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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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23. Heft
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Buss, Georg: Zur modernen Tierplastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0702
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MODERNE KUNST.



Werkstoff, Ton, Porzellan oder Steinzeug,
direkt modelliert, so daß sie ein nur in
einem Exemplar vorhandenes Original ist.
Von Wiederholungen mittels Abformens
ist also keine Rede. Mithin wird das
Werk in der ganzen unmittelbaren Frische
der künstlerischen Eigenart geboten.
Sämtliche hier abgebildeten Stücke sind
Arbeiten in Steinzeug. Pottner erdachte
für sie, wie er angibt, eine neue Technik,
insofern als er sie aus verschieden farbigen
Massen modellierte und mit farbigen Ein-
lagen gewissermaßen tauschierte.
So besteht beispielsweise jeder weiße

Punkt beim Perlhuhn aus Porzellan, das
in den Körper mit geduldiger Arbeit ein-
gelassen ist.
Das sind originelle farbenprächtige
Leistungen, wie denn auch unsere gesamte
moderne Tierplastik in lebenswahrer und
ansprechender Darstellung bedeutende
Fortschritte gemacht hat. Mit dem wach-
senden Interesse, das ihr in kunstfreund-
lichen Kreisen entgegengebracht wird,
nimmt die Lust der Künstler an solchen
Aufgaben zu, sehr zum Vorteil der Klein-
plastik und auch der monumentaleren
Plastik. Georg Buß.

iß Zoe Gordon, welche unlängst
in London in einer neuen Revue
des Empire als Trägerin der Hauptrolle
großen Beifall fand, ist als Pantomimistin
und Darstellerin wohlbekannt und ge-
schätzt. Die elegante Blondine mit dem
Typus der englischen Miß gehört zu den
eleganten Frauengestalten, an denen die
englische Bühne so reich ist. Gesang und
Tanz bilden bei den englischen Panto-
mimen willkommenes Beiwerk; den Haupt-
wert legen jedoch Direktion und Publikum
auf eine elegante, graziöse Erscheinung,
die in Haltung und Geste stets Herrin
der Situation bleibt. Als Neuerscheinung
sind jetzt die sogenannten Ragtime-Tänze
den einzelnen Stücken — sei es Revue
oder sei es Pantomime — ein verleibt wor-
den, eine Bereicherung des Programms,
die jedoch nur vorübergehend genannt
werden dürfte. Zoe Gordon hat, wie alle englischen Bühnenkünstlerinnen von
Ruf, ein tieferes Studium der Theaterkunst hinter sich; sie ist heute ein begehrter
Star, der an der richtigen Stelle zu glänzen und zu funkeln weiß. Das Empire-
theater konnte sich jedenfalls kaum eine bessere und anmutigere Interpretin
für die Hauptrolle des neuen Stückes sichern, als die junge Darstellerin, die
ihrer Kunst mit großer Passion ergeben ist. V. H.
* *
*
Ein Relief vom Grabmal des Kaisers Maximilian I. Seit Voll-
endung der im Renaissancestiel erbauten Hofkirche zu Innsbruck sind gerade
dreihundertfünfzig Jahre verflossen. Nur ein Jahrzehnt hat die durch Nikolaus
Thuring 1553 begonnene Ausführung des Baues gedauert. Den herrlichsten
Schmuck seines Innern bildet das Grabdenkmal des Kaisers Maximilian I., dessen
Leichnam aber nicht hier, sondern neben dem seiner Mutter Elenora in der
alten Schloßkirche zu
Wiener - Neustadt ruht.
Schon im Jahre 1502
hatte der Kaiser den Plan
gefaßt, sich selbst ein
großartiges Grabdenkmal
zu errichten. Bei seinem
Tode im Jahre 1519 war
das Grabmal noch unvoll-
endet. Dann stockte die
Weiterführung geraume
Zeit, bis sie dreißig Jahre
später, 1548, wiederauf-
genommen wurde, aller-
dings unter erheblicher
Vereinfachung des ur-
sprünglichen Planes. So
wurde der Sarkophag
nicht in Bronze, sondern
in mehrfarbigem Marmor
ausgeführt und nur die
kniende Gestalt des
Kaisers samt den vier
Kardinaltugenden an den
Ecken in Erz gegossen.
Auch wurde die Zahl der
großen Erzstandbilder,

Miß Zoe Gordon.
Phot. Foulsham & Banfield, London W

von denen die des Königs Arthur und
Theodorichs dem berühmten Nürnberger
Rotgießer Peter Vischer zugeschrieben
werden, von vierzig auf achtundzwanzig
herabgesetzt. Unter den Künstlern haben
sich besonders die im Jahre 1561 hinzu-
gezogenen Brüder Abel aus Köln und der
von ihnen herbeigerufene Alexander Colins
aus Mecheln um die Ausführung verdient
gemacht. Von dem Niederländer, dessen
Schaffen einen deutschen Einschlag hat,
rühren auch die vierundzwanzig Alabaster-
reliefs am Sockel her. Sie stellen be-
merkenswerte Szenen aus dem Leben
Maximilians dar. Ihre außerordentlich
feine Ausführung -ist in einem realistisch-
malerischen Stil erfolgt. Thorwaldsen,
obwohl ein Epigone der Antike, hat sie für
Meisterwerke erklärt. Eins der schönsten
Reliefs schildert, wie Kaiser Maximilian

seine Tochter Margarete empfängt und aus den Händen ihres Begleiters die
Schlüssel einer Stadt, wahrscheinlich Arras, in Empfang nimmt. Im Jahre 1493
beim Frieden von Senlis war nämlich die Grafschaft Artois nebst der übrigen Mit-
gift Margaretens wieder an Österreich zurückgefallen, um bis zum Pyrenäischen
Frieden im Jahre 1559 die Schicksale der österreichisch-spanischen Niederlande
zu teilen. Seit dem letztgenannten Frieden verblieb es hinfort im Besitze Frank-
reichs. „Des Kaisers Tochter, Frau Margareth“, wie sie Dürer in seinem „Tage-
buch der Reise in die Niederlande“ nennt, erhielt auch im Jahre 1507 von
ihrem kaiserlichen Vater die Regentschaft in den Niederlanden. Sie residierte
in Mecheln und erzog daselbst ihren Neffen Karl V. Geboren am 10. Januar 1497
zu Gent, heiratete sie 1497 den Erben von Castilien, Don Juan, Prinzen von
Asturien, und nach dessen Tode 1501 den Herzog Philibert von Savoyen, den
sie nach vierjähriger Ehe ebenfalls durch den Tod verlor. Sie selbst starb als
Witwe am 1. Dezember
1530. In der von Colins
dargestellten Szene zeigt
sie sich in ihrer vollen
Jugendschönheit. Mit
dem großen Figuren-
reichtum des Reliefs ver-
bindet sich ein trefflich
behandelter landschaft-
licher Hintergrund, an
dessen Grenze die Ba-
stionen, Türme und
Kirchen einer großen
Stadt ragen. Eine sehr
gelungene Nachbildung
des Reliefs in meister-
licher Holzschnitzerei hat
in jüngster Zeit der Inns-
brucker Hans Pitsch-
mann vollendet. Ihr liegt
auch die beigefügte Ab-
bildung zugrunde. Der
talentvolle Künstler ist
für vorzügliche Holz-
schnitzereien schon
mehrfach ausgezeichnet
worden, so auf der Welt-

Kaiser Maximilian I. empfängt seine Tochter Margarete. Kunstschnitzerei von Hans Pietschmann.
 
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