354
und Innenausstattung vollbracht. In mancher Beziehung ist
man vom Herkömmlichen ziemlich weit abgegangen. Be-
strebt, durchaus von innen nach außen zu bauen, also von
der grundrißmäßigen Raumgestaltung her, hat man bei der
Nordfassade in einer Weise auf jede Repräsentation ver-
zichtet, die den üblichen Ansprüchen an ein „Palasthotel“
fast widerspricht. Vielleicht kann man sogar sagen, daß diese
Fassade im Mangel aller Gliederung, im Verzicht auf plasti-
sche Durchgestaltung etwas zu puritanisch wirkt. Immerhin
wird diese Front — zu der die provisorische Südseite mit
ihren blockartigen Vorsprüngen einen erfreulichen, wenn auch
gar nicht beabsichtigten Gegensatz bildet — wie viele andere
Zweckbauten das Sinnbild einer Generation bleiben, die im
Zeichen von Nachkrieg und Reparationen vor allen Dingen
der Pflicht der Sparsamkeit und anständigen Sachlichkeit ge-
nügen mußte. Nach einer so zurückhaltenden Außenansicht
kann dann auch das Innere der neuen Mannheimer Gaststätte
die Vorzüge eines maßvollen und durchdachten Komforts um
so wirkungsvoller entfalten. DieWände eines modernen Hotels
bergen heute einen unendlich komplizierten Präzisions-
mechanismus, ein verwickeltes Skelett der Gerüste, Schächte,
Apparate und Röhren. Man denke an die Küche und ihre
Erfordernisse, ihre Verbundenheit mit Restaurants und Korri-
doren, an die Vorrichtungen der Schallisolierung, die An-
lage der Heizung, der Zuführung für kalte Luft, an die
Garderoben und Toiletten, an die verwickelten Installationen
für Wasser, Licht und Wärme: all das eingeordnet einem
Grund- und Aufriß, der entstand aus der Notwendigkeit,
sehr viele dienende und zu bedienende Menschen zu trennen
und zu vereinigen, zahlreiche verschiedenartigste Anforde-
rungen auf verhältnismäßig schmalem Raum zu erfüllen.
Aber um all diese berechnete Anlage und technische Appa-
ratur legt sich die innere Verkleidung der Räume, der ganze
Aufwand der Ausstattung, wie eine dichte und weiche Hülle,
die den Reisenden niemals merken läßt, daß er in einen
fast überentwickelten Großapparat eingefügt ist. —
Man fühlt sich behaglich und entspannt in dem neuen
Mannheimer Hotel. Um den Mittelpunkt eines Brunnen-
hofs, der in seinem weißen Putz, seinen roten Terrakotta-
fenstern sehr heiter und einladend wirkt, sind die Räume
des Erdgeschosses und die meisten Gästeräume der oberen
Stockwerke gelagert, wobei der Durchblick auf den Hof
raumerweiternd und lichtzuführend wirkt. Man war ge-
zwungen, fast alle Räume niedrig zu halten und in ihrem
Ausmaß weder im Erdgeschoß noch bei den Gästezimmern
verschwenderisch zu sein. Die Architekten haben es ver-
standen, diesem Mangel, wenn es einer ist, durch die Auf-
teilung der Räume und ihre Verbindung sowie durch die
Art ihrer Ausstattung geschickt zu begegnen. Man kann
sich oft freuen an der hellen lichten Farbenstimmung, wie
sie, ohne viel Aufwand an Profilierung und Ornamenten,
mit Tapeten und Wandstoffen, mit Majolikafassungen, Mar-
morplatten und Steinfliesen, mit kostbaren Holzverklei-
dungen, hie und da mit Wandmalereien im Zusammenklang
mit Möbeln und Stoffen erzielt worden ist. Man kann an
der bequemen Leichtigkeit und klaren Durchbildung der
verschiedenartigen Möbel, an der ausgezeichneten Auswahl
der gesamten Stoffe (Teppiche und Vorhänge), auch an
manchen, wenn auch nicht gerade an allen Beleuchtungs-
körpern seine Freude haben bis hin zu der wohlgelungenen
Ausstattung mit Bildern und Skulpturen*) — um das Walten
eines behutsamen Geschmacks festzustellen, dessen Absichten
vielleicht nur darum nicht ganz gleichmäßig durchgeführt
werden konnten, weil die schnelle Fertigstellung Schwan-
kungen brachte. —
Überall dort, wo die moderne Baukunst und Innendeko-
ration über die funktionale Schönheit des Technischen und
Zweckmäßigen hinausgeht, wo sie eine gewisse Eleganz und
Repräsentation anstrebt, überall, wo ein modernes „Orna-
ment“ im weitesten Sinne des Wortes gesucht wird, ist
heute die Gefahr des Modischen gegeben, einer billigen
Konfektion des Modernen: Zierweisen, die so rasch ver-
alten werden, wie der Jugendstil unerträglich geworden ist.
