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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Isis.

Stelle des Osiris getreten, wie schon seit frühhellenistischer Zeit es für den Nichtägypter üblich ist.
Die Göttin ist darum hier in reinhellenistischer Form, so wie der Grieche, der Römer sie kennt.
Isis werden auch 22, 23 darstellen (die beide wohl als Lampen ergänzt werden müssen46), ob-
wohl sie von jener sich recht weit entfernen. Sicher gehen wir auch bei der Benennung von 36,
37, 38, die sich gegenseitig ergänzen. Es ist Isis-Sothis, die Göttin, die auf dem Hundsstern —
bei 36 ist der Stern zwischen den Ohren des Tieres zu sehen — reitet, die den Menschen die
Nilflut bringt, mit ihr die Fruchtbarkeit, die Ernte; und darum hält sie hier die Ähren, das
Füllhorn47). Aus ägyptischen Gedanken, griechischer Formulierung der reitenden Göttin und
alexandrinischer Tracht, ist das Bild wohl schon in frühhellenistischer Zeit entstanden48) (Abb. 16).
Abseits steht und seiner Erklärung harrt noch das kleine reizende Halbfigürchen 24, das
als künstlerische Arbeit die meisten weit übertrifft. Die strenge Haarfrisur und der melancholische
Zug, der den Eindruck des fremden erhöht, weisen, trotzdem wir den Kopfschmuck nicht
kennen, die Frau in unseren göttlichen Kreis. Das wird bestätigt durch zwei Parallelen,
die ich kenne49): Alle drei zeigen das Gewand, wie es Arme und Körper gleichmäßig ver-
hüllt50). Es ist das Schema, in dem die Totengöttin (unten 201 ff.) steht (ein Typ zeigt die
Göttin mit dem Gewand, dessen unterer Teil von der Scham bis zur Brust aufwärts um-
geschlagen ist), die eine Hathor oder Isis nach ihrem Kopfschmuck ist; ihre Haltung zeigen
die Toten, die Mumien. Zwischen den Füßen der einen (Anm.49, 2) richtet ein Uraeus sich auf —
das alles gibt uns das Recht, sie Hathor oder Isis zu nennen; aber es bleibt offen, wo ihr
Kultbild stand.
Die stehende Figur mit dem Wassergefäß51) in der gesenkten L. und der Schlange in der
R., erinnert an das ägyptische Schema der Schrittstellung. Strenger oder freier, je nach

46) Lampen im Isiskult: eine drastische Stelle, Heliodor, Aeth. I 30: Der Bukolenführer hat einen Traum, καθό την
'Ισιν εώρα και τον νεών απαντα λαμπ 'δων και Ουσιών άνάμεοτον; Zeugnisse auch sonst.

47) Sie sagt von sich: εγώ είμι ή πρώτη καρπούς άνΟρώποις εύροϋσα. Εγώ είμι μήτηρ "Ωρον του βασιλέως. Έγώ είμι ή εν τω
άστρφ τω κυν'ι έπιτέλλονσα (Diodor 1, 27), SO auch im Hymnos von Jos, I. G. XII, V, 1 Nr. 14, Z. 14: εγώ ειμι Οεοϋ κυνός αστρω
έπιτέλλουσα. Die Geschichte der Isis' Sothis hat G. Roeder geschrieben, Äg. Zeitschr. 1908, 23, vgl. auch Roscher, Lexi-
kon s. v. Sothis. — Ich betone hier den Charakter der Fruchtbarkeitsgöttin; als solche war sie den Ägyptern wichtig wie
Isis παρθένος. Wie weithin ihr Bild bekannt, wie hoch es in Ansehen war, beweist die Tatsache, daß es im Giebelfeld des
größten römischen Heiligtums prangte; in Elagabals Zeit drehte es, wie der Bericht erzählt, Unheil verkündend den Kopf nach
innen. (Cass. Dio 79, 10 S. 463 f. Boiss. Dressel, Sitzb. Berl. Ak. 1909, 645. Meinen „Hermestempel" S. 10ff.). — Eine
ganz verlorene Stelle: Timotheus Gaz. exc. 23 (Haupt, Hermes III, 14): ότι οι Αιγύπτιοι ιερείς σέβουσι τούς ό'ρυγας, επειδή αυτοί
τον Σείριον κύνα προμηνύουσι πταρννμενοι φανερω πταρμφ.

48) Die Frau reitet so: Europa auf dem Stier, Löwy, Österr. Jahreshefte 1911, Fig. 12 ff., S. 15ff., vgl. z. B. eine schöne
ptol. Terrakotte in Kairo: (unpubl.), z. B. Pausanias VI, 25, 1: Bild der Aphrodite Pandemos v. Skopas. Furtwängler, Münch.
Sitzb. Phil. Hist. Klasse 1899, II, 590 ff., 594. Aus letzterem ist allerlei zu lernen: 36 zeigt den stark galoppierenden Hund
(ungeschickt 37) wie auf den alexandrinischen Münzen, z. B. Dattari Taf. XVII, 2681 (vgl. Abb. 16) und im Tympanon des
röm. Tempels (vor. Anm.). In diesem umgeben 6 Sterne das Bild; es sind die übrigen Sterne des ganzen Sternbildes des großen
Hundes, zu dem der Sirius gehört. (Ägyptisch: Sirius = liegende Kuh, umgeben von 6 Sternen, Brugsch, Thesaurus I,
S. 9). In unserer Terrakotte kann der Töpfer das nicht darstellen, der Stern als βασιλείου genügt. Wie auf dem Tympanon-
bild sind auf dem der Aphrodite Pandemos 14 Sterne aufgemalt, Aphrodite trägt einen himmelblauen Mantel als Schleier
über den Hinterkopf gezogen, „das Tier schreitet nicht auf der Erde einher, sondern durch die Luft, die weiß gelassen ist".
Auch unsere Göttin hat den Mantel hochgenommen, auch hier muß der Hund durch die Luft galoppieren. Aus dieser Kunst-
sprache ist das Bild, das am römischen Iseum und ebenso in Alexandrien vorhanden gewesen sein muß, wohl in seiner Ganz-
heit als Relief eines Tempels der Isis, vielleicht auch in einem illustrierten Sternhimmel frühalexandrinischer Zeit
ausgeführt worden. Da dieses Abhängigkeitsverhältnis besteht, möchte ich nicht mit Walters, Hist, of Anc. Pottery,
S. 386, an direkten Einfluß unseres Bildes auf eine reitende gallische Göttin (ebenda, Fig. 192) glauben.

49) 1. Bronzefigürchen, Athen, Nat. Museum 2569, H. etwa 11 cm. Auf dem Kopf eine Lotosblüte. 2. Terrakotte
in Kairo, jetzt auch bei Maspero-Rusch, Gesch. der ägypt. Kunst S. 295, Fig. 558. — Etwas anderes ist eine merkwürdige ägypti-
sierende Gestalt von überlangen Formen, ägypt. Kopftracht, einer Art Ägis, langem Gewand mit Überschlag und Ärmeln,
die die Hände seitl. anlegt. Vatikan, Egizio, ohne Nr.; ob echt?

50) Sie liegen an den Seiten an bei 2 der vor. Anm., bei 1 liegen sie auf der Brust; unseres gehört wohl zu 2.

51) Brustförmig nach der Beschreibung des Apuleius, Met. XI, 11. Daremberg-Saglio IV, 2, 1357 ff., wo allerdings
noch nicht reinlich zwischen dem großen Wassergefäß und diesem Eimerchen geschieden ist, das aus dem Altägyptischen
herzuleiten ist.'
 
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