2
Allerdings muß dabei betont werden, daß Persönlichkeiten
der künstlerischen Art Emil Fahrenkamps notwendig
waren, den neuen Stil allgemeingültig zu machen. Sie stehen
mit ihrer geradezu klassizistisch veredelten Formtendenz aus-
gleichend zwischen dem zügellosen Kunstgewerblertum
schwelgerischer Innendekoration und dem überzüchteten
Rationalismus kalter, schmuckloser Raumgestaltung. Für jene
beiden Arten hat ein Hotel keinen Platz; es wäre sehr
schnell veraltet, also in der Anlage bereits unrentabel, was
unter allen Umständen vermieden werden muß. Die Lösung
aber, die Fahrenkam p in diesem Bochumer „Parkhotel
Haus Rechen" gefunden hat, bedeutet nicht nur in seinem
Schaffen einen stilgeschichtlichen Wendepunkt. Sie gibt — um
das hier schon vorweg zu nehmen — bereits etwas von
Erfüllung einer Zukunftsaufgabe, die darin besteht, jene
Kälte unseres sachlichen Rationalismus in der Architektur,
der in diesem Haus ja alle berechtigten Werte seiner klaren
Raumkörpergestaltung wiederfindet, mit der Wärme einer
geistvoll beherrschten Sinnlichkeit im Raumschöpferischen
zu binden. Erst ein solches Resultat gibt den warmen,
menschlichen Atem einer Wohn- und Lebenskultur,
in der sich die zerrissenen Nerven heutiger Menschen wieder
fangen und sammeln können.
Bei der sachlichen Darstellung dessen, was dieser Hotel-
bau an Räumen und Einrichtungen künstlerischer und tech-
nischer Art enthält, mögen ein paar Stichworte über Grün-
dung, Arbeitsdaten und städtebauliche Situation
vorausgehen. Der wirtschaftliche und kulturelle Aufstieg
Bochums unter den Großstädten des Industriegebiets ließ
immer empfindlicher auf die Tatsache hinweisen, daß hier
im Gegensatz zu anderorts der repräsentative, verwöhnteren
und größeren Ansprüchen genügende Hotelbau fehlte. Der
Plan eines Neubaus war seit Jahren innerhalb der Stadt-
verwaltung erwogen worden. Da griff 1925 die Industrie-
und Handelswelt Bochums das Projekt auf, gründete mit
1,8 Millionen Mark Stammkapital die Hotel-AG.; diese
schrieb einen öffentlichen Wettbewerb aus, entwarf nach ein-
gehenden Studien einen Plan, auf dessen Grundlage Emil
Fahrenkamp den einheitlichen Gesamtentwurf für
Grundriß, Außen- und Innenarchitektur schuf. Am 12. Sep-
tember 1927 wurde der Eisenbetonbau in Angriff genommen
im Mai 1928 war der Rohbau fertiggestellt, Oktober 1929
das Werk vollendet. Am 6. Oktober fand in Gegenwart zahl-
reicher Behörden die feierliche Eröffnung statt.
Das Hotel steht wenige Schritte entfernt vom Bochumer
Stadttheater, dem kulturellen Mittelpunkt dieser Stadt, an
der Nordseite unmittelbar verbunden mit der parkartigen
Anlage des ehemaligen mittelalterlichen Herrensitzes „Haus
Rechen". Es liegt einer neuerdings nicht zuletzt aus wirt-
schaftlichen Gründen (Grundstückerwerb, Steigerung der
Citypreise usw.) beliebten Städtebautendenz folgend auf der
Grenze zwischen Geschäfts - und Wohnstadt, in staub-
freierer Luft und ruhigerer Lage als die City sie bieten kann.
Das seitlich länger gestreckte Rechteck des Hotelbaus
ist im Außenbild der muschelkalkverblendeten Fassade mit
einer „heiter bewegten" Ruhe gestaltet. Denn wie will man
anders den Gegensatz charakterisieren, den Fahrenkamp
mit einer für ihn typischen Lösung zwischen der Monotonie
der oberen Hotelfassade und dem luftig schwebenden Säulen-
vorbau der Nordfront, dem graziös mit Schutzgitter ge-
schmückten Plattenvorsprung der Auffahrtseite geschaffen
hat. Mit dezent betonten Simsprofilen wird ein Horizontal-
charakter hervorgerufen, der in den markierten Erkerverti-
kalen einen neuen Spannungsgegensatz erhält.
Die grundrißliche Anordnung, die Raumkörpergestaltung
im Innern und ihr dekorativer Ausbau zeigen Fahren-
kamp mehr als die Fassade (Entwurf 1927) auf der Höhe
seiner heutigen Leistung. Der verschwenderische Reichtum
seines bisherigen dekorativen Erfindens, unberechenbar
in Detail und Variante, wird hier auf den elementaren
Nenner einer Raumkunst von klassischer Prägnanz
gebracht. Die Elemente seiner Raumkunst, Farbe, Holz,
Licht, Metall und Stoff, treten in breiteren, raumbauenden
Flächen und Wirkungen auf. Der Eintritt in die Hotel-
halle tritt den ersten, unverkennbaren Beweis für den
„neuen" Fahrenkamp an. Nur zwei Elemente bauen und
schmücken den langen und hohen Raum: das getönte, durch-
gehende Weiß der Wände und Decken, das weiße Licht
der 8 Kugellampen und der leuchtend rote Velours, der
den gewürfelten grauen Marmorboden deckt.