Es ist erfreulich, daß das Mannheimer Hotel auf Anwendung
derartiger vergänglicher Formmoden zumeist verzichtet hat,
ohne doch andererseits den historischen Stilplunder weiter
zu schleppen.
Freilich, eins muß zum Schluß angemerkt werden. Die, wenn
auch verhaltene, so doch sehr abgestimmte und vielfältige
„Raumkunst“ des Erdgeschosses ist, gerade weil man nicht
sehr weitgehend typisiert und genormt hat, auf sorgfältigste
Pflege auch im geschmacklichen Sinne angewiesen. Die
Kultur dieser Räume, dies Ensemble von Holzverkleidungen,
Majolika, Fliesen, von Teppichen, Diwan- und Möbelstoffen,
Tapeten und Vorhängen ist so wenig robust, daß schon ein
verschobener Teppich, ein schlechter Aschenbecher, eine
schreckliche Palme, eine banale Blumenvase für das emp-
findliche Auge die Gesamtstimmung vernichten kann. Bei
einem Hotel, das auf Massenverbrauch angewiesen ist, bil-
det das Aufrechterhalten einer auch künstlerischen „Ord-
nung“ keine eben leichte Aufgabe! Daß eine nicht nur dem
Wirtschaftlichen und Technischen zugewandte Verwaltung
auch diesen zarten Organismus, wie ihn der Alltag des
Hotelbetriebs nur allzuleicht zerstört, wahren und pflegen
möge, ist unser Wunsch.
*) Erwähnt seien die vorbildliche textile Gesamtausstattung- der Gesellschafts-
räume durch die Werkstätte Hohenhagen bei Hag-en i.W., die leichten und schlich-
ten Möbel von Architekt Dr. Frank, Wien, die Baukeramik der Majolikamanufaktur,
Karlsruhe. Feine Einzelstücke der Keramik lieferte Max Läug-er, Karlsruhe, und die
Ausstattung- der Festräume mit Plastik und Gemälden von Schließler, Geibel,
Babberger, Fuhr verdient besondere Erwähnung, da man hier mit Glück von dem
bei Hotels üblichen Salonschema abgewichen ist.
und Innenausstattung vollbracht. In mancher Beziehung ist
man vom Herkömmlichen ziemlich weit abgegangen. Be-
strebt, durchaus von innen nach außen zu bauen, also von
der grundrißmäßigen Raumgestaltung her, hat man bei der
Nordfassade in einer Weise auf jede Repräsentation ver-
zichtet, die den üblichen Ansprüchen an ein „Palasthotel“
fast widerspricht. Vielleicht kann man sogar sagen, daß diese
Fassade im Mangel aller Gliederung, im Verzicht auf plasti-
sche Durchgestaltung etwas zu puritanisch wirkt. Immerhin
wird diese Front — zu der die provisorische Südseite mit
ihren blockartigen Vorsprüngen einen erfreulichen, wenn auch
gar nicht beabsichtigten Gegensatz bildet — wie viele andere
Zweckbauten das Sinnbild einer Generation bleiben, die im
Zeichen von Nachkrieg und Reparationen vor allen Dingen
der Pflicht der Sparsamkeit und anständigen Sachlichkeit ge-
nügen mußte. Nach einer so zurückhaltenden Außenansicht
kann dann auch das Innere der neuen Mannheimer Gaststätte
die Vorzüge eines maßvollen und durchdachten Komforts um
so wirkungsvoller entfalten. DieWände eines modernen Hotels
bergen heute einen unendlich komplizierten Präzisions-
mechanismus, ein verwickeltes Skelett der Gerüste, Schächte,
Apparate und Röhren. Man denke an die Küche und ihre
Erfordernisse, ihre Verbundenheit mit Restaurants und Korri-
doren, an die Vorrichtungen der Schallisolierung, die An-
lage der Heizung, der Zuführung für kalte Luft, an die
Garderoben und Toiletten, an die verwickelten Installationen
für Wasser, Licht und Wärme: all das eingeordnet einem
Grund- und Aufriß, der entstand aus der Notwendigkeit,
sehr viele dienende und zu bedienende Menschen zu trennen
und zu vereinigen, zahlreiche verschiedenartigste Anforde-
rungen auf verhältnismäßig schmalem Raum zu erfüllen.
