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Einleitung.
damit die Produktionskraft der Töpfer. Und doch steht zunächst eine große Einheit fest: das Ver-
hältnis des Töpfers zu seinem Material9). Denn jeder Töpfer dieser großen Gruppe mutet ihm
nur zu, was es leisten kann als leichte Ware; und je kunstfertiger und kunstgebildeter der Töpfer
ist, umso mehr beherrscht ihn der Gedanke, den die griechische Keramik, sein Vorbild, gelehrt hat,
daß, je weniger erdhaft, je feiner, zäher der Stoff ist, mit um so größerem Gewinn das zierlich-duftige
des gewollten Motivs erreicht wird10). In der Stadt sind die Ansprüche andere als auf dem Land,
und wir dürfen vom Töpfer im hintersten Winkel des Faijum nicht verlangen, was der Memphite
oder Alexandriner aus seinem Ton zu machen imstande ist"). So finden wir vom ganz reinen
Ton bis zur gröbsten Erdschlacke und vom zart grauen und feinrosa bis hin zum fast schwarzen
Ton die ganze Reihe der Möglichkeiten12). Meist hat man sich Mühe gegeben, Bröckelchen und Glim-
mer zu entfernen, so daß nur grobmehliger Brei vor der Formung vorhanden gewesen sein muß.
Aber es bleiben genug Stücke, deren Ton noch nach dem Brand nicht über den Lehmzustand hin-
ausgekommen ist13). Bei anderen aber ist er zart und leicht14); sie treten auch durch die Sorgfalt der
Ausführung heraus. Die Farbe nach dem Brand schwankt je nach der Dauer und Intensität,
mit der die Stücke der Hitze ausgesetzt waren. Am häufigsten begegnet ein trockenes, helles Leder-
braun, in verschiedenen Nunancen, das auf der Tonhaut durch die Verbindung mit den meist
schattenhaft vorhandenen Spuren des weißen Stucküberzugs manchmal einen Anflug von Lila
hat. Eine andere Gruppe, nicht ganz so groß als jene, bevorzugt ein kräftiges Rotbraun; aber
auch seine Elemente wechseln stark, einerseits bis hin zum leuchtenden Ziegelrot, dann wieder
bis zu sehr dunklem Bister oder Erdbraun. Wie vorsichtig man deswegen sein muß, zeigen
zur Genüge einzelne Stücke, die sehr ungleich gebrannt, die ganze Skala von Tönen an sich tragen.
Es liegt nahe, die Methode der Tonvergleichung auf unsere Denkmälergruppe zu übertragen,
um zu festen Schlüssen auf Fabriken, zu einer absoluten Chronologie zu gelangen15). Aber abge-
sehen davon, daß bis jetzt noch Analysen von Tonbrüchen und praktische Versuche, durch welche
die Reihen der chemischen und mineralogischen Veränderung bei verschiedenen Erhitzungstem-
peraturen einwandfrei festgelegt werden, sowohl für Ägypten überhaupt wie für unsere Terra-
kotten fehlen, scheitert sie, bis solche Untersuchungen als eigene Aufgabe im Zusammenhang mit
der Stil- und Provenienzvergleichung an dem gesamten Material gemacht sind, an den positiven
Feststellungen, daß Stücke aus der gleichen Form ganz verschiedene Tonkonstitution und Haut-
farbe zeigen, andererseits Stücke scheinbar völlig gleichwertigen Tons ersichtlich aus anderen
9) Man soll das nicht pressen. Klärlich ist es ein strenges Prinzip, daß der Ton in zwei Schalen zur Figur gebildet wird,
das auch noch, wenn auch nur in der Imitation und mechanisch, lebt in Stücken wie etwa 140, 182, 230, die fast massiv sind.
Das hat also, wenigstens eine Zeitlang, den Sinn gehabt, Material zu sparen und das Stück zu erleichtern. Sind nicht die Anm. 8
genannten Stücke als Gegensatz zu verstehen?
