Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/mitt_aegslg1914_text/0030

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
16

Einleitung.

und neben den Göttern die Menschen und Tiere als Nippes im Haus, die Obscöna an ihre Stelle uns
denken3), so bleibt natürlich immer noch die Möglichkeit, einzelne von ihnen als Grabbeigaben,
als schützende Amulette gegen böse Dämonen zu deuten. So sind ja einzelne gefunden worden
(S. 4); aber aus der Menge von zuverlässig bekannt gewordenen Gräbern sind doch verschwin-
dend wenige herausgekommen. Nehmen wir noch einzelne als Votivgaben der kleinen Leute
an die Tempel, so werden alle Möglichkeiten der Verwendung erschöpft sein.
Chronologie.
Auf Grund all der vorausliegenden Betrachtungen soll zum Schluß eine ungefähre Chronologie
skizziert werden. Indem wir uns dazu entschließen, weisen wir noch darauf hin, daß unter Um-
ständen große Schwierigkeiten entstehen, wenn wir den Gedanken durchführen, daß zwischen
Originalen und Imitationen (vgl. 358, 359) nicht zeitliche, sondern z. B. örtliche, manuelle Diffe-
renzen bestehen können (oben S. 6); dann, daß Stilwandel allein Metamorphose, nicht Rückschritt
ist. Hält man daran fest, so ergibt sich leicht, daß im Zeitraum von 700 Jahren die gleichen Motive
in der einen Zeit schlechter, in der folgenden viel besser ausgeführt sein können. Das erschwert,
wie gesagt, positive Feststellungen ganz wesentlich.
Die äußere Begrenzung ist mit 300 v. Chr. und 400 n. Chr. gegeben. Wenige Stücke sind
älter, sowohl ägyptische1) als griechische2), vereinzelte Figuren jünger3) als diese obere und untere
Grenze. In die Zeit des frühen Hellenismus haben wir die Entstehung der ägyptisch-griechischen
Typen zu setzen; ungefähr in die mittlere Epoche des Hellenismus die „gelbe Fabrik" (S. 207), die
offenbar lange gearbeitet hat und deren Motive und Art so gefallen haben, daß sie kopiert worden
sind. Da eine der Kopien (359), des Tones und der Linienhaftigkeit der Form wegen, mit der großen
Masse zusammengehört, werden wir sie datieren können wie diese. (Jedoch ist das nicht ganz sicher,
s. oben). Die griechischen Stücke sind durch Parallelen und Stil genauer bestimmt (Anm. 2). Be-
sonders sorgfältige Stücke wie 144, 207, 325, 328, 355, 361, 403, 416, 4314) möchte man wie 4755)
in die Zeit des Hellenismus setzen. Aber es gibt dafür keinen durchschlagenden Beweis. Denn
eine einwandfreie, absolute Gesamtchronologie hat noch keine Ausgrabung gebracht.
Darum können auch die Feststellungen und die Chronologie Flinders Petries nur sehr vor-
sichtig übernommen werden. Begeht er schon den methodischen Fehler, daß er den Fund in einem
Hause von Memphis vor Neros Regierungsantritt datiert6), weil er zwar dabei einzelne Münzen aus
vorneronischer Zeit, aber aus den angeblich reichen Emissionen der neronischen und nachneroni-
schen Epoche nichts gefunden hat, anstatt zufrieden zu sein, daß er einen terminus post quem
überhaupt gewinnt, so sind andere Datierungen noch mehr zu beanstanden, weil diese Gruppen
fast ohne sichere Indizien auf die Jahrhunderte verteilt sind (s. Memphis I, II). Annehmbarer
scheint mir seine Datierung der Funde von Ehnäs; denn da gelingt es, von anderen Wegen her
im großen und ganzen das gleiche Resultat zu erreichen7). Durch eine große Entwicklungsreihe
3) Man erinnere sich, daß Quibbell solche Figürchen im ,,Liebeshaus“ von Sakkara gefunden hat (S. 71, Anm. 164).

1) 172, 198, vielleicht 350.

2) 284 (?), 353 (gewiß 5. Jahrh.), 354 (oder frühalexandrinisch?), 366 (dgl.).

3) s. oben S. 12.

4) Die Gründe sind an den verschiedenen Stellen angedeutet.

5) 475 ist späthellenistischer Import, s. zur Stelle.

6) Memphis III, 45 zu Pl. XL, vgl. aber IV, Taf. XV, wozu er eine Theodosiusmünze fand.

7) Das kann hier nicht ausführlich dargelegt werden.
 
Annotationen