120
Bubastis.
gleicht sie der griechischen Artemis6); welcher Grund ihn dazu veranlaßt hat, ist unbekannt;
die Gleichung scheint im Volk nicht lebendig gewesen zu sein7); denn kaum eine Spur in den
Zeugnissen der späten Zeit deutet darauf8). Im Gegenteil: Einmal lebt in den Bildern die
alte Auffassung der katzenköpfigen Göttin fort9); nur bewegt sie sich unter griechischem Ein-
fluß frei, wechselt auch ihre Attribute; oder wird eine Matrone wie 173, 17410), die nur in
den Attributen den alten Charakter bewahrt11), während ihr Kostüm an Demeter eher erinnert
als an Artemis12). Oder es tritt die Gleichung mit Isis stärker hervor. Trägt sie den Isis-
mantel (Anm. 3), so muß sie ihn von Isis übernommen haben, und eine ging dann in der
anderen auf — aber bald blieb nach außen hin Isis Siegerin in diesem Kampf. Das zeigen
zufällige Zeugnisse, z. B. aus Ostia, wo der Isis Bubastia eine Venusstatue geweiht wird13) und
die Hymnen14), die schon in hellenistischer Zeit Isis selbst verkünden lassen: Έμοϊ Βούβαστος ή
πόλις ώκοδομήθη. Bubastis — Artemis — Isis, ein großer Entwicklungsprozeß: auch die kleinen Bilder
lassen ihn wenigstens teilweise noch erkennen.
(zum Kopfschmuck vgl. auch Abb. 40). Man wird bei ihnen zuerst an die Szene denken, wo sie den Gestus vor dem Apis
ausführen, um fruchtbar zu werden (Diodor I, 85, 3); sonst bleibt wohl nur das Bubastisfest übrig — kaum die von
W. Vollgraff mir erklärte Hyginfabel (fab. 135) vom άνασνρμός in Athen —, zumal die einzelnen festlich bekränzt sind und
den Chiton lose tragen wie 173, 174. Denn das, was Perdrizet, Coll. Fouquet S. 6ff., der alle 3 Zeugnisse übersehen hat,
erwähnt, hilft hier nicht weiter (άναανρμός s. auch unten Nr. 208).
6) Vgl. II, 59; 84, 137, ή μεν Βούβαστις κατά 'Ελλάδα γλώσσαν εστι "Αρτεμις. 155, 156. Nahe läge die Erklärung, wenn
Bubastis Horos' Schwester, Tochter der Buto Wäre: ίρόν δε εστι εν τι Βουτοϊ ταύτη Απόλλωνος κα'ι Άρτέμιδος. και δγε νηός τής
Αητούς... Oder weil sie zuweilen den Bogen trägt? (Erman, Rel.2 16, Anm. 13.)
7) Ovid, Met. 5, 330 kennt sie: fele soror Phoebi latuit.
8) Vielleicht könnte eine Erinnerung in der Fackelträgerin Anm. 3 und der Βούβαστις Σώτειρα (Ptol. Euerg. II., de Ricci,
Comptes Rend. Ac. Inscr. 1908, 791) fortleben, da Artemis Σώτειρα ist; aber warum soll diese nicht von sich aus den Titel
haben wie so viele andere?
9) Der Name Bubastis ist bis in späte Zeit bewahrt und ein Zeugnis, in dem sie unzweideutig Artemis genannt wird,
etwa wie Satis Hera usw., ist mir nicht bekannt. Mehrfach kommt ihr unkonkreter Name mit ägyptischen Göttern vor:
Βονβάστι και Πάσχιτι (von einem Griechen) Breccia, Iser. Alex. (Cat. gen. Alex.) I 46 (augusteisch); Βονβάστει κα'ι Άρμάι Οεοις
μεγάλοις (von einer Griechin) Breccia, Iser. (Cat. gen. Alex.) 121 (vgl. ebenda eine zweite). Βονβάστει καί Άνούβιδι, jetzt Preisigke,
Sammelbuch 438, Βοιβάστι ebd. 1107; vgl. auch die κώμη Βούβαστος im Faijum, schon mittelhell., P. Tebt. II app. s. v.,
P. Lille II, 2, 69 z. 9; den Tempel in Theadelphia, Lefebvre, Service des Ant. 1910, 162ff., P. Theadelph. S. 16. — Bubastis
in der Pistis Sophia ed. Petermann 366, 371. Letztes Zeugnis: Epiphanius, adv. haeres. III, 1093 über das Fest: Ta τε εν
Σάϊ τά τε εν Πηλονσίφ τά τε εν Βονβαστω.