Aber um all diese berechnete Anlage und technische Appa-
ratur legt sich die innere Verkleidung der Räume, der ganze
Aufwand der Ausstattung, wie eine dichte und weiche Hülle,
die den Reisenden niemals merken läßt, daß er in einen
fast überentwickelten Großapparat eingefügt ist. —
Man fühlt sich behaglich und entspannt in dem neuen
Mannheimer Hotel. Um den Mittelpunkt eines Brunnen-
hofs, der in seinem weißen Putz, seinen roten Terrakotta-
fenstern sehr heiter und einladend wirkt, sind die Räume
des Erdgeschosses und die meisten Gästeräume der oberen
Stockwerke gelagert, wobei der Durchblick auf den Hof
raumerweiternd und lichtzuführend wirkt. Man war ge-
zwungen, fast alle Räume niedrig zu halten und in ihrem
Ausmaß weder im Erdgeschoß noch bei den Gästezimmern
verschwenderisch zu sein. Die Architekten haben es ver-
standen, diesem Mangel, wenn es einer ist, durch die Auf-
teilung der Räume und ihre Verbindung sowie durch die
Art ihrer Ausstattung geschickt zu begegnen. Man kann
sich oft freuen an der hellen lichten Farbenstimmung, wie
sie, ohne viel Aufwand an Profilierung und Ornamenten,
mit Tapeten und Wandstoffen, mit Majolikafassungen, Mar-
morplatten und Steinfliesen, mit kostbaren Holzverklei-
dungen, hie und da mit Wandmalereien im Zusammenklang
mit Möbeln und Stoffen erzielt worden ist. Man kann an
der bequemen Leichtigkeit und klaren Durchbildung der
verschiedenartigen Möbel, an der ausgezeichneten Auswahl
der gesamten Stoffe (Teppiche und Vorhänge), auch an
manchen, wenn auch nicht gerade an allen Beleuchtungs-
körpern seine Freude haben bis hin zu der wohlgelungenen
Ausstattung mit Bildern und Skulpturen*) — um das Walten
eines behutsamen Geschmacks festzustellen, dessen Absichten
vielleicht nur darum nicht ganz gleichmäßig durchgeführt
werden konnten, weil die schnelle Fertigstellung Schwan-
kungen brachte. —
Überall dort, wo die moderne Baukunst und Innendeko-
ration über die funktionale Schönheit des Technischen und
Zweckmäßigen hinausgeht, wo sie eine gewisse Eleganz und
Repräsentation anstrebt, überall, wo ein modernes „Orna-
ment“ im weitesten Sinne des Wortes gesucht wird, ist
heute die Gefahr des Modischen gegeben, einer billigen
Konfektion des Modernen: Zierweisen, die so rasch ver-
alten werden, wie der Jugendstil unerträglich geworden ist.
Es ist erfreulich, daß das Mannheimer Hotel auf Anwendung
derartiger vergänglicher Formmoden zumeist verzichtet hat,
ohne doch andererseits den historischen Stilplunder weiter
zu schleppen.
Freilich, eins muß zum Schluß angemerkt werden. Die, wenn
auch verhaltene, so doch sehr abgestimmte und vielfältige
„Raumkunst“ des Erdgeschosses ist, gerade weil man nicht
sehr weitgehend typisiert und genormt hat, auf sorgfältigste
Pflege auch im geschmacklichen Sinne angewiesen. Die
Kultur dieser Räume, dies Ensemble von Holzverkleidungen,
Majolika, Fliesen, von Teppichen, Diwan- und Möbelstoffen,
Tapeten und Vorhängen ist so wenig robust, daß schon ein
verschobener Teppich, ein schlechter Aschenbecher, eine
schreckliche Palme, eine banale Blumenvase für das emp-
findliche Auge die Gesamtstimmung vernichten kann. Bei
einem Hotel, das auf Massenverbrauch angewiesen ist, bil-
det das Aufrechterhalten einer auch künstlerischen „Ord-
nung“ keine eben leichte Aufgabe! Daß eine nicht nur dem
Wirtschaftlichen und Technischen zugewandte Verwaltung
auch diesen zarten Organismus, wie ihn der Alltag des
Hotelbetriebs nur allzuleicht zerstört, wahren und pflegen
möge, ist unser Wunsch.
*) Erwähnt seien die vorbildliche textile Gesamtausstattung- der Gesellschafts-
räume durch die Werkstätte Hohenhagen bei Hag-en i.W., die leichten und schlich-
ten Möbel von Architekt Dr. Frank, Wien, die Baukeramik der Majolikamanufaktur,
Karlsruhe. Feine Einzelstücke der Keramik lieferte Max Läug-er, Karlsruhe, und die
Ausstattung- der Festräume mit Plastik und Gemälden von Schließler, Geibel,
Babberger, Fuhr verdient besondere Erwähnung, da man hier mit Glück von dem
bei Hotels üblichen Salonschema abgewichen ist.