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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Isis.

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dem Material, dem Interessenkreis, lebt dieses fort in fast allen Darstellungen „ägyptischen",
„ägyptisierenden", „griechischen" Stils bis in die spätrömische Zeit52). Unser löpfer variiert,
indem er im Ausdruck das Ägyptische bewahrt, sein Thema leicht, da er im
zerbrechlichen Quasirelief einzelne Glieder nicht vom Grund lösen und in die neue
Dimension hineinführen kann. Bronzen dagegen bewahren reiner das allgemeine
Schema wie die besondere Ausstaffierung des Originals: Der 1. Fuß ist mäßig
vorgesetzt, wie der Frau geziemt, der r. Arm horizontal ausgestreckt, in der
Hand bäumt sich eine Schlange. Das scheinbar Energische der Haltung ent-
springt der strengen Gebundenheit der Form, die der Stil vorschreibt53). Wen
stellt das Bild dar? Der Name Isis liegt auf der Hand; wir glauben die Göttin
zu sehen, wie sie, den toten Gemahl zu suchen, das Land durchzieht, mit der
Schlange die Feinde verscheuchend54). So nimmt sie vielleicht in späterer Zeit
der Tote als Schützerin mit ins Grab. Noch freier als plastischer Gedanke ist
die zweite Figur, die mit Schärpe und Kranz geschmückt55), den Ellbogen auf

52) Man beachte, wie das durchgeht bis in die Darstellungen, die völlig vom hieratischen Stil ge-
löst sind. Die rein ornamentalen Figuren des 3. Stils in Pompeji (z. Β. Neapel 8970) halten diesen ober-
flächlichen Eindruck, das typische der ägyptischen Statuen, fest.


Abb. 17.

53) Das Gefäß in der L., die R. erhoben, das Sistrum schüttelnd, in Schrittstellung oder mit zur Seite
gesetztem Spielbein, die Gesamthaltung in zwei rechtwinklige Ebenen gebannt oder frei gelöst: An diesem Schema hält man fest,
ob es Statuen der Göttin oder von Priesterinnen sind. — Öfter wird ägyptisches durch griechisch-archaistisches ersetzt; vgl. die
Isisstatue des pompeian. Tempels, Neapel, Brunn-Bruckmann, Taf. 656, die scheinbar ägyptische Tracht festhaltend, archaisch
die Haare verziert, die Körperformen griechisch typisiert, die Schrittstellung gemäßigt, auch die Haltung der Arme (1. gesenkt
mit Lebenskreuz, r. in Ellbeuge mit Sistrum in der eben bezeichneten Rechtwinkligkeit zur Körperebene) beibehält.

