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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 16.1917

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Malpricht, Alfred: Die Bauten der fürstlich plessischen Bergwerksdirektion in Kattowitz O.-S.
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https://doi.org/10.11588/diglit.50178#0116
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stock. Die Baukosten für dieses Gebäude betragen
einschließlich der inneren Einrichtung 180000 M.
In Emanuelssegen ist weiterhin der Bau eines
Knappschaftslazaretts für Bergarbeiter beabsichtigt,
für das die Pläne bereits ausgearbeitet sind. Vor
Ausbruch des Krieges konnte jedoch nur noch das
Arzthaus gebaut werden, während die Ausführung
des Hauptlazarettgebäudes und der erforderlichen
Nebengebäude bis nach Beendigung des Krieges
zurückgestellt werden mußte. Neben der Wohnung
für den Arzt befindet sich im Erdgeschoß des Arzt-
hauses noch ein Warte- und ein Sprechzimmer mit
besonderem Eingang. Ein Stallgebäude mit Wagen-
remise mit Stallungen für zwei Pferde, Hühner und
Gänse, mit Futterkammer, Heuboden und einer
Kutscherwohnung ist gleichfalls vorhanden, ebenso
ein größerer Zier- und ein Gemüsegarten. Die Bau-
kosten betrugen einschließlich aller Nebenanlagen
rund 70000 M.
Das Bürogebäude und die Badeanstalt
aufFürstengrube sind für eine Belegschaft von
700 Mann bemessen. Im Bürogebäude sind Büro-
räume für den Betriebsführer, für Steiger und Ober-
häuer, Kanzleiräume, ein Büro für den Bauführer
und Baderäume vorhanden. Der Zechensaal, die
Steigerbüros und die Badeanstalt können für eine
spätere Belegschaft von 1200 Mann erweitert werden.
Für beide Gebäude war ein Bauaufwand von rund
100000 M. nötig.
Bei dem Beamtenhaus in Ober-Lazisk befin-
det sich im Obergeschoß eine größere Wohnung
für den Betriebsführer, bestehend aus sechs Zim-
mern, Diele, Garderobe, Küche, Bad, Speisekammer
und Mädchenkammer. Im Erdgeschoß sind je zwei
Steigerwohnungen von je drei Zimmern, Vorzimmer,
Küche, Speisekammer und Mädchenkammer unter-
gebracht. Jede der drei Wohnungen hat einen be-
sonderen Eingang sowie Stallungen, Kellerräume,
Bodenkammern und größere Gärten. Die Baukosten
für dieses Gebäude betrugen rund 48000 M.
Die Beamtenhäuser in Böerschächte und Fürsten-
grube enthalten Wohnungen für mittlere Beamte,
die je aus drei Stuben, Küche, Speisekammer, Abort,
Loggia und einer Mädchenkammer im Dachgeschoß
bestehen. Die Nebenräume, Stallungen und Gärten
sind dieselben, wie beim Beamtenhaus in Ober-
Lazisk. Die Baukosten für diese Gebäude stellten
sich auf je 50000 M.
Das Schlafhaus in Emanuelssegen ist für
die Unterbringung von ausländischen Arbeitern be-
stimmt. Im Gegensatz zu dem Schlafhaus in Für-
stengrube, das getrennte Schlaf- und Aufenthalts-
räume enthält, sind hier nur größere Schlafräume
angeordnet mit reichlich großen und gut gelüfteten
Abort- und Waschräumen in den einzelnen Ge-
schossen; auch eine Badegelegenheit ist vorhanden.

In einer im Keller befindlichen Küche können sich
die Arbeiter ihr Essen selbst kochen oder in dem
naheliegenden alten Schlafhaus Mittagessen erhal-
ten. Die Baukosten betragen 85000 M.
Das Schlafhaus in Fürstengrube hat, wie
bereits erwähnt, getrennte Schlaf- und Aufenthalts-
räume. Im Obergeschoß ist ein größerer Eßsaal vor-
handen, sowie eine Küche, in der für die Arbeiter
gutes und billiges Mittagessen zubereitet wird. Im
Dachgeschoß befindet sich die Wohnung für den
Schlafhausverwalter sowie Räume für das Personal.
Außerdem wurde in diesem Gebäude provisorisch
bis zur Fertigstellung des neuen Warenhauses auch
eine Warenhausfiliale untergebracht. Die Baukosten
betrugen rund 130000 M.
Während die Bergarbeiter im Rheinland und West-
falen im allgemeinen Einfamilienhäuser bevorzugen,
wohnen die oberschlesischen Bergleute lieber in
Häusern, in denen mehrere Wohnungen vorhanden
sind. Dieses Zusammenwohnen wird durch die Mög-
lichkeit, sich untereinander kleinere Hilfe leisten
zu können, begründet. So beaufsichtigen die Frauen
gegenseitig die Kinder, wenn eine von ihnen außer-
halb des Hauses sich befindet. Bei den zuletzt er-
bauten Arbeiterhäusern wurde das Zusammen-
legen vonWohnungen allerdings soweit eingeschränkt,
daß nur noch je zwei, von den anderen Wohnungen
durch Brandgiebel getrennte Wohnungen von einem
Treppenhaus aus zugängig sind. Die meisten Wohn-
ungen bestehen aus einer größeren Küche (Wohn-
küche) und zwei Stuben mit zusammen rund 50 qm
Wohnfläche. Zu jeder Wohnung gehören noch ein
Stall für Schweine, Hühner, Ziegen und Gänse, ein
größerer Heuboden sowie die erforderlichen Kohlen-
und Wirtschaftskeller und ein etwa 150 qm großer
Garten. Am Stallgebäude sind die Aborte angebaut.
Die Baukosten einschließlich der Stallgebäude, Ein-
zäunungen, Wasser-, Zu- und Ableitungen und
sämtlichen Nebenanlagen betragen für eine Woh-
nung je nach ihrer Größe und Lage ungefähr 4 bis
5000 M.
Ueber die äußere Gestaltung der verschiedenen
Bauten geben die Abbildungen der folgenden Sei-
ten ausführliche und bessere Auskunft, als Worte
vermögen. Aus allen Bildern aber ist gleichermaßen
ersichtlich, daß Bauinspektor Malpricht nicht nur
schwierigste Bauaufgaben mit verhältnismäßig ge-
ringem Kostenaufwand praktisch vollauf befrie-
digend zu lösen verstand, sondern auch neben der
Freude an der sorgsamen Durchbildung der Einzel-
heiten, neben der Beherrschung aller Materialien
und Techniken und neben dem verständnisvollen
Eingehen auf alle Besonderheiten der Bestimmung
und des Bauplatzes, doch stets die Gestaltung des
Ganzen zum harmonischen Kunstwerk im Auge
behalten und glücklich verwirklicht hat.
 
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