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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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MODERNE KUNST.




ausstellung St. Louis 1904 mit der großen goldenen
Medaille für seine hervorragende Leistung: ,,Heimkehr
der siegreichen Tiroler 1809 aus den Befreiungskämpfen
gegen Napoleon I.“ Im schönen Land Tirol blüht die
Holzschnitzkunst schon seit langer Zeit. Sehr um-
fangreich ist die im Grödener Tal, wo die Schnitzer
zu ihren Arbeiten, darunter viele Heiligenfiguren und
Altäre, das hierfür sehr geeignete Holz der Zirbelkiefer
benutzen. Zum Absatzgebiet der Grödener gehören
sogar die katholischen Länder Südamerikas. G. B.
* *
*
Hermann Jadlowker. Seitdem die Meldung
durch die Blätter ging, daß Hermann Jadlowker neuer-
dings im Königlichen Berliner Opernhause für die
Summe von 100 000 Mark engagiert sei, ist natürlich
sein Name in aller Munde. Denn diese sechsstellige
Zahl ist die höchste Gage, die einem Gesangskünstler
bisher von einer Opernverwaltung hier gezahlt wurde.
Allerdings sollen darin auch Honorare für gewisse
auswärtige Gastspiele enthalten sein, wie eine unklare
Zeitungsnotiz dann weiterhin feststellte. Gleichviel,
dieser Gagenkrösus kann sich jedenfalls über unge-
nügende materielle Wertschätzung nicht beklagen.
Natürlich ist es ein Tenor, dem man die Stimme mit
Gold aufwiegt, und Jadlowker ist zugleich auch ein
Stimmkrösus im besten Sinne. Geborener Russe,
empfing er seine Hauptausbildung auf dem Wiener
Konservatorium. Bei seinen phänomenalen stimmlichen Anlagen lächelte ihm
die Glücks- und Ruhmessonne gar bald, und die Metropolitan Opera, jenes
berühmteste Opernunternehmen Amerikas in New-York, fesselte den jungen
Künstler sehr bald an ihre Stätte, wo er neben Caruso wirkte. In Berlin brauchte
man Ersatz, und so wurde Jadlowker zunächst auf sechs Monate engagiert, und
nun gehört er der Hofbühne dauernd an. Es versteht sich von selbst, daß es
sich in solchem Falle um einen mit einer göttlichen Stimme begnadeten Sänger
handeln muß; und in der Tat ist bei ihm zunächst noch das Stimmphänomen
die Hauptsache. Niemand wird von ihm verlangen, daß er sämtliche klassischen
und modernen Tenorrollen in gleicher Vollendung beherrschen soll. Wenn ihm
z. B. der „Parsifal“ nach der schauspielerischen Seite nicht besonders gut liegt,
so entschädigt er dafür reichlich in anderen Partien, besonders als Raoul, Faust,
Don Jose, Canio (Bajazzi), Herzog (Rigoletto) und Radames (Aida). Jadlowker
ist auch Königl. Preußischer Kammersänger. Dy. P. E.
* *
*
Die Skulptur auf der Weltausstellung in San Franzisko. Wie
auf den Weltausstellungen in Chicago und St. Louis ist der Skulptur auch auf
der „Panama-Pacific International Exposition“ in San Franzisko ein weites Feld
eingeräumt worden. Brachte die Bildhauerkunst auf der St. Louiser Ausstellung
die Geschichte des Territoriums Louisiana zum Ausdruck, so soll die Skulptur
in San Franzisko die Geschichte und den Bau des Panamakanals verkörpern.
Die Entdeckungsreisen der Forscher nach dem amerikanischen Erdteil, nach
Westindien, dem Großen Ozean und insbesonders nach der Kanalzone haben den
Künstlern bei der Schaffung ihrer Werke als Richtschnur gedient. An der Spitze
der mit der Ausführung der Bildhauerarbeiten betrauten Künstler steht auch
diesmal wieder der in Wien geborene Bildhauer Karl Bitter. Ich entsinne
mich noch eines
Besuches, den ich
Bitter in seinem
in einem alten Lo-
komotivschuppen
der Eric-Bahn ge-
legenen Atelier in
Weehawken ab-
stattete, um die
für die Ausstellung
in St. Louis be-
stimmten Werke
in Augenschein zu
nehmen. Bitter
konnte natürlich
die Riesenaufträge
nicht allein bewäl-
tigen und hatte,
wie jetzt auch in
San Franzisko, an-
dere Künstler zur
Mitarbeit heran-
gezogen. Unter an-
deren Karl Niehaus
aus Cincinnati, der
in München die

Kammersänger Hermann Jadlowker.
Phot. Gebr. Hirsch, Karlsruhe.

