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Min (Nr. 151).
Abb. 67.
bild1); kann doch sogar sein toter Gott noch Leben erzeugen2). Min ist der mit der Hand zeugende,
der sich selbst zeugt, indem er seine Mutter begattet, der Herr der Mädchen, ein Erntegott3).
Stellt man einen Gott im Schöpfertypus dar, so nimmt dieser Mins Form an und agiert mit
der Hand wie Min, ob er steht oder sitzt.4) Min war als Lokalgott von Koptos der Schützer
der Wüstenwanderer, die von seiner Stadt aus seit den ältesten Zeiten nach dem Roten Meer
zogen, und Gott von Panopolis, wo noch in spätester Zeit sein Bild beschrieben wird5).
Unsere Terrakotte 1516) lehrt, wie konservativ der Ägypter war, dessen Sinn und Sorge
unentwegt auf gute Ernte gerichtet war. Denn Min war wohl zu allen Zeiten ein Gott der
trägen, agrarischen Masse, die, wenn sie sich im Gleichgewicht fühlt,
starre Stetigkeit verlangt, und so ihre massiven Denkformen bewahrt,
weil sie ihr Selbst, ihre Naturgebundenheit sich erhält. Hat die Speku-
lation sich des Min auch nicht bemächtigt, so zeigen doch die Bilder
der kleinen Leute, wie er allmächtiger Schützer geworden ist7). Sein
Name, sein Kult, sein Bild sind in griechischer Zeit noch sehr lebendig;
zunächst in ägyptischen, dann wohl auch in griechischen Kreisen8),
für die seine Erscheinungsform verdeutlicht wird. Aber im Grunde muß
er auch für sie sofort verständlich gewesen sein; denn auffallend gleicht
ihm ihr Fruchtbarkeitsgott Priapos von Lampsakos. Merkwürdig und
unaufgeklärt jedoch ist die Tatsache, daß die Griechen ihn Pan zu
Abb. 66.
nennen beliebten (Anm. 5), wo sogar ein Töpfer "bewußt so weit geht, die Angleichung des
Priapos durchzuführen, so daß er einem Priap die Geißel in die im Winkel erhobene Rechte
gibt, während die L. das Gewand aufhebt (Abb. 67)9).
151. Min. (Tafel 15.)
Berlin 13477. Bild des Min im alten Stil. Nach uralter Weise schwebt über seiner r. Hand
seine Geißel; er trägt Kappe, Federn, Scheibe. Gesicht, Arm und Hand rotbemalt.
Maß: H. 8,5 cm. — Herkunft: Aus Alexandrien (?). — Material: Lederbrauner Ton, Kern
hellgrau; Reste von Weiß und Rot. — Erhaltung: Am Hals abgebrochen. — Arbeit: Flaue Form,
mäßige Arbeit. — Literatur: Ausführl. Verzeichnis 2, S. 369. — Erwähnt: 10, 2; 105.
!) Vgl. Erman, Religion 2, S. 17 f. Ganz außerhalb dieses Kulturkreises das gleiche Bild des schöpferischen „Arm-
erhebers": bronzezeitlich, Ungarn. Hoernes, Urgeschichte der bild. Kunst in Europa 143 Fig. 16.
2) Zeugnisse bei Erman, Rel.2 S. 40, Anm. 20. Fließen hier zwei Vorstellungen ineinander, die vom großen Toten und
vom Vegetationsgott? (s. S. 45, 107 f.; s. auch Plutarch de Iside 51 b).
3) Vgl. Erman, a. a. 0., S. 18.
4) Amon: Erman, Religion2 73; Horos : Plutarch, de Iside 56b; Abb. 66 - Berlin 5576. Min vereinigt sich auch mit all
diesen, vgl. Ausführl. Verzeichnis S. 299, Nr. 7501, 7790 (als Amon-Re bezeichnet), 8678. Daressy, Stat. de Div., pl. XXXI, 38544.
