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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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8

Einleitung.

Zumeist sind die Farben verschwunden. Es ist darum vorläufig noch schwierig, zu entscheiden,
ob in bestimmten Kreisen und Zeiten bestimmte Farben, Farbenzusammenstellungen und Muster
besonders beliebt waren, oder alle zu allen Zeiten galten. Denn auch dieser Gesichtspunkt scheint
mir sehr der Beachtung wert 6).
Arbeit.
Über die Herstellung der Figuren müssen ein paar Worte gesagt werden. Wie wir früher
konstatierten (S. 5 f), war das Verhältnis der Handwerker zum Ton prinzipiell verschieden.
So bleibt zunächst der Hinweis, daß beiden Völkern in gleicher Weise das Verfahren bekannt war,
Figuren aus fertigen Formen herzustellen. Denn genau wie der Grieche1) seine Tonbilder,
schuf der Ägypter z. B. figürliche Fayencefläschchen aus einer mehrteiligen Matrize; die ge-
wonnenen Stücke hatten dann auch seitlich eine Naht2). Aber auf den gereinigten, veredelten
Ton scheint der Ägypter diese Technik nicht übertragen zu haben; jedenfalls hat er, soweit wir
wissen, sie nie in dem Umfang und Maße in vorgriechischer Zeit geübt, wie der Grieche seit
langem es tat, wie seit dem Hellenismus in Ägypten (oder besser seit der Blüte von Naukratis,
S. 3, Anm. 2, in dieser griechischen Stadt Ägyptens) es fast allein üblich ward. Die Gewohnheit des
Ägypters, den Ton massiv und aus der Hand zu formen, hat, wie einzelne Beispiele lehren, nur in
seinen Kreisen sich erhalten; sie ist wieder herrschend geworden in der koptischen Töpferei, die
das griechische Prinzip als überwundenes abgelehnt haben muß. Die Gruppen lassen sich jedoch
nicht ganz so rigoros nach extremen Standpunkten trennen. Vermittler gabs immer. So be-
gegnet wohl die Verwendung der Form auch in nichtgriechischen Kreisen (139, 150, 198); aber,
bezeichnend genug fehlt bei ihnen die Auflockerung der Tonmasse vollständig (S. 5)3). Anderer-
seits haben natürlich — wie seit alter Zeit — auch die Griechen handgeformte Stücke gearbeitet;
je nach der Geschicklichkeit des Töpfers sind sie qualitativ ganz verschieden geworden; (man vgl.
die kecke Alte 355, den fröhlichen Burschen 327, etwa mit 184, 233, 239, 343, 399. Man setzt
da Teil an Teil und sucht Rundheit, freie Körperlichkeit zu erzielen). Bei der großen Masse schließ-
lich dominiert das griechische Prinzip sieghaft durch die Jahrhunderte, solange die "EU^veg da waren;
dem tut es gar keinen Eintrag, wenn jede nachfolgende Generation gleichgültiger gegen die strengen
Forderungen des Prinzips wurde und das, was sie leistete, zuletzt nicht weniger roh tat als die Gegner.
Denn als man soweit war, war auch das kaufende Volk gleichgültig gegen die Figürchen geworden.

6) Lucian, Lexiphan. 22, sagt, schlechte Rhetorenrede sei wie die rot und blau angetünchten Puppen des Ko^o^adog.
Das wegwerfende Urteil zeigt höchstens, daß, wie heute die Wertschätzung buntfarbiger Volkskunst durch unsere „ästheti-
schen" Stimmungsmenschen schwankt, der exklusive Lukian gerade diese verachtete. Bezeichnend ist, daß die Handwerker
zäh an ihren Gewohnheiten festhalten; das lehren auch die bunten, dekorativen Mumiensarkophage. Sie stehen also unter
sie bezwingenden Einflüssen. — Es muß hier noch auf den Unterschied in der Farbenskala hingewiesen werden zwischen all
dieser Handwerkskunst (die bei allem naturalistischen Bemühen dekorativ bleibt) und den Schöpfungen der Mumien-
porträtmaler. Diese kennen (entsprechend der Großkunst, somit abhängig von ihr) Mischungen, Abtönungen; verzichten
auf sich schlagende Farben; arbeiten also bewußt auf lusterregende, zugleich beruhigende Wirkung hin. Wie jede Volks-
kunst setzen die anderen an meist klaren Grenzen satte, leuchtende, einander verschiebende und stark kontrastierende
Farben nebeneinander, um den Eindruck stark reizender Buntheit zu erzeugen: ihre Wirkung auf den Farbensinn des natür-
lichen Menschen ist sicher, wie bei jeder Volkskunst. -— Beide Richtungen sind abhängig, jene offenbar von der entwickelten
griechischen Großmalerei, diese von uralter, in gleichen Bahnen sich bewegender Tradition, dem Geschmack der breiten Masse.
— Wie diese Gegensätze neue Verbindungen eingehen, kann noch kaum entschieden werden.
i) Über die griechische Arbeitsweise der guten Zeit s. Walters, Hist, of pott. I, 113.
2) Formen zu Fayencen, Ausführl. Verz.2 213. Figuren der Spätzeit häufig.
3) Ein gutes Beispiel des Übergangs vom einen zum andern Prinzip gibt Taf. 23, wo 230 noch „griechisch", 231, 232,
233, erstarrt, 236 noch hohl, 239, die gleiche Dame, ein ausgeschnittener Tonfladen ist.
 
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