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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Material. Farben.

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Gründen um beträchtliches auseinander liegen16). Sind wir deswegen auch nicht der Ansicht, daß
bei sicheren Fällen der Herkunftsort und die Fabrik identisch sind, so scheint es uns doch auch
sehr gewagt, jetzt schon bei der Zufälligkeit der Erhaltung und der Unsicherheit unseres Wissens
aus solch unzuverlässigen Indizien weitreichende Schlüsse zu ziehen17).

Farben.
Zum Material, das die Töpfer verwerteten, müssen die Farben gerechnet werden. Polychromie
in einheitlichen Deckfarben, die auf Licht- und Schattenstufen keine Rücksicht nehmen, hatte
die griechische Töpferkunst gepflegt; auch die ägyptische Kunst hatte in lichten und glühenden
Farben geschwelgt. Gewohnheit von beiden, mehr freilich der letzteren, war es, im Stilgebilde
nicht allzu getreu, aber recht konstant, die vegetabilische Natur wiederzugeben; so finden wir auch
hier blaue und rote Blätter1). Aber wir beobachten auf dieser Grundlage einigermaßen konsequent
durchgeführte Bemalung an Menschen und Tieren, wobei wir ausschließlich schwarz für die Haare
und Augen, rosa für die Fleischfarbe (freilich zumeist beider Geschlechter) begegnen; schwarz
findet sich auch für ausgesparte Stellen, etwa den Grund zwischen den Beinen von Stehenden oder
die Lücken, den „Raum", zwischen den Figuren. Ausgezeichnet erhaltene Stücke haben die ganze
Wirkung der oft achtlos ineinander geflossenen, schroff und unabgestuft nebeneinandergesetzten,
oft sich schlagenden Farben bewahrt2). — Im flutenden Licht der Landschaft lebt seit alter Zeit
die flirrende Pracht solcher Farben; in den großen Verhältnissen der Architektur und der ihr unter,
geordneten Künste, wirkt sie lusterregend und festlich. Das an ihnen, wie an den schreienden
Farben des Lebens gesättigte Auge will die Buntheit darum nicht entbehren; so überträgt der
Töpfer sie auch fast mechanisch auf die kleinen Figuren. Wie er dabei die Reliefform verhüllte,
davon soll gleich weiter die Rede sein.
Auch hier hat es natürlich wieder viele Ausnahmen gegeben. Einige Töpfer halten, einer
gewissen internationalen modischen Richtung entsprechend, die Figürchen lieber in einer Unifarbe,
die an die Vorbilder erinnern soll, wie etwa der kupfrige Firniston an frischglänzende Bronze3),
der leuchtend gelbe an das edle Gold4); während andere um ihrer selbst willen buntfarbig
erscheinen5).

16) Beispiele: 30, 31, 31a, dann 33 und 34, mit den mir bekannten genauen Parallelen sind alle im Ton verschieden (nicht
nur die Farbe, auch das Material selbst), trotzdem sie ähnlich wie 13, 14 eines Ursprungs sind; vgl. auch 79, 80 (als Parallele
S. 71, Abb. 42); 90, 91, 92; 109—112, die zwar nicht selbst aus einer Form stammen, aber doch in den gleichen Kreis ge-
hören; 162, 163 bes. charakteristisch; dann 173, 174, mit Parallelen (S. 119, Anm. 3). — Für die Umkehrung (gleiche
Wirkung bei ganz verschiedener Mache) können viele Beispiele erbracht werden.
17) Das erfordert, wie gesagt, die corpusartige Durcharbeitung, die nur Wert legt auf die Rekonstruktion der Fabriken
und der Chronologie.
!) Die ägypt. Gestalten auf dem Leichentuch des Dion, Berlin 13277, tragen z. B. hellblaue Haare. Brugsch, Ägyptologie 329,
gibt Texte, aus denen die besondere Beziehung zwischen Göttern und Farben hervorgeht und besondere Vorschriften existiert
haben müssen, Kultsymbole zu bemalen, vgl. Macrobius I, 19. — Gelbe und rosa Kränze sind zu verstehen als Immortellen,
Rosen und Lotosblüten.

2) Z. B. 153, 168, vor allem 200, 201, 202, 203, 231, 242, 300, 371, 431, 462, 478. Daß auch ägyptische Terrakotten bunt
bemalt waren, zeigt 198. Aber man 'wird vom „Stil" beherrscht und gibt doch die Warzen der Frauenbrüste durchscheinend
und aufdringlich, die Phallosspitze dunkelrot usw.

3) 10, 17, 18, 45, 58, 141, 212, 333, 401, 402. Auch: 8, 9, 11, 12. Andere schwarz: z. B. 263; schwarzbraun: 282.

4) Zur gelben Fabrik s. oben S. 6, Anm. 10, unten S. 207. Vergoldete Terrakotten aus der Schatby-Nekropole von
Alexandrien erwähnt v. Zucker, Arch. Anz. 1909, 188. Spuren von Vergoldung bei unserer 218. Andere Fragmente in Slg.
v. Bissing. Das kommt auch bei handwerksmäßigen Großreliefs ägyptischen Stils der röm. Zeit vor; s. S. 10, Anm. 12 Ende.

5) Vielleicht ehedem 312a? Öfter kommen derartige Reliefgefäßfragmente vor.
 
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