10) Vgl. S. 37.
1!) Charakteristisch auch das Festhalten der üppigen Formen. So z. B. auch in einer Kairiner Terr., wo sie im Korb
sitzt und im 1. Arm die Katze, r. das Sistrum hält. Da könnte man eine Reminiszenz an jene alte geläufige Auffassung von
der dicken Göttin vermuten.
12) Die Zusammenstellung von Chiton und Mantel, der über den Kopf hochgezogen ist, kenne ich als Artemistracht
(Mantel umgelegt, vgl. Furtwängler, Gemmen Taf. 34, 5) nicht. Die alex. Münzen, Datt. Taf. IX, 799 Nr. 88, 1615, 2154
zeigen Artemis als Jägerin. Natürlicher als „synkretistische" Auffassung oder gelehrte Anspielung ist die Deutung auf die Frau
κατ έξοχήν, von der das Kostüm besser bekannt ist. Unklar ist das Bild bei Dattari, Taf. XXXIII, 6217, der Nomosmünze
des Bubastites, wo Bubastis selbst vorausgesetzt werden muß: Möglicherweise hat sie den Mantel, der aber nicht über den
Kopf geht; das Sistrum, die Stellung passen; unklar das Attribut 1.; zweifelhaft, ob Isismantel oder Chiton. Noch un-
deutlicher Taf. XXXV, 6219. Ist das der Typus wie Furtwängler, Gemmen, Taf. 39, 11. Das Hochziehen des Mantels wieder
bei Demeter, vor allem bei einer Isis in Hildesheim (oben S. 41 Anm. 55), Isis-Sothis (36), der gleichen Matrone. Da er hier
nicht wie bei den die Luft durchschwebenden (z. B. Reinach, Stat. II, 1, 312, 313, 320, hierzu Terrakotten) verwendet sein
kann, muß er in erster Linie dekorativ gedacht sein.
13) CIL. XIV, 2215 (Ostia), auch sonst.
14) Diodor I, 27. J. G. XII, V, 1 Nr. 14. Erman, Rel.2 265. Deissmann, Licht v. Osten 2/3, 93ff. Wilcken (bei Deiss-
mann, S. 93, 2) vermutet, der Text des Diodor stamme aus Bubastis. Die zitierte Stelle setzt die Anfüllung des vagen Na-
mens Bubastis = Herrin von Bubastis (Erman, Rel.2 16) durch den konkreten „Isis" voraus. Das läßt sich mit Herodot schwer
vereinigen (vorausgesetzt, daß sein Gewährsmann ihn nicht belog und seine Gleichung nicht seinem Hirn entsprang, äußerlich
und willkürlich war): Dann muß der Hymnos (über seine Form s. Norden, Agnostos Theos 219) hellenistischer Zeit und
Kreisen der Isispropaganda entstammen, ohne daß er sich freilich ganz durchsetzen konnte (Anm. 7 u. 9). — Ist er in
der Liturgie von los gebraucht, und Isis Bubastia außerhalb Ägyptens bekannt, dann muß Isis von Bubastis eine uns
nicht mehr verständliche Rolle im Isiskult gespielt haben (Mutterheiligtum eines bestimmten, auch außerägyptischenKreises?),
da sonst das wörtliche Zitat in zwei völlig disparaten Zeugnissen unverständlich bleibt. Aber er muß nicht notwendig des-
wegen aus Bubastis stammen, wie Wilcken meint, zumal einzelne Züge sicher in andere Orten loziert werden müssen. Näher
liegt die Heraufnahme des Satzes in eine offizielle Hymnologie der Isis, der die Verarbeitung zum Bild der Isis dann zufallen
würde. — Das bedarf einer näheren Untersuchung, zu der hier kein Platz ist.