54) Nur einmal, m. W., wiederholt eine Terrakotte, Louvre, Terrak. 347, die Darstellung der Bronzen. Ich nenne von
diesen zuerst die Bronze im Petit Palais (Musee de la Ville de Paris), wo der r. Arm intakt erhalten, nur die Schlange ab-
gebrochen ist. Leicht gebogener Arm, Schlange mit Sonnenscheibe auf dem Kopf. Ferner Comptes Rend. 1896, pl. V=
Musee Guimet, Guide illustre 1905, 331; Berlin 11 008. Meist der eingesetzte r. Arm verloren: Berlin 8690, 8285. Eine andere
in Berlin 2529 (oben Anm. 28), drei in Kairo, Edgar, Bronzes, 27 669, 27671, 27 673; 27 703 mit Uräus und Streitaxt; von
diesen bei einer der Isiskopfschmuck intakt erhalten (auf dem Uräenkreis Ähren, Hörner, außen Uräen, Scheibe mit Uräus,
Federn). Eine Terrakotte, Comptes Rend. 1896, pl. X (aus Alexandrien), kommt 28 nahe, das seine Parallelen hat in dem
Hildesheimer Stück 716 und in den gleich zu nennenden Typen „mit der Schärpe"; vgl. auch die Marmorstatue Berlin 12 440,
Ausführl. Verzeichnis2 326, Fig. 63, vgl. die Priesterin des Belvedere-Reliefs, Amelung, Vat. Kat., Belvedere, Taf. VII, und
die Ägyptus in der Ankunft der Io, Herrmann-Bruckmann, Taf. 56, Kleopatra mit der Schlange, vgl. die Zeugnisse bei Gardt-
hausen, Kaiser Augustus, I, 436. Ein vorgestreckter r. Arm mit Schlange, Leiden, Mon. I, pl. XXV, 531. Schlange an einer
Hand, Proc. Soc. Bibl. Arch. 32, 124. Das Motiv ist reich ausgestaltet, Drexler, a. a. 0. 537 f. Roeder teilt mir mit (1910),
daß er eine 1,8 m hohe Sandsteinfrauenstatue griechisch-ägyptischen Stils in Nubien gefunden habe, vielleicht das Isiskultbild
einer einsamen Kapelle auf dem Berge (jetzt publiziert von demselben. Von Debod bis Kalabsche, I 209, II Taf. 91). Sie hält in
der r. Hand eine sich windende Schlange, in der 1. ein unklar beschriebenes Attribut. Abb. 18 = Berlin 9824 trägt die Göttin
die Schlange auf einem Teller; so auch die Priesterin in dem Herculaner Bild S. 155, in einem Bild aus dem Isistempel
in Pompei; vgl. auch unten S. 284, Anm. 15. — Ich will mehr anhangsweise nicht unterlassen, auf die wenig beachtete Stelle
des Aelian, nat. an. X, 23, hinzuweisen: εν τβ Κοπτφ τβ Αιγύπτια την Ισιν σεβονσιν Αιγύπτιοι ταΐς τε άλλαις ίερονργίαις και μέντοι
και τη παρά των πενθουσών η τους άνδρας τους σφετέρονς η τους παίδας ή τους αδελφούς λατρεία τε και θεραπεία . . . άλλα αι γε
πενθονσαι παρά τβ θεφ καί χαμαί καθενδονοαι καί ανυπόδητοι βαδίζονσαι . . . απαθείς διαμένουσι. Ein spezifischer Frauendienst,
offenbar besonders stark organisiert: die Privattrauer wird zur Gemeindetrauer unter Mühsal und Gefahren erhoben, man
dient der Göttin — wie sie selber war? — am Orte der Trauer; denn, wie Plutarch erzählt, ist gerade in Koptos das große
Klagen der suchenden, gefährdeten Göttin gewesen (de Iside 14). Wie wichtig ist dieser Zug für die Parallelität zwischen
rituell-menschlicher und göttlich-mythologischer Handlung!

55) Ein zweites Exemplar, Marseille, 1070. Die Geschichte dieser Schärpe hat von einigen römischen Monumenten
ausgehend I. Wilpert geschrieben in seinen „Tre capitoli sul vestiario sacro". Zu Wilperts Denkmälern (Thermenmuseum, Va-
tikan, vgl. Amelung, Loggia Scoperta, Taf. 82; hier Abb. 17, und einer schönen Statue, damals im römischen Kunsthandel)
habe ich noch eine größere Anzahl anderer Monumente gefunden: Isispriesterin, publ. im Band Carthago der Musees de Tunisie,
der mir hier nicht zugänglich ist; die Statue, Berlin 19 581, die Zucker, Arch. Anz. 1910, 245 f., kurz besprach (angeblich aus
Hermopolis); vgl. weiter Mem. Miss, du Caire III, pl. IX. Eine dunkle Schärpe hat die Isis in der Hauskapelle der Amorini
dorati, Notizie degli Scavi 1907, 554 ff.; vgl. ferner Petrie, Roman Ehnäs, Taf. XLV, 1 (von ihm falsch erklärt); ferner.Schmidt,
Graesk-Aeg. Terrak. pl. I, Fig. 2, 3 = Mon. pl. 42; Gayet, Annales du Musee Guimet 30, 2, pl. 3 (angeblich aus dem Grab'
in Antinoopolis)und das besonders reiche Exemplar Hildesheim 601 (Schärpe, Kette mit Amuletten ; in der R. hält sie das Sistrum);
vielleicht auch Furtwängler, Gemmen I, Taf. XXVI, 11 (frühhellenistisch), auch Berlin 9822, geschn. Stein d Kaiserzeit'
Stolae auch bei den Kultbildern, Anm. 31.

Weber, Terrakotten.

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