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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Einleitung.
Vorbemerkungen.
Im Zeitalter des weltweit gespannten Verkehrs und der imperialistisch gesinnten Politik ist
die Altertumskunde zum tiefen Genuß des Eindrucks gekommen, den die Riesenreiche, wie sie
von Alexander dem Großen bis zum Untergang der Römischen Herrlichkeit sich abgelöst haben,
hinterlassen. Und vom Internationalismus unserer Tage beeinflußt, hat die gelehrte Arbeit als
ihre Aufgabe erkannt, festzustellen, wie tief und weit Inhalte und Formen der in langem, reichen
Sonderleben ausgereiften Kulturkomplexe sich vereint und verändert, wieviel die einzelnen Völ-
kerkreise, gebend und nehmend, zur ausgleichenden Zivilisation beigetragen haben; wie schließ-
lich dieses neue Formensystem im stillen Wirken der Länder, Völker und Zeiten wieder zerfallen ist.
Die politisch-militärische Übermacht der Griechen ist in die einschlafende Welt des Orients
eingedrungen. Ist diese daran zugrunde gegangen? Die chaotischen Massen orientalischer Kul-
turen hat die neue Herrin mit ihrem starken Willen zum organischen Gestalten, der klaren Kraft
ihrer naturhaften Formen zu meistern versucht. Weithin schimmerte der Abglanz dieses ersten
Siegs europäischer Zivilisation. Aber ist die fremde Welt unter dem modernen Putz eine andere
geworden? Von den Kulturträgern selbst heißt es einmal: in Parthos, Syros, Aegyptios
degeneravere.
Die internationale Kultur des Hellenismus ist dank der Forschung der letzten Jahrzehnte
klarer als früher erkannt. Aber die durch örtlichen Zwang im Kampf mit kulturkräftigen Gruppen
oft energisch veränderten intranationalen Einheiten werden viel langsamer erfaßt, weil die Quellen
viel zu ungleich fließen.
Mehr als alle anderen Provinzen hellenistischer Zivilisation hat Ägypten bewahrt. Dort
haben die Papyri ermöglicht, ein Bild vom öffentlichen Leben des Ganzen und der Teile zu skizzieren.
Aber von den persönlichen Interessen und Bedürfnissen der einzelnen berichten auch sie nicht viel;
nur ab und an erfahren wir etwas von ihrer Umwelt, ihren Nöten und Freuden, ihren Gewohnheiten,
ihrem Geschmack. Da scheint es gerecht, zu verlangen, daß über die Papyrologie hinaus alle Reste
der Kultur in den Kreis der Betrachtung gezogen, nach ihrer Bedeutung befragt werden; trotz-
dem die archäologische Erforschung des Landes in dieser letzten Epoche seiner Geschichte noch
sehr im Argen liegt und die Monumente oft genug dilettantischer Willkür preisgegeben sind. Syste-
matische Grabungen sind seltene Ausnahmen, fast nie zu rein archäologischen Zwecken unter-
nommen; die meisten der vorhandenen Denkmäler sind nur durch Raubgrabungen ausgebeutet.
Wo die große Zahl der Ruinenstätten und der noch zu erwartenden Denkmäler doch zusammen-
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Weber, Terrakotten.
 
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