Bubastis.
gleicht sie der griechischen Artemis6); welcher Grund ihn dazu veranlaßt hat, ist unbekannt;
die Gleichung scheint im Volk nicht lebendig gewesen zu sein7); denn kaum eine Spur in den
Zeugnissen der späten Zeit deutet darauf8). Im Gegenteil: Einmal lebt in den Bildern die
alte Auffassung der katzenköpfigen Göttin fort9); nur bewegt sie sich unter griechischem Ein-
fluß frei, wechselt auch ihre Attribute; oder wird eine Matrone wie 173, 17410), die nur in
den Attributen den alten Charakter bewahrt11), während ihr Kostüm an Demeter eher erinnert
als an Artemis12). Oder es tritt die Gleichung mit Isis stärker hervor. Trägt sie den Isis-
mantel (Anm. 3), so muß sie ihn von Isis übernommen haben, und eine ging dann in der
anderen auf — aber bald blieb nach außen hin Isis Siegerin in diesem Kampf. Das zeigen
zufällige Zeugnisse, z. B. aus Ostia, wo der Isis Bubastia eine Venusstatue geweiht wird13) und
die Hymnen14), die schon in hellenistischer Zeit Isis selbst verkünden lassen: Έμοϊ Βούβαστος ή
πόλις ώκοδομήθη. Bubastis — Artemis — Isis, ein großer Entwicklungsprozeß: auch die kleinen Bilder
lassen ihn wenigstens teilweise noch erkennen.
(zum Kopfschmuck vgl. auch Abb. 40). Man wird bei ihnen zuerst an die Szene denken, wo sie den Gestus vor dem Apis
ausführen, um fruchtbar zu werden (Diodor I, 85, 3); sonst bleibt wohl nur das Bubastisfest übrig — kaum die von
W. Vollgraff mir erklärte Hyginfabel (fab. 135) vom άνασνρμός in Athen —, zumal die einzelnen festlich bekränzt sind und
den Chiton lose tragen wie 173, 174. Denn das, was Perdrizet, Coll. Fouquet S. 6ff., der alle 3 Zeugnisse übersehen hat,
erwähnt, hilft hier nicht weiter (άναανρμός s. auch unten Nr. 208).
6) Vgl. II, 59; 84, 137, ή μεν Βούβαστις κατά 'Ελλάδα γλώσσαν εστι "Αρτεμις. 155, 156. Nahe läge die Erklärung, wenn
Bubastis Horos' Schwester, Tochter der Buto Wäre: ίρόν δε εστι εν τι Βουτοϊ ταύτη Απόλλωνος κα'ι Άρτέμιδος. και δγε νηός τής
Αητούς... Oder weil sie zuweilen den Bogen trägt? (Erman, Rel.2 16, Anm. 13.)
7) Ovid, Met. 5, 330 kennt sie: fele soror Phoebi latuit.
8) Vielleicht könnte eine Erinnerung in der Fackelträgerin Anm. 3 und der Βούβαστις Σώτειρα (Ptol. Euerg. II., de Ricci,
Comptes Rend. Ac. Inscr. 1908, 791) fortleben, da Artemis Σώτειρα ist; aber warum soll diese nicht von sich aus den Titel
haben wie so viele andere?
9) Der Name Bubastis ist bis in späte Zeit bewahrt und ein Zeugnis, in dem sie unzweideutig Artemis genannt wird,
etwa wie Satis Hera usw., ist mir nicht bekannt. Mehrfach kommt ihr unkonkreter Name mit ägyptischen Göttern vor:
Βονβάστι και Πάσχιτι (von einem Griechen) Breccia, Iser. Alex. (Cat. gen. Alex.) I 46 (augusteisch); Βονβάστει κα'ι Άρμάι Οεοις
μεγάλοις (von einer Griechin) Breccia, Iser. (Cat. gen. Alex.) 121 (vgl. ebenda eine zweite). Βονβάστει καί Άνούβιδι, jetzt Preisigke,
Sammelbuch 438, Βοιβάστι ebd. 1107; vgl. auch die κώμη Βούβαστος im Faijum, schon mittelhell., P. Tebt. II app. s. v.,
P. Lille II, 2, 69 z. 9; den Tempel in Theadelphia, Lefebvre, Service des Ant. 1910, 162ff., P. Theadelph. S. 16. — Bubastis
in der Pistis Sophia ed. Petermann 366, 371. Letztes Zeugnis: Epiphanius, adv. haeres. III, 1093 über das Fest: Ta τε εν
Σάϊ τά τε εν Πηλονσίφ τά τε εν Βονβαστω.