10) Das wird in hohem Maße erreicht bei dem sehr dünnwandigen, feingeschlämmten 24; vgl. auch die anderen Reste
der gelben Fabrik, 264, 357, 358 vgl. dafür S. 207; ferner bei 353, ganz zarter Ton, bei 355, wo Stoff, Wollen und Können ver-
bunden sind. Was allerdings geschickte Hände aus grobem Ton holen können, zeigt das verworfene Modell des prachtvollen
Mädchens 360 oder Stücke wie 325.
11) Nicht nur die Zentralen haben den Export gehabt; das zeigen die in den Landstädten gefundenen Formen, z. B,
Benha, Elephantine, Elinäsya, etc. — Aber das kompliziert das Problem sehr. Ein xwlonlaOTTß P. Giss. I, 21, 18 = Wilcken,
Chrestom. Nr. 94.
12) Vgl. etwa die Anm. 10 genannten mit 75, 117, 240, 247, 320, 474. — Die Tonnuancen sind mit Hilfe einer feindiffe-
renzierten Aquarellfarbentabelle festgestellt worden und konnten so als konstante Größen betrachtet werden. Auch gelang es
so, das Berliner Mat. durch viele Parallele zu ergänzen. Natürlich wurden diese dann wieder absichtlich in konkret-sinn-
liche Farbbezeichnungen übertragen.
13) Vgl. z. B. 13, 14, 35, 54, 86, 87, 95, 115, 117, 246, 369. Eine kleine Gruppe von Fragmenten in Karlsruhe, (H 516—28),
alle einheitlichen Fundorts (Zagazig, S. 3, Anm. 6), sind alle von gleich lehmigem, wenig hart gebranntem, stumpfgelben Ton
(lauter bekannte Typen).
14) Vgl. die gelbe 'Fabrik, Anm. 10.
15) Wilcken hat das für die Ostraka betont, Wochenschr. f. klass. Phil. 1889, 701 ; Ostraka I, 14.
Einleitung.
damit die Produktionskraft der Töpfer. Und doch steht zunächst eine große Einheit fest: das Ver-
hältnis des Töpfers zu seinem Material9). Denn jeder Töpfer dieser großen Gruppe mutet ihm
nur zu, was es leisten kann als leichte Ware; und je kunstfertiger und kunstgebildeter der Töpfer
ist, umso mehr beherrscht ihn der Gedanke, den die griechische Keramik, sein Vorbild, gelehrt hat,
daß, je weniger erdhaft, je feiner, zäher der Stoff ist, mit um so größerem Gewinn das zierlich-duftige
des gewollten Motivs erreicht wird10). In der Stadt sind die Ansprüche andere als auf dem Land,
und wir dürfen vom Töpfer im hintersten Winkel des Faijum nicht verlangen, was der Memphite
oder Alexandriner aus seinem Ton zu machen imstande ist"). So finden wir vom ganz reinen
Ton bis zur gröbsten Erdschlacke und vom zart grauen und feinrosa bis hin zum fast schwarzen
Ton die ganze Reihe der Möglichkeiten12). Meist hat man sich Mühe gegeben, Bröckelchen und Glim-
mer zu entfernen, so daß nur grobmehliger Brei vor der Formung vorhanden gewesen sein muß.
Aber es bleiben genug Stücke, deren Ton noch nach dem Brand nicht über den Lehmzustand hin-
ausgekommen ist13). Bei anderen aber ist er zart und leicht14); sie treten auch durch die Sorgfalt der
Ausführung heraus. Die Farbe nach dem Brand schwankt je nach der Dauer und Intensität,
mit der die Stücke der Hitze ausgesetzt waren. Am häufigsten begegnet ein trockenes, helles Leder-
braun, in verschiedenen Nunancen, das auf der Tonhaut durch die Verbindung mit den meist
schattenhaft vorhandenen Spuren des weißen Stucküberzugs manchmal einen Anflug von Lila
hat. Eine andere Gruppe, nicht ganz so groß als jene, bevorzugt ein kräftiges Rotbraun; aber
auch seine Elemente wechseln stark, einerseits bis hin zum leuchtenden Ziegelrot, dann wieder
bis zu sehr dunklem Bister oder Erdbraun. Wie vorsichtig man deswegen sein muß, zeigen
zur Genüge einzelne Stücke, die sehr ungleich gebrannt, die ganze Skala von Tönen an sich tragen.