Von der Hotelhalle aus erschließt sich bereits das klare
Grundrißbild. In senkrechten Durchgängen und Blickpunkten
breitet das Erdgeschoß seine Räume dem Besucher aus. Der
breiteste Durchgang führt von der Mitte der Hotelhalle
zur großen Gesellschaftshalle. Der Durchgang leitet aus der
Helligkeit der Empfangshalle durch die diskrete Wand- und
Deckenvertäfelung in Nußbaum- und Makassar-Ebenholz
geschmackvoll zu der persönlicheren Wohnkultur der Ge-
sellschaftshalle über. Eine überaus reizvolle Farbennote wird
im Durchgang durch die in rotem Schleiflack gefaßten Fenster
hervorgerufen.
Die Gesellschaftshalle führt den vornehmen Charakter
der durchgehenden Holzvertäfelung mit erlesenen Stücken
deutschen und kaukasischen Nußbaums weiter fort, unter-
streicht dessen Wirkung durch eine in Lärchenholz kasset-
tierte Oberlichtdecke. Wiederum liegt ein prachtvoller, roter
Veloursteppich auf dem groß gewürfelten Marmor. Ein Al-
koven an der Kopfseite, äußerster Blickpunkt beim ersten
Schritt in das Hotel, gibt dem großen Raum eine intime
Fassung, die durch das Wandbild Werner Peiners-Düssel-
dorf, eine farbig glänzend durchkomponierte Bilderreihe aus
„Haus Rechens" Vergangenheit, künstlerisch erhöht worden
ist. Ein breiter Durchlaß, nur durch eine rassigschmale Beton-
stütze geteilt, führt die Gäste in den parkettierten Tanz-
raum, einen kleinen in Licht und Helligkeit der Wände
strahlenden Tempel frohgelaunter Unterhaltung.
Parallel zum Hauptdurchgang laufen von der Hotelhalle
die Zugänge links (Nordflügel) zu den Fest- und Sitzungs-
sälen und rechts (Südflügel) zum Frühstückssaal und
dem Weinrestaurant, die durch eine (an sich stets ge-
öffnete) Klappwand getrennt werden können. Auch in diesen
Räumen lebt die raumkünstlerische Wirkung aus der geist-
Allerdings muß dabei betont werden, daß Persönlichkeiten
der künstlerischen Art Emil Fahrenkamps notwendig
waren, den neuen Stil allgemeingültig zu machen. Sie stehen
mit ihrer geradezu klassizistisch veredelten Formtendenz aus-
gleichend zwischen dem zügellosen Kunstgewerblertum
schwelgerischer Innendekoration und dem überzüchteten
Rationalismus kalter, schmuckloser Raumgestaltung. Für jene
beiden Arten hat ein Hotel keinen Platz; es wäre sehr
schnell veraltet, also in der Anlage bereits unrentabel, was
unter allen Umständen vermieden werden muß. Die Lösung
aber, die Fahrenkam p in diesem Bochumer „Parkhotel
Haus Rechen" gefunden hat, bedeutet nicht nur in seinem
Schaffen einen stilgeschichtlichen Wendepunkt. Sie gibt — um
das hier schon vorweg zu nehmen — bereits etwas von
Erfüllung einer Zukunftsaufgabe, die darin besteht, jene
Kälte unseres sachlichen Rationalismus in der Architektur,
der in diesem Haus ja alle berechtigten Werte seiner klaren
Raumkörpergestaltung wiederfindet, mit der Wärme einer
geistvoll beherrschten Sinnlichkeit im Raumschöpferischen
zu binden. Erst ein solches Resultat gibt den warmen,
menschlichen Atem einer Wohn- und Lebenskultur,
in der sich die zerrissenen Nerven heutiger Menschen wieder
fangen und sammeln können.
Bei der sachlichen Darstellung dessen, was dieser Hotel-
bau an Räumen und Einrichtungen künstlerischer und tech-
nischer Art enthält, mögen ein paar Stichworte über Grün-
dung, Arbeitsdaten und städtebauliche Situation
vorausgehen. Der wirtschaftliche und kulturelle Aufstieg
Bochums unter den Großstädten des Industriegebiets ließ
immer empfindlicher auf die Tatsache hinweisen, daß hier
im Gegensatz zu anderorts der repräsentative, verwöhnteren
und größeren Ansprüchen genügende Hotelbau fehlte. Der
Plan eines Neubaus war seit Jahren innerhalb der Stadt-
verwaltung erwogen worden. Da griff 1925 die Industrie-
und Handelswelt Bochums das Projekt auf, gründete mit
1,8 Millionen Mark Stammkapital die Hotel-AG.; diese
schrieb einen öffentlichen Wettbewerb aus, entwarf nach ein-
gehenden Studien einen Plan, auf dessen Grundlage Emil
Fahrenkamp den einheitlichen Gesamtentwurf für
Grundriß, Außen- und Innenarchitektur schuf. Am 12. Sep-
tember 1927 wurde der Eisenbetonbau in Angriff genommen
im Mai 1928 war der Rohbau fertiggestellt, Oktober 1929
das Werk vollendet. Am 6. Oktober fand in Gegenwart zahl-
reicher Behörden die feierliche Eröffnung statt.
