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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0081
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Lorsch, welches zu Ehren des heiligen Märtyrers Nazarius errichtet ist, in dem der hoch-
geschätzte Leib des Märtyrers ruht, unserer Majestät eine Vollmacht unseres vorgenannten
Herrn und Vaters, des Kaisers Karl, vorgelegt hat. Diese besagt, daß er den Mönchen
jenes Klosters nicht nur die Erlaubnis gegeben habe, ein Streichwehr für den Fischfang im
Orte Godenaugia (Godenau, Rheinau zwischen Mannheim und Sandhofen) im Gebiete
Hostat (Hochstadt — Wüstung nördlich Mannheim) anzulegen, sondern durch jene Voll-
macht auch bestätigt habe, daß jenes Streichwehr auf ewige Zeiten Eigentum der Mönche
bleiben solle. Bei jenem Dorfe liegt ein wenig ertragreicher Wald (mit wenig schlagbarem
Holz), den die Mönche zur Erstellung des Streichwehres nach Bedarf lichten und auch
eine bequeme Fahrstraße in die Gemarkung bei Firnheim (Viernheim südi.Lorsch) anlegen
durften, welche aus dem Ladengau bis zur Weschnitz und dann über Brücken, welche die
Mönche ebenfalls schlagen durften, über die Weschnitz und die umliegenden Seen führt.
Um dieser Erlaubnis Dauer zu geben, bat uns jener Abt Adalung, daß wir jener väter-
lichen Vollmacht auch die unsere beifügen möchten. Aus Verehrung für jene heilige Stätte
und zu unserem Seelenheile hat es uns beliebt, dieser Bitte zuzustimmen und der Bestäti-
gung halber diese Vollmacht zu geben, kraft welcher wir wünschen und beschließen, daß
das in Rede stehende Streichwehr Eigentum der Mönche bleiben soll. Sie dürfen auch
weiterhin in jenem dürftigen Waldbestand Bäume fällen, um das Streichwehr zu unter-
halten, auf der Fahrstraße mit Fuhrwerk ab- und zufahren und die Brücken benutzen.
Obengenannter Abt Adalung und seine Nachkommen oder die Ordensgemeinschaft jenes
Ortes sollen als Almosen von uns durch diese unsere Vollmacht alle diese Befugnisse haben,
die als ewiges Recht in der Gerechtsame des Klosters verbleiben sollen, so wie unser Herr
und Vater sie durch seinen Erlaß bekräftigt hat, das soll heißen, sie sollen in allem, was
auch immer sie zum Nutzen und Vorteil ihres Klosters unternehmen wollen, nach ihrem
freien Ermessen handeln. Zur Bekräftigung dieser Urkunde und damit sie in künftiger
Zeit unverletzlich Bestand behalte, haben wir sie unten mit eigener Hand bestätigt und
durch den Abdruck unseres Ringes siegeln lassen. Monogramm des gnädigsten Kaisers
Luwig. Ich, Helisachar, habe gegengezeichnet. Gegeben am 5. März (815). Durch die Gnade
Christi im zweiten Jahre der Kaiserherrschaft des erhabenen und gütigsten Herrn Ludwig.
In der achten Indiktion. Geschehen in der Königspfalz zu Aachen. Möge im Namen
Gottes alles zum Guten gewendet werden. Amen.

VERMERK 19
Über Michelstadt

Nun wollen wir erzählen, wie die Zelle Michelstadt unter diesem frommen Fürsten
(Kaiser Ludwig I.) durch den verehrungswürdigen Einhard an das Kloster Lorsch kam,
so, wie unsere Vorfahren es uns überliefert haben. Diese Episode ist bemerkenswert und
bewunderungswürdig, zeigt sie uns doch an einem anschaulichen Beispiel die Größe der
Persönlichkeit des verewigten Kaisers (Karl d. Gr.), seine Milde gegen Untergebene, seine
Freigebigkeit gegenüber seinen Getreuen. Unser Einhard, Erzkanzler und Geheimschreiber
des Kaisers Karl, diente in löblicher Weise am königlichen Hofe. Er wurde von allen
geliebt, am meisten aber von des Kaisers Tochter Imma, der Verlobten des griechischen
Königs. Im Laufe der Zeit wurde durch ihr tägliches Zusammensein ihre gegenseitige
Liebe immer inniger. Die Furcht vor der kaiserlichen Ungnade aber machte sie ängstlich,
 
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