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Modderman, Pieter J.; Clason, Anneke
Die neolithische Besiedlung bei Hienheim, Ldkr. Kelheim (Band 1): Die Ausgrabungen am Weinberg 1965 bis 1970 — Kallmünz/​Opf.: Verlag Michael Lassleben, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.63701#0058
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Altheimer Gruben
An nur zwei Stellen sind Siedlungsaktivitäten aus
dieser Periode festgestellt worden. Die umfangrei-
chere befindet sich in dem bereits beschriebenen
Grubenkomplex in G-8 (S. 52). In einer von diesen
Gruben wurden Spuren einer Feuerstelle gefunden
(Abb. 21). Für die Beschreibung der Funde sei auf
S. 76 verwiesen. Eine zweite Grube (Nr. 194), aus
der allerdings nur wenige Funde geborgen worden
sind, liegt im Quadrat E-12 (Taf. 16). Von Bedeu-
tung ist, daß diese Grube eine sog. Gerbegrube
schneidet (Van de Velde 1973, Nr. 6).
Keine der beiden Gruben hat eine solche Form,
daß sich daraus auf eine besondere Funktion schlie-
ßen ließe.
Chamer Gruben
Von 21 Gruben, die zu der Chamer Gruppe ge-
zählt werden müssen, können 12 mit Sicherheit als
rund bezeichnet werden. Drei andere sind länglich
mit annähernd O-W-Ausrichtung. Von den restli-
chen sechs sind drei mehr oder weniger rund, wäh-
rend die letzten drei nicht eingeteilt werden kön-
nen, weil unsere Grabungen nicht genügend Ma-
terial erbracht haben, um etwas über die Form

aussagen zu können. Es sei daran erinnert, daß
zwei Gräbchen mit Sicherheit der Chamer Gruppe
zugesprochen werden konnten (S. 48).
Das vielfache Auftreten von zylinderförmigen Gru-
ben, die mit einem flachen, schalenförmigen Boden
versehen sind, führt wie von selbst zu der Hypo-
these, daß wir es hier mit sog. Silos zu tun haben.
Mittelalterliche Gruben
In der Ecke des Geländes, die durch die Karren-
spur begrenzt wird, welche von Quadrat E-2 bis in
Quadrat C-5 zu verfolgen war (Taf. 8, 9), wurden
drei Gruben und ein Gräbchen gefunden, die den
darin vorhandenen Scherben zufolge mittelalterlich
sein müssen. Aus einer Grube (Fundnr. 554) wur-
de 2400 gr. Eisenschlacke geborgen, was auf eine
Herstellung von Schmiedeeisen deuten kann. Über-
all zerstreut über das Gelände sind übrigens aus
der Ackerkrume immer wieder Stückchen Eisen-
schlacke gesammelt worden. Wir haben die Mög-
lichkeit erwogen, daß die Lage der Gruben, nahe
am Steilhang zur Niederterrasse, eine natürliche
gute Stelle dafür sein könnte, einen guten Luftzug
zu gewährleisten, ein Umstand, der vielleicht für
die Eisenschmelzereien ausgenutzt worden ist.

SILOS

Gruben, die durch ihre Zylinder- oder Kegelform
auffallen, werden häufig als Getreidelager umschrie-
ben. In Südost-Europa sind solche „Silos“ noch bis
ins 20. Jahrhundert hinein im Gebrauch gewesen
(Mitteilung von Dr. F. Davis). In Großbritannien
hat man mittels Experimenten nachweisen können,
daß zylinderförmige Gruben im Kalk ausgezeichnet
zum Konservieren von Getreide verwendet werden
können (Coles 1973, S. 39—45). Soudsky (1962,
S. 198) hat auf bandkeramische Silos hingewiesen,
die von Jahr zu Jahr mit einer neuen Lehmschicht
versehen worden wären, um den Silo von Unge-
ziefer freizuhalten. Wenn man die Forschung über-
blickt, sieht man so viele Diskussionen über dieses
Thema, daß es gewiß angebracht erscheint, in die-
sem Bericht über Hienheim extra Aufmerksamkeit
darauf zu verwenden.
Das Formkriterium ist das einzige, weswegen in
Hienheim Gruben als Silos bezeichnet werden könn-
ten. Dies ist eine zu schmale Arbeitsgrundlage, so
daß im Obenstehenden immer nur auf die Möglich-
keit hingewiesen wurde, daß sich unter den zylin-
derförmigen Gruben aus dem mittleren Neolithi-

kum und der Chamer Gruppe wohl einmal Silos
befinden könnten. Wir können nicht ausschließen,
daß es unter den linearbandkeramischen Gruben
auch Silos gibt, aber damit ist denn auch alles ge-
sagt.
Eine Ausnahme muß vielleicht für zwei mittelneo-
lithische Gruben gemacht werden. Die eine ist eine
zylinderförmige Grube (Nr. 264) in Quadrat F-7, de-
ren Boden und Wände durch ein Feuer rotgebacken
sind (Abb. 21). Obschon die Grubenfüllung eine
ausgesprochen dunkle Farbe zeigte, sind im Schnitt
keine verkohlten Samen erkannt worden. Der In-
halt, der noch zur Hälfte in der Erde ist, wurde
nicht gesiebt. Die Grube käme, auch in Anbetracht
der Feuerspuren, für eine Verwendung als Getreide-
speicher in Frage. Der schlüssige Beweis fehlt aber,
ebenso wie bei Grube 546 in K-3. Diese ist kegel-
förmig mit der Basis an der tiefsten Stelle (Abb. 21).
Die Kegelform wird sehr schön durch die Tatsache
illustriert, daß das Auffüllen der Grube zunächst
in der Mitte unter der Öffnung stattgefunden hat.
Die Probe aus dem Inhalt, die gesiebt wurde, ent-
hielt keine verkohlten Samen.

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