5) Steph. Byz. I 501 M.: Fall Ste xai zov d&ov äya^a ur/a, 6(){)iax'ov eyor z'o aiöotov. ’EnatQei ZE paaztyag zfj ÖE^tä aelvivn, fi^ &töa>^bv
cpaaiv Etvat z'ov Häva. (Gehört hierher Plutarch, de Is. 43: p??zE(>a z^v ae^vyr zov xbopiov xa^ovoi ....?) Vgl. Brugsch, Geogr. 133.
Wiedemann, Herod. II. Buch 367. Zu Pan-Min vgl. andere Zeugnisse jetzt bei Perdrizet, Coll. Fouquet, S. 22.
6) Ich kenne noch eine im Musöe Guimet (Terrakotte Nr. 527 bez.), die etwas freier ist, aber einen nicht zu-
gehörigen Kopf hat; neben den Füßen Blumen; ein vollständiges Ex. in Kairo 27139, wo er zwischen zwei Amphoren auf
Böcken steht; eines in Athen und zwei in Alexandrien, die beide interessant sind durch die Erhaltung der Farben. Die
eine zeigt ihn mit dem ganzen Apparat auf einer Barke, die auf einem Sockel steht (Kultbild imitiert?), die andere
zwischen zwei Kanopen, die r. mit Isis-, die 1. mit Osiriskopf. Altar?
7) Vgl. Anm. 4 und Abb. 66. Von Hosos, Amon, Chnum, Re sind wichtige Merkmale vereinigt: Die Minhaltung ist wohl
das beherrschende, auch wenn ein Stück Amon-Re heißt (Anm. 4).
8) Unter der Hand der griechischen Handwerker hat das Bild an Strenge verloren. Die freiere Umgestaltung zeigt
das Anm. 6 genannte Kairiner Ex., wo an Stelle der alten Kapelle, die der Töpfer nicht begriff (vgl. z. B. Erman, a. a. 0.,
S, 19, Fig. 19), die sinnfälligen Geräte getreten sind, die das Wesen des Gottes noch illustrieren.
9) S. auch unten S. 182. Es verdient aber erwähnt zu werden, daß auch Horos, der Min ist (Anm.4), Priapos ge-
glichen wurde, Suidas, s. v. Il^anoc. Parthey, Zu Plut. de Iside, S. 252.
Min (Nr. 151).
Abb. 67.
bild1); kann doch sogar sein toter Gott noch Leben erzeugen2). Min ist der mit der Hand zeugende,
der sich selbst zeugt, indem er seine Mutter begattet, der Herr der Mädchen, ein Erntegott3).
Stellt man einen Gott im Schöpfertypus dar, so nimmt dieser Mins Form an und agiert mit
der Hand wie Min, ob er steht oder sitzt.4) Min war als Lokalgott von Koptos der Schützer
der Wüstenwanderer, die von seiner Stadt aus seit den ältesten Zeiten nach dem Roten Meer
zogen, und Gott von Panopolis, wo noch in spätester Zeit sein Bild beschrieben wird5).
Unsere Terrakotte 1516) lehrt, wie konservativ der Ägypter war, dessen Sinn und Sorge
unentwegt auf gute Ernte gerichtet war. Denn Min war wohl zu allen Zeiten ein Gott der
trägen, agrarischen Masse, die, wenn sie sich im Gleichgewicht fühlt,
starre Stetigkeit verlangt, und so ihre massiven Denkformen bewahrt,
weil sie ihr Selbst, ihre Naturgebundenheit sich erhält. Hat die Speku-
lation sich des Min auch nicht bemächtigt, so zeigen doch die Bilder
der kleinen Leute, wie er allmächtiger Schützer geworden ist7). Sein
Name, sein Kult, sein Bild sind in griechischer Zeit noch sehr lebendig;
zunächst in ägyptischen, dann wohl auch in griechischen Kreisen8),
für die seine Erscheinungsform verdeutlicht wird. Aber im Grunde muß
er auch für sie sofort verständlich gewesen sein; denn auffallend gleicht
ihm ihr Fruchtbarkeitsgott Priapos von Lampsakos. Merkwürdig und
unaufgeklärt jedoch ist die Tatsache, daß die Griechen ihn Pan zu
Abb. 66.
nennen beliebten (Anm. 5), wo sogar ein Töpfer "bewußt so weit geht, die Angleichung des
Priapos durchzuführen, so daß er einem Priap die Geißel in die im Winkel erhobene Rechte
gibt, während die L. das Gewand aufhebt (Abb. 67)9).
