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Bibliotheca Hertziana [Editor]; Bruhns, Leo [Honoree]; Wolff Metternich, Franz [Honoree]; Schudt, Ludwig [Honoree]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0491
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Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und ihre Freunde im Park der Villa d’Este in Tivoli

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selbst schrieb an Goethe: „Zu der Angelica gehe ich soviel wie ich kan; und sie zu mir; sie ist eine gar
herzliebe Frau. ’4 Die Zuneigung der Fürstin zu der berühmten Malerin hielt noch lange an, wie wir aus
dem Briefwechsel der beiden Frauen ersehen können. Im Winter des Jahres 1788 malte Angelika Kauff-
mann von Anna Amalia ein „Idealbild“, ein lebensgroßes Porträt in griechischem Gewand; die Fürstin
hält ihre Hand auf Herders Buch „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“, im Hinter-
grund sieht man die Ruinen des Colosseums5. „Bey der Angelica habe ich schon zwey mahl gesessen es
wird ein sehr schönes Tableau wo ich mit prangen kan . . .“, berichtete Anna Amalia darüber Goethe6.
So ist es nicht verwunderlich, daß Angelika Kauffmann und die Herzogin sehr oft zusammen kamen,
wovon Luise von Göchhausen Christoph Martin Wieland unterrichtete: „Unsere Angelica sehe ich fast
täglich . . ., ohnedem ist sie abends, wenn wir zu Hause sind, meist bey uns . . .“7
Neben dem jungen Archäologen und Kunsthistoriker Aloys Ludwig Hirt durfte sich der Hofrat Johann
Friedrich Reiffenstein (1719-1793) rühmen, Begleiter und künstlerischer Berater der Herzogin zu sein.
Aus den Berichten der Herzogin und besonders aus einem Brief der Luise von Göchhausen an Goethe
erfahren wir von der Bekanntschaft der Herzogin mit dem Hofrat: „. . . Den Abend waren wir bey der
Angelica, die sich fleißig zu uns hällt. Bey diesen allen ist der alte Reifenstein ein gar lieber und lehrreicher
Gesellschafter, er wird ordentlich wieder jung und will die Herzogin gar nicht aus den Augen lassen, sie
mags anstellen, wie sie will. Gewöhnlich kommt erVormittags und bleibt bis Abends beynahe 10 Uhr . . .
Von Künstlern hat Bury, Schütz und Verschaffelt Zutritt, die anderen dürfen auch erscheinen, aber nicht
so offt . . ,“8
Johann Friedrich Reiffenstein, ein aus Ragnit an der Memel stammender Jurist, der seit dem Jahre 1764
dauernd in Rom weilte, wohnte ab 1767 im Erdgeschoß des Palazzo Zuccari9. Goethe hat „das große alte
Küchengewölbe im Reiffensteinischen Quartier“ im Palazzo Zuccari betreten, um hier Reiffensteins
berühmtes Laboratorium für allerlei Abguß- und Kopierkünste zu besichtigen und Tonabdrücke zu
machen. Der sächsische und russische Hofrat war nach dem Tode Winckelmanns, mit dem ihn eine enge
Freundschaft verbunden hatte, der gelehrte römische Fremdenführer geworden. Der finanziell unab-
hängige Junggeselle stand mit fast allen europäischen Höfen und Regierungen in Verbindung. Als die
Malerin Angelika Kauffmann sich mit ihrem Mann, dem Maler Antonio Zucchi, mit dem sie in zweiter
Ehe seit 1781 verheiratet war, in der dem Palazzo Zuccari gegenüberliegenden ehemaligen Wohnung
von Raphael Mengs einrichtete, erneuerte Reiffenstein die mit ihr in Florenz begründete Freundschaft,
und der Monte Pincio wurde „wenigstens für die reisenden Deutschen zum Thron aller archäologischen
Weisheit“ (Körte).
Die jungen deutschen Künstler, die durch Goethe der Herzogin empfohlen waren, Friedrich Bury aus
Hanau, Johann Georg Schütz aus Frankfurt und Maximilian von Verschaffelt aus Mannheim, empfanden
es als eine hohe Gunst, von der angesehenen Fürstin in ihrem Heim empfangen zu werden; eine große
Ehre war es auch für sie, gelegentlich zu Ausflügen in die Umgebung von Rom mitgenommen zu werden.
Aus dem Umgang mit der Fürstin entsprang natürlich manch lohnender Auftrag. Über Maximilian
von Verschaffelt (1754-1818), den Sohn des Mannheimer Akademiedirektors Peter Anton von Ver-
schaffelt, erzählt Einsiedel in einem Brief an Goethe: „. . . Die Herzogin hat für den künftigen Auf-
4 Zur Nachgeschichte der Italienischen Reise, Goethes Briefwechsel mit Freunden und Kunstgenossen in Italien 1788-1790, hrsg.
von Otto Harnack, Weimar 1890, S. 96 Nr. 40; Brief vom 5. November 1788.
5 Abbildung bei Wilhelm Bode, Ein Lebensabend . . ., a. a. o„ S. 8; aufbewahrt im Goethe-National-Museum in Weimar. Auch
Johann Heinrich Wilhelm Tischbein malte 1789 die Herzogin vor einem antiken Hintergrund. Sein Bild entstand vor den Ruinen
von Pompeji. Abbildung bei Franz Neubert, Goethe und sein Kreis, Leipzig 1919, S. 109; aufbewahrt im Goethe-National-
Museum in Weimar.
6 Otto Harnack, Zur Nachgeschichte der Italienischen Reise, a. a. O., S. 106 Nr. 44, Brief vom 29. November 1788.
7 Die Göchhausen, Briefe einer Hofdame aus dem klassischen Weimar, hrsg. von Werner Deetjen, Berlin 1923; S. 91 Nr. 38,
Brief vom 17. April 1789. Für Wielands 1780 erschienenen „Oberon“ fertigte Angelika Kauffmann Illustrationen.
8 W. Deetjen, Die Göchhausen, a. a. O., S. 70 Nr. 32, Brief vom 1. November 1788.
9 Auf Reiffensteins Leben und seine Bedeutung innerhalb der römisch-deutschen Gesellschaft geht Friedrich Noack im Goethe-
Jahrbuch 1909, XXX. Bd„ S. 131 ff. in dem Aufsatz: Hofrat J. F. Reiffenstein, aus Goethes römischem Kreise, ausführlich ein.
Siehe auch bei: Werner Körte, Der Palazzo Zuccari in Rom, sein Freskenschmuck und seine Geschichte, Leipzig 1935, S. 54f.;
Friedrich Noack, Das Deutsche Rom, Rom 1912, S. 92ff.; und Otto Harnack, Deutsches Künstlerleben in Rom im Zeitalter der
Klassik, Ein Beitrag zur Kulturgeschichte, Weimar 1896, S. 31,
 
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