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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0028
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22

Er kehrte daher mit größtmöglicher Eile in sein Reich zurück. Karl aber erhielt den Thron
seines Reiches nach dem Wegzug Ludwigs wieder zurück, ohne daß ihm einer entgegen-
getreten wäre und ohne jegliche Schwierigkeit..."

Es ist also sicher, daß Ludwig in Westfranken nach der Vertreibung seines Bruders,
im Jahre 858, kurze Zeit regierte. Keinesfalls erscheint es nun verwunderlich, daß jene
Epoche anderswo, — außer in unserer Lorscher Urkunde, in diesem seinem neuen König-
reich zu Attigny ausgestellt — nicht weiter rühmlich erwähnt wurde. Wir können somit
erkennen, daß die Urkunde, welche eine Teilfälschung zu sein schien, tatsächlich echt
und wegen ihrer Seltenheit sogar wertvoll ist: ein lehrreiches Beispiel dafür, wie vor-
sichtig man in der Diplomatik urteilen soll.

Der festgestellte Zeitpunkt des Regierungsantrittes im Jahre 833 stimmt genau oder
wenigstens annähernd auch in der 7. und 8. Lorscher Urkunde desselben Ludwig, ausge-
stellt in Frankfurt und Worms (Nrn. 36 und 37). Zu untersuchen bleibt dann noch die
9. Urkunde (Nr. 38), die allerletzte28). Nachdem sie von Freher und Helwich schon ver-
öffentlicht war, wurde sie von Johannes Heumann (über das Urkundenwesen der deut-
schen Kaiser und Könige, Band 2, Seite 215) in gleicher Weise wie von uns wegen der
7. Indiktion in das Inkarnationsjahr 874 versetzt. Im Gegensatz zur üblichen Berech-
nungsformel27) hat jedoch Mabillon (Annalen des Ordens vom Hl. Benedikt, Band 3,
§ 56, Seite 185), der Vater der Urkundenlehre, die Königsjahre Ludwigs in Ostfranken
mit 37 festgelegt28). Durch diese Annahme wird entweder die Indiktion verändert oder
der Regierungsantritt später2") angesetzt. Der von Tenzel (Geschichtswerk, Seite 112)
festgelegte Zeitpunkt vom Jahre 837 würde stimmen, da ja bekanntlich in diesem Jahre,
wie man überall nachlesen kann, der Vater Ludwig seine Länder unter seine Söhne zu
Aachen verteilt hat30). Und so wäre das die einzige unter unseren neun Lorscher Urkunden
Ludwigs des Deutschen, die von der Regel abweicht.

Wie beständig auch immer Ludwig, wie wir dargelegt haben, in der Zeitbestimmung
seiner Herrschaft war — unsere Lorscher Mönche begannen eine fast völlig verschiedene
Art der Berechnung. Den Anfang seiner Regierung verlegten sie erst in das Jahr 840.
Wir glauben, daß dies aus Ehrfurcht vor dem kaiserlichen Vater, Ludwig dem Frommen,
vor seiner Gottesfurcht und seiner Freigebigkeit gegen die Mönche geschah. Denn es steht
nun einmal fest, daß der Sohn ein so großes Königreich für sich nur durch den Vater
erhalten konnte. Die Schenkung des Grafen Werinhar im Jahre 846 nach der Fleisch-
werdung des Herrn erfolgte im 6. Jahre der Regierung des Königs Ludwig (Nr. 27) und
es sind viele Schenkungen fast nach der gleichen Berechnung angeführt (Siehe Nrn. 262,
265, 381 usw. — Bei dieser Gelegenheit sei aber der Leser auf einen Fehler in Urkunde
Nr. 265 — 814 statt 845 — aufmerksam gemacht.)31). Hierdurch wird unsere These

27) 833 bis 876 = 43 Regierungsjahre; 833 + 43 = 876.

2S) 20. Juni 840 bis 28. August 876 = 37 angefangene Jahre.

2») Auf das Jahr 840.

30) 4. Reichsteilung.

31) irrtümlich: 814; richtig: 845.
814 = DCCCXIV

845 = DCCCXLV-

Der Abschreibefehler ist also durch Übersehen eines Querstriches entstanden.
 
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