151. Min. (Tafel 15.)
Berlin 13477. Bild des Min im alten Stil. Nach uralter Weise schwebt über seiner r. Hand
seine Geißel; er trägt Kappe, Federn, Scheibe. Gesicht, Arm und Hand rotbemalt.
Maß: H. 8,5 cm. — Herkunft: Aus Alexandrien (?). — Material: Lederbrauner Ton, Kern
hellgrau; Reste von Weiß und Rot. — Erhaltung: Am Hals abgebrochen. — Arbeit: Flaue Form,
mäßige Arbeit. — Literatur: Ausführl. Verzeichnis 2, S. 369. — Erwähnt: 10, 2; 105.
!) Vgl. Erman, Religion 2, S. 17 f. Ganz außerhalb dieses Kulturkreises das gleiche Bild des schöpferischen „Arm-
erhebers": bronzezeitlich, Ungarn. Hoernes, Urgeschichte der bild. Kunst in Europa 143 Fig. 16.
2) Zeugnisse bei Erman, Rel.2 S. 40, Anm. 20. Fließen hier zwei Vorstellungen ineinander, die vom großen Toten und
vom Vegetationsgott? (s. S. 45, 107 f.; s. auch Plutarch de Iside 51 b).
3) Vgl. Erman, a. a. 0., S. 18.
4) Amon: Erman, Religion2 73; Horos : Plutarch, de Iside 56b; Abb. 66 - Berlin 5576. Min vereinigt sich auch mit all
diesen, vgl. Ausführl. Verzeichnis S. 299, Nr. 7501, 7790 (als Amon-Re bezeichnet), 8678. Daressy, Stat. de Div., pl. XXXI, 38544.
5) Steph. Byz. I 501 M.: Fall Ste xai zov d&ov äya^a ur/a, 6(){)iax'ov eyor z'o aiöotov. ’EnatQei ZE paaztyag zfj ÖE^tä aelvivn, fi^ &töa>^bv
cpaaiv Etvat z'ov Häva. (Gehört hierher Plutarch, de Is. 43: p??zE(>a z^v ae^vyr zov xbopiov xa^ovoi ....?) Vgl. Brugsch, Geogr. 133.
Wiedemann, Herod. II. Buch 367. Zu Pan-Min vgl. andere Zeugnisse jetzt bei Perdrizet, Coll. Fouquet, S. 22.
6) Ich kenne noch eine im Musöe Guimet (Terrakotte Nr. 527 bez.), die etwas freier ist, aber einen nicht zu-
gehörigen Kopf hat; neben den Füßen Blumen; ein vollständiges Ex. in Kairo 27139, wo er zwischen zwei Amphoren auf
Böcken steht; eines in Athen und zwei in Alexandrien, die beide interessant sind durch die Erhaltung der Farben. Die
eine zeigt ihn mit dem ganzen Apparat auf einer Barke, die auf einem Sockel steht (Kultbild imitiert?), die andere
zwischen zwei Kanopen, die r. mit Isis-, die 1. mit Osiriskopf. Altar?
7) Vgl. Anm. 4 und Abb. 66. Von Hosos, Amon, Chnum, Re sind wichtige Merkmale vereinigt: Die Minhaltung ist wohl
das beherrschende, auch wenn ein Stück Amon-Re heißt (Anm. 4).
8) Unter der Hand der griechischen Handwerker hat das Bild an Strenge verloren. Die freiere Umgestaltung zeigt
das Anm. 6 genannte Kairiner Ex., wo an Stelle der alten Kapelle, die der Töpfer nicht begriff (vgl. z. B. Erman, a. a. 0.,
S, 19, Fig. 19), die sinnfälligen Geräte getreten sind, die das Wesen des Gottes noch illustrieren.
9) S. auch unten S. 182. Es verdient aber erwähnt zu werden, daß auch Horos, der Min ist (Anm.4), Priapos ge-
glichen wurde, Suidas, s. v. Il^anoc. Parthey, Zu Plut. de Iside, S. 252.