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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Boot (Nr. 469). Rauchaltärchen und Anderes. 257

der Grund für eine derartige Auffassung zu finden, da zunächst weder feststeht, daß die Terra-
kotte in einem Grah gefunden ist, noch irgend sonst eine Beziehung zum Totenkult daran zu er-
kennen ist.
469. Boot. (Tafel 40.)
Berlin 8050. Nachbildung eines Bootes. Aufgebogener Bug mit rundem Knauf. Hintersteven
abgestumpft. Drei rechteckige, eingerahmte Luken am Hinterdeck; überhöhte Mitte mit geraden
Seitenwänden und flacher Decke, rechteckiges, niedriges Kajütenloch; Vorderdeck in Form einer
Viertelkugel, die aus Metall zu denken ist, mit ffachgewölbter Luke. Unterseite unbearbeitet.
Maß: L. 19,8 cm. — Herkunft: Aus Sakkara. — Material: Erdbrauner Ton, außen bis bister-
braun. — Erhaltung: Das Steuerende bestoßen. — Arbeit: Die Fuge am Bordrand entlang. Unter-
seite wohl freimodelliert. Die Luken nachträglich ausgeschnitten. — Literatur: Ausführl. Ver-
zeichnis2, S. 373. — Erwähnt: 256f., 1.
6. Rauchaltärchen und Anderes (Tafeln 41, 42).
Die zwei Altärchen, deren Becken durch den Gebrauch geschwärzt und die als Ganzes zweifel-
los dürftiger Ersatz für Bronzegeräte sind, wie wir sie in guten Exemplaren kennen1), gehören zu
einer in der letzten Zeit öfter behandelten Gattung, deren Ursprung im hellenistischen Ägypten
gesucht worden ist2).
Man hat sie Grabaltärchen genannt und in erster Linie mit dem Totenkult in Verbindung
gesetzt3). Dazu liegt kein Grund vor, da sie zum Kult schlechthin gehören4) und da wir sie von
Priestern in der Prozession getragen finden5). Gerade die kleinen, ihres zylindrischen Stammes
wegen handlichen Stücke fordern fast eine derartige Verwendung.
Man hat die „Hörner" oder „Zinken" zu deuten versucht und das Motiv als syrischen Ein-
schlag in die alexandrinische Formenwelt aufgefaßt6). Das ist m. E. ganz überflüssig, wenn man
sich nur die Entwicklung der Form klarlegt.
Die Zinken dienen als Einfassung auf der viereckigen Platte, dem „Tisch" mit dem zylindri-
schen Fuß; sie sind nichts Geschlossenes, nur ein Glied, das aus größeren Maßen und Formen dahin
verpflanzt ist. Denn sehen wir z. Β., wie das ganze Zinkenaltärchen selbst wieder übertragen, als
Handgriff eines Gerätes verkleinert verwandt wird7), oder denken wir daran, daß auch ein anderes
ursprünglich sinnvolles Motiv, der Flachbogen, als ornamentaler Altarabschluß begegnet8), so wird
diese Übertragung plausibel erscheinen. Wie dieser Flachbogen eine aus altägyptischen Vorstufen
abgeleitete Dachgiebelform ist, so entstammen unsere „Zinken" einer Dachbekrönung, die aus
pylonartigen Bauten, Türmen oder Häusern mit flachem Dach organisch aufwächst.

1) Edgar, Greek Bronzes pl. XV, 27 810—27814. Perdrizet, Coll. Fouquet pl. XL.

2) Schreiber, Alex. Toreutik 174. Altmann, Grabaltäre. Schreiber, Kom esch - Schukafa 213ff., Abb. 151; 241 ff.
G. Löscheke, Bonner Jahrb. 1909, 400. Perdrizet a. a. 0.18 m. Lit. Wigand, Thymiateria (Bonner Jahrb. 1912) 80. Wie
einzelne Typen,, etwa Schreiber, Fig. 151 c, fortleben in die kopt. Zeit, vgl. Strzygowski, Kopt. Kunst 8753/54.

3) Schreiber 1. c.

4) Βωμοί gestiftet in Ostia, I. Gr. XIV, 915.

5) Apuleius, met. XI, 10, secundus vestitu quidem similis sed manibus ambabus gerebat altaria [id est auxilia] quibus
nomen dedit proprium deae summatis auxiliaris providentia.

6) Schreiber, Schukafa (Sieglin-Exped. I) 241: vielleicht aus Syrien, jedenfalls orientalischen Ursprungs. Dort auch die
angebl. Geschichte dieses Zinkenaltars mit mehreren Beispielen, auf die ich verweise.

7) Hilton Price Coll. II, pl. IX, 4282.

8) Vgl. etwa Schreiber, Fig. 151 d und andere Beispiele in meinem „Hermestempel".
Weber, Terrakotten.

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