Es liegt nahe, die Methode der Tonvergleichung auf unsere Denkmälergruppe zu übertragen,
um zu festen Schlüssen auf Fabriken, zu einer absoluten Chronologie zu gelangen15). Aber abge-
sehen davon, daß bis jetzt noch Analysen von Tonbrüchen und praktische Versuche, durch welche
die Reihen der chemischen und mineralogischen Veränderung bei verschiedenen Erhitzungstem-
peraturen einwandfrei festgelegt werden, sowohl für Ägypten überhaupt wie für unsere Terra-
kotten fehlen, scheitert sie, bis solche Untersuchungen als eigene Aufgabe im Zusammenhang mit
der Stil- und Provenienzvergleichung an dem gesamten Material gemacht sind, an den positiven
Feststellungen, daß Stücke aus der gleichen Form ganz verschiedene Tonkonstitution und Haut-
farbe zeigen, andererseits Stücke scheinbar völlig gleichwertigen Tons ersichtlich aus anderen
9) Man soll das nicht pressen. Klärlich ist es ein strenges Prinzip, daß der Ton in zwei Schalen zur Figur gebildet wird,
das auch noch, wenn auch nur in der Imitation und mechanisch, lebt in Stücken wie etwa 140, 182, 230, die fast massiv sind.
Das hat also, wenigstens eine Zeitlang, den Sinn gehabt, Material zu sparen und das Stück zu erleichtern. Sind nicht die Anm. 8
genannten Stücke als Gegensatz zu verstehen?
10) Das wird in hohem Maße erreicht bei dem sehr dünnwandigen, feingeschlämmten 24; vgl. auch die anderen Reste
der gelben Fabrik, 264, 357, 358 vgl. dafür S. 207; ferner bei 353, ganz zarter Ton, bei 355, wo Stoff, Wollen und Können ver-
bunden sind. Was allerdings geschickte Hände aus grobem Ton holen können, zeigt das verworfene Modell des prachtvollen
Mädchens 360 oder Stücke wie 325.
11) Nicht nur die Zentralen haben den Export gehabt; das zeigen die in den Landstädten gefundenen Formen, z. B,
Benha, Elephantine, Elinäsya, etc. — Aber das kompliziert das Problem sehr. Ein xwlonlaOTTß P. Giss. I, 21, 18 = Wilcken,
Chrestom. Nr. 94.
12) Vgl. etwa die Anm. 10 genannten mit 75, 117, 240, 247, 320, 474. — Die Tonnuancen sind mit Hilfe einer feindiffe-
renzierten Aquarellfarbentabelle festgestellt worden und konnten so als konstante Größen betrachtet werden. Auch gelang es
so, das Berliner Mat. durch viele Parallele zu ergänzen. Natürlich wurden diese dann wieder absichtlich in konkret-sinn-
liche Farbbezeichnungen übertragen.
13) Vgl. z. B. 13, 14, 35, 54, 86, 87, 95, 115, 117, 246, 369. Eine kleine Gruppe von Fragmenten in Karlsruhe, (H 516—28),
alle einheitlichen Fundorts (Zagazig, S. 3, Anm. 6), sind alle von gleich lehmigem, wenig hart gebranntem, stumpfgelben Ton
(lauter bekannte Typen).
14) Vgl. die gelbe 'Fabrik, Anm. 10.
15) Wilcken hat das für die Ostraka betont, Wochenschr. f. klass. Phil. 1889, 701 ; Ostraka I, 14.