägyptische Stil deutlich,
dessen eklektizistischer Charakter unverkennbar ist. So sind beispielsweise auf einem
Relief die Gestalten der ägyptischen Götter, die bei der Mumifizierung assistieren,
teilweise mit griechischen Gewändern und teilweise mit römischen Rüstungen
bekleidet. Neben girlandengeschmückten Sarkophagen mit griechischen Masken
und solchen mit Konchen in den Nischen, die für die Architektur der östlichen
Gebiete des römischen Imperiums charakteristisch sind, treten hier ägyptische
Schlangenfriese sowie andere, für die Ausgestaltung ägyptischer Tempel und Gräber
typische Dekorationselemente gleichzeitig auf.
Als Kenner der alexandrinischen Kunst und Forscher an den bisher erwähnten
14
Bis vor kurzem zählten, außer der Pompeiussäule, den unterirdischen Räumen des
Serapeums sowie einigen Partien von öffentlichen Bauten - wie beispielsweise einem
Teil der bei verschiedenen Ausgrabungen freigelegten spätrömischen Kolonnaden
an der Nabi-Daniel-Straße allein die Reste einiger Friedhöfe zu den zugänglichen
Denkmälern aus der antiken Zeit der Stadt. Zu den ältesten, noch aus hellenistischer
Zeit stammenden Nekropolen gehören die Anlagen von Shatby, Sidi Gaber, Mustafa
Pascha und Anfushy, die alle in den modernen Stadtteilen aufgefunden wurden.
Im Grundriß kommen sie den damaligen Wohnhäusern nahe: Häufig liegen sie um
einen säulenumgebenen Hof, dem Peristyl, und sind durch seitliche Räumlichkeiten
erweitert. Ihren Schmuck bilden Malereien des entwickelten Inkrustationsstils, der
für hellenistische und frühpompejanische Häuser typisch ist. Die reichste Ausstattung
wiesen die im Stadtteil Hadra aufgefundenen Grabbauten auf, doch wurde diese
Nekropole als Denkmal nicht gesichert; heute werden die dort gefundenen Gegen-
stände im Griechisch-Römischen Museum in Alexandria aufbewahrt. Aus den ge-
nannten Nekropolen sowie durch zufällige Funde in anderen Stadtteilen kamen
verschiedene Mosaiken, Gefäße, Terrakotten und insbesonders Bildwerke zutage,
die zwar meistens in fragmentarischem Zustand erhalten sind, aber dennoch wichtige
Zeugnisse für den künstlerischen Stil des hellenistischen Alexandria darstellen. Die
Bildwerke zeichnen sich durch eine zarte Modellierung der Oberfläche sowie das
sogenannte Sfumato aus: die Schärfe der Konturen ist verwischt, und der Umriß
erscheint dem Auge verschwommen.
Die zweite Gruppe der Grabbauten stammt aus römischer Zeit, d. h. vom Ende des
ersten Jahrhunderts v. Chr. bis zum zweiten Jahrhundert n. Chr. Es sind dies die
Katakomben in Mex (Wardian), von Kom es-Shugafa sowie eine kürzlich an der
Tigrane-Pascha-Straße aufgedeckte Anlage. Von diesen drei Katakomben vermag der
im Jahre 1892 durch G. Botti entdeckte, in der Art eines Hypogäums aus dem Felsen
gehöhlte, mehrgeschossige Grabbau von Kom es-Shugafa den stärksten Eindruck
zu erwecken. Den zentralen Teil bildet hier ein runder Schacht, von dem aus ein
rechteckiger, einem Triclinium vergleichbarer Saal und eine Grabkapelle mit drei
Nischen zu erreichen sind; rund um diese Anlage sind weitere Räumlichkeiten an-
geordnet.
In der Ausstattung der Grabbauten mit Malereien und mit Reliefs wird der für
Alexandria in frührömischer Zeit typische hellenistisch-ägyptische Stil deutlich,
dessen eklektizistischer Charakter unverkennbar ist. So sind beispielsweise auf einem
Relief die Gestalten der ägyptischen Götter, die bei der Mumifizierung assistieren,
teilweise mit griechischen Gewändern und teilweise mit römischen Rüstungen
bekleidet. Neben girlandengeschmückten Sarkophagen mit griechischen Masken
und solchen mit Konchen in den Nischen, die für die Architektur der östlichen
Gebiete des römischen Imperiums charakteristisch sind, treten hier ägyptische
Schlangenfriese sowie andere, für die Ausgestaltung ägyptischer Tempel und Gräber
typische Dekorationselemente gleichzeitig auf.
Als Kenner der alexandrinischen Kunst und Forscher an den bisher erwähnten
14