Königliche Akademie besucht hat und als erster
Amerikaner eine Medaille erhalten hat. Niehaus führte
damals die Reiterstatue Ludwig IX. aus. Betrachtet
man heute seine für San Franzisko bestimmte Cortez-
statue (siehe Abbildung), so muß die verblüffende
Ähnlichkeit mit dem St. Louiser Werk auffallen.
Abgesehen vom Schweif, ist das Modell des Pferdes
ganz dasselbe. Niehaus gilt für einen der bedeu-
tendsten amerikanischen Bildhauer, und die große
Zahl der von ihm geschaffenen Werke beweist die
Wertschätzung, die er in den Vereinigten. Staaten ge-
nießt. Das Garfielddenkmal in Cincinnati, dieliarrison-
und Mc Kinley-Denkmäler in Indianapolis und Canton
sowie die Statuen Ingalls, Allen, Garfields und Mortons
in der Rotunde des Kapitols in Washington, sind
seine Schöpfungen. Nachdem Bitter zum Direktor
der Bildhauerkunst für die St. Franziskoer Ausstellung
ernannt worden war, setzte er sich mit dem Phila-
delphiaer Künstler Alexander Stirling Calder in Ver-
bindung und zog mit diesem die Bildhauer Albert
Jaegers, Karl Niehaus, Adolph A. Weinman, Furio
Piocirilli, Leo Lentilli, Robert J. Aitkin, J. Konti,
Douglas Tilden, S0I011 Hannibal Borglum, H. A.McNeil,
James E. Fraser, Karl Rumsey, Haig Patigian, Paul
Maship sowie die Künstlerinnen Evelyn Beatrix
Longman und Frau Harry Payne Whitney in seinen
Kreis. In den Händen dieser Künstler und Künst-
lerinnen liegen die Bildhauerarbeiten der Weltausstellung in San Franzisko.
Borglum, dessen Werke fast durchweg Cowboys- und Indianertypen, bzw. -Szenen
aus dem Wilden
Westen darstellen,
hat für Frisco die
Reiterstatue eines
als „amerikani-
schen Pionier“ ge-
dachten Grenzers
geschaffen. Auf
der Sattelzier des
Pferdes sind Szenen
aus der amerika-
nischen Geschichte
zu sehen. Andere
große Werke sind
Calders „Fontäne“,
die die „Energie als
Beherrscherin des
Isthmus" zum Aus-
druck bringen soll.
Ein Jüngling auf
galoppierendem
Rosse, auf einem
hohen Piedestal,
ist als Symbol der
Energie gedacht.
Roth ist durch
einen 42 F uß hohen,
von anderen Tieren
umgebenen Ele-
fanten vertreten.
Weimanns Kolos-
salgruppe zeigt einen von Indianern, Deutschen, Spaniern, Franzosen, Italienern
und Engländern umringten Planwagen, wie ihn früher die Auswanderer be-
nutzten. Die Vertreter der angeführten Nationen sollen das Amerikanertum
verkörpern. Jaegers führt die „Regen und Sonnenschein“ darstellenden Arbeiten
im Hof der vier Jahreszeiten aus. Miß Longmans „Ceres-Fontäne“ findet im
Hof der „vier Jahreszeiten“ Aufstellung. Es würde zu weit führen, hier aller
Künstler einzeln zu gedenken. Was geschaffen worden ist, darüber kann erst
nach der Eröffnung der Ausstellung geurteilt werden. Interessant war es
übrigens zu sehen, auf welche Weise das Größenverhältnis von dem kleinen
Originalmodell auf die Kolossalfigur in dem Bitterschen Atelier in Weehawken
übertragen wurde. Das geschah durch eine von Robert T. Paine erfundene
Punktiermaschine. Das Originalmodell und das Gestell des zu schaffenden
Werkes standen auf Drehscheiben, welche durch Räder, die in einer gewissen
Höhe angebracht waren, gleichzeitig gedreht wurden. Darauf übertrug man
die Maße mittels eines „Riesenstorchschnabels“. An