Das Hotel steht wenige Schritte entfernt vom Bochumer
Stadttheater, dem kulturellen Mittelpunkt dieser Stadt, an
der Nordseite unmittelbar verbunden mit der parkartigen
Anlage des ehemaligen mittelalterlichen Herrensitzes „Haus
Rechen". Es liegt einer neuerdings nicht zuletzt aus wirt-
schaftlichen Gründen (Grundstückerwerb, Steigerung der
Citypreise usw.) beliebten Städtebautendenz folgend auf der
Grenze zwischen Geschäfts - und Wohnstadt, in staub-
freierer Luft und ruhigerer Lage als die City sie bieten kann.
Das seitlich länger gestreckte Rechteck des Hotelbaus
ist im Außenbild der muschelkalkverblendeten Fassade mit
einer „heiter bewegten" Ruhe gestaltet. Denn wie will man
anders den Gegensatz charakterisieren, den Fahrenkamp
mit einer für ihn typischen Lösung zwischen der Monotonie
der oberen Hotelfassade und dem luftig schwebenden Säulen-
vorbau der Nordfront, dem graziös mit Schutzgitter ge-
schmückten Plattenvorsprung der Auffahrtseite geschaffen
hat. Mit dezent betonten Simsprofilen wird ein Horizontal-
charakter hervorgerufen, der in den markierten Erkerverti-
kalen einen neuen Spannungsgegensatz erhält.
Die grundrißliche Anordnung, die Raumkörpergestaltung
im Innern und ihr dekorativer Ausbau zeigen Fahren-
kamp mehr als die Fassade (Entwurf 1927) auf der Höhe
seiner heutigen Leistung. Der verschwenderische Reichtum
seines bisherigen dekorativen Erfindens, unberechenbar
in Detail und Variante, wird hier auf den elementaren
Nenner einer Raumkunst von klassischer Prägnanz
gebracht. Die Elemente seiner Raumkunst, Farbe, Holz,
Licht, Metall und Stoff, treten in breiteren, raumbauenden
Flächen und Wirkungen auf. Der Eintritt in die Hotel-
halle tritt den ersten, unverkennbaren Beweis für den
„neuen" Fahrenkamp an. Nur zwei Elemente bauen und
schmücken den langen und hohen Raum: das getönte, durch-
gehende Weiß der Wände und Decken, das weiße Licht
der 8 Kugellampen und der leuchtend rote Velours, der
den gewürfelten grauen Marmorboden deckt.
Von der Hotelhalle aus erschließt sich bereits das klare
Grundrißbild. In senkrechten Durchgängen und Blickpunkten
breitet das Erdgeschoß seine Räume dem Besucher aus. Der
breiteste Durchgang führt von der Mitte der Hotelhalle
zur großen Gesellschaftshalle. Der Durchgang leitet aus der
Helligkeit der Empfangshalle durch die diskrete Wand- und
Deckenvertäfelung in Nußbaum- und Makassar-Ebenholz
geschmackvoll zu der persönlicheren Wohnkultur der Ge-
sellschaftshalle über. Eine überaus reizvolle Farbennote wird
im Durchgang durch die in rotem Schleiflack gefaßten Fenster
hervorgerufen.
Die Gesellschaftshalle führt den vornehmen Charakter
der durchgehenden Holzvertäfelung mit erlesenen Stücken
deutschen und kaukasischen Nußbaums weiter fort, unter-
streicht dessen Wirkung durch eine in Lärchenholz kasset-
tierte Oberlichtdecke. Wiederum liegt ein prachtvoller, roter
Veloursteppich auf dem groß gewürfelten Marmor. Ein Al-
koven an der Kopfseite, äußerster Blickpunkt beim ersten
Schritt in das Hotel, gibt dem großen Raum eine intime
Fassung, die durch das Wandbild Werner Peiners-Düssel-
dorf, eine farbig glänzend durchkomponierte Bilderreihe aus
„Haus Rechens" Vergangenheit, künstlerisch erhöht worden
ist. Ein breiter Durchlaß, nur durch eine rassigschmale Beton-
stütze geteilt, führt die Gäste in den parkettierten Tanz-
raum, einen kleinen in Licht und Helligkeit der Wände
strahlenden Tempel frohgelaunter Unterhaltung.
Parallel zum Hauptdurchgang laufen von der Hotelhalle
die Zugänge links (Nordflügel) zu den Fest- und Sitzungs-
sälen und rechts (Südflügel) zum Frühstückssaal und
dem Weinrestaurant, die durch eine (an sich stets ge-
öffnete) Klappwand getrennt werden können. Auch in diesen
Räumen lebt die raumkünstlerische Wirkung aus der geist-