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Millin, Aubin L.; Parthey, Gustav [Editor]
A. L. Millin's Mythologische Gallerie: eine Sammlung von mehr als 750 antiken Denkmälern, Statuen, geschnittenen Steinen, Münzen und Gemälden, zur Erläuterung der Mythologie, der Symbolik und Kunstgeschichte der Alten ; sorgfältig übersetzt und mit den 190 Original-Kupferblättern der französischen Ausgabe begleitet (Band 1): Text — Berlin, Stettin, 1848

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.7991#0163
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158

EnföfiMüifö!

zuerst auf einem Reine habe ruhen lassen, und Py-
Ihagoras aus Pvhegium die Haare und Adern mit grö-
fserer Naturlreue angedeutet.

Bei der Bekleidung der Figuren erhielt sich lange
Zeit, von der steifen Haltung der alten Tcmpclbilder
ausgehend, eine sehr regelmäfsige Bildung der Fallen,
die nicht ohne Zierlichkeit in geraden Linien geordnet
wurden. Beispiele davon in den Gütterbildungen 20 bis
31, vi bis viu. In sehr später Zeit suchte man den Ver-
fall der Kunst dadurch aufzuhalten, dafs man zu diesen
Aeul'serlichkciten der alten Denkmale zurückkehrte; 55
bis 58, xvi bis xvn.

Die älteren Künstler hatten sich damit begnügt, durch
eine möglichst treue Nachahmung der Natur ihren Wer-
ken Wahrheit und Leben zu verleihen; der Zeit des
Phidias war es vorbehalten, durch eine geistige Auffas-
sung der gegebenen Naturformen (das sogenannte Ideal)
die Kunst auf ihren Gipfel zu erheben. Nicht als ob
diese reichbegablen Künstler die Natur verlassen, und
dadurch etwas Übermenschliches hervorgebracht hätten,
sie sonderten nur in der menschlichen Gestalt das Zu-
fällige vom Wesentlichen, und stellten diejenigen Kunst-
formen fest, welche dem glücklichgebildeten Geschlcchte
der Hellenen bei der Darstellung ihrer Götter und He-
roen,' als die ächten, dem Volkscharakter am meisten zu-
sagenden erschienen.

Für'die'ideellen Forderungen der Kunst wurde also
hier das Höchste erreicht, indem Phidias' grofser Geist
den ihm vorliegenden Stoff auf das innigste durchdrang
und belebte; aber auch den materiellen Forderungen,
dem Ansprüche an höchste Korrektheit der Zeichnung
und vollendete Uebereinstiimnung der einzelnen Theile
der menschlichen Gestalt, wurde durch den Kanon des
Polyklet Genüge geleistet: Praxiteles undApelles
schmückten den durch Phidias erstiegenen Gipfel der
Kunst mit den reichsten Kränzen der Anmuth und Zier
 
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