10) Vgl. S. 37.
1!) Charakteristisch auch das Festhalten der üppigen Formen. So z. B. auch in einer Kairiner Terr., wo sie im Korb
sitzt und im 1. Arm die Katze, r. das Sistrum hält. Da könnte man eine Reminiszenz an jene alte geläufige Auffassung von
der dicken Göttin vermuten.
12) Die Zusammenstellung von Chiton und Mantel, der über den Kopf hochgezogen ist, kenne ich als Artemistracht
(Mantel umgelegt, vgl. Furtwängler, Gemmen Taf. 34, 5) nicht. Die alex. Münzen, Datt. Taf. IX, 799 Nr. 88, 1615, 2154
zeigen Artemis als Jägerin. Natürlicher als „synkretistische" Auffassung oder gelehrte Anspielung ist die Deutung auf die Frau
κατ έξοχήν, von der das Kostüm besser bekannt ist. Unklar ist das Bild bei Dattari, Taf. XXXIII, 6217, der Nomosmünze
des Bubastites, wo Bubastis selbst vorausgesetzt werden muß: Möglicherweise hat sie den Mantel, der aber nicht über den
Kopf geht; das Sistrum, die Stellung passen; unklar das Attribut 1.; zweifelhaft, ob Isismantel oder Chiton. Noch un-
deutlicher Taf. XXXV, 6219. Ist das der Typus wie Furtwängler, Gemmen, Taf. 39, 11. Das Hochziehen des Mantels wieder
bei Demeter, vor allem bei einer Isis in Hildesheim (oben S. 41 Anm. 55), Isis-Sothis (36), der gleichen Matrone. Da er hier
nicht wie bei den die Luft durchschwebenden (z. B. Reinach, Stat. II, 1, 312, 313, 320, hierzu Terrakotten) verwendet sein
kann, muß er in erster Linie dekorativ gedacht sein.
13) CIL. XIV, 2215 (Ostia), auch sonst.
14) Diodor I, 27. J. G. XII, V, 1 Nr. 14. Erman, Rel.2 265. Deissmann, Licht v. Osten 2/3, 93ff. Wilcken (bei Deiss-
mann, S. 93, 2) vermutet, der Text des Diodor stamme aus Bubastis. Die zitierte Stelle setzt die Anfüllung des vagen Na-
mens Bubastis = Herrin von Bubastis (Erman, Rel.2 16) durch den konkreten „Isis" voraus. Das läßt sich mit Herodot schwer
vereinigen (vorausgesetzt, daß sein Gewährsmann ihn nicht belog und seine Gleichung nicht seinem Hirn entsprang, äußerlich
und willkürlich war): Dann muß der Hymnos (über seine Form s. Norden, Agnostos Theos 219) hellenistischer Zeit und
Kreisen der Isispropaganda entstammen, ohne daß er sich freilich ganz durchsetzen konnte (Anm. 7 u. 9). — Ist er in
der Liturgie von los gebraucht, und Isis Bubastia außerhalb Ägyptens bekannt, dann muß Isis von Bubastis eine uns
nicht mehr verständliche Rolle im Isiskult gespielt haben (Mutterheiligtum eines bestimmten, auch außerägyptischenKreises?),
da sonst das wörtliche Zitat in zwei völlig disparaten Zeugnissen unverständlich bleibt. Aber er muß nicht notwendig des-
wegen aus Bubastis stammen, wie Wilcken meint, zumal einzelne Züge sicher in andere Orten loziert werden müssen. Näher
liegt die Heraufnahme des Satzes in eine offizielle Hymnologie der Isis, der die Verarbeitung zum Bild der Isis dann zufallen
würde. — Das bedarf einer näheren Untersuchung, zu der hier kein Platz ist.