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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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5. Heft
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Rittland, Klaus: Die Ehen des Herrn von Brenkhusen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0150
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MODERNE KUNST.

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Carlos Vazquez: Flitterwochen im Tal von Anso.

„Mir ist, als ob ich etwas versäumt hätte“, hatte Brenkhusen lächelnd
gemeint, als er das erstemal — schon wenige Tage nach dem Garten-
fest — im stillen blauen Empiresalon der Frau von Schönwald saß und
sich von ihren feinen Händen mit den langen, spitzen Fingern den Tee
einschenken ließ, während sie lebhaft mit ihm über ihre gemeinsame
Liebhaberei: alte Gläser und Kunsttöpferei, plauderte. „Das hätte man
nun schon seit Jahren haben können — — haben müssen, solche behag-
lichen Teestunden in diesem hübschen blauen Salon — — da lebt man
nun ganz nahe beieinander und ahnt nicht, daß man nur eine kurze
halbe Stunde zu gehen brauchte, um in ein Haus zu treten, wo man sich
heimisch ,finden“ würde — — so wunderbar heimisch.“
„Wir wollen das Versäumte nachholen“, hatte sie erwidert, leicht
errötend. Das war der Beginn einer Freundschaft gewesen, die für zwei
Menschen der beste Teil ihres Lebens geworden war-das Feier-
tagsglück zweier Seelen-vornehmlich für die Frau. Der Mann hatte
seinen Beruf, seine sehr weitverbreiteten geselligen Beziehungen. Anne-
lises Leben aber ließ ihr Zeit zur Versenkung in das neue Gefühl.

Noch wollte sie ihm keinen andern Namen gönnen als den einer
sehr innigen, sehr tiefen Freundschaft.
Aber es kamen Stimmungen, da Träume sie umfangen hielten, selige
Zukunftsträume, die sie vorahnend entschädigten für das trübe Jetzt —
und wenn dann der Kranke sie dankbar anlächelte nnd bittend lallte:
„Immer dableiben!“, dann hatte Annelise ein schlechtes Gewissen.
Anfang Mai war es. Die Kirschbäume im Garten blühten, und von
den feuchten Beeten herauf duftete es nach Frühling und Fruchtbarkeit.
Annelise hatte den Rollstuhl auf die Veranda schieben lassen und
spielte mit Bodo Dame — die ewige Dame, seit zwei Stunden schon.
Sie war sehr unruhig und lauschte auf jeden Klingelton. Anfang Mai
hatte der Freund nach Hannover heimkehren wollen. In diesen Tagen
mußte sein Urlaub ablaufen, und sie hatte heute vom Erwachen an in
einer frohen Ahnung gelebt. Sie fühlte es, daß sie heute von ihm hören
würde — vielleicht ihn sehen. Schon seit einer Woche hatte sie keine
Nachricht mehr von ihm gehabt. Und ihre Sehnsucht war übermächtig
geworden. [Fortsetzung folgt.|

XXVIII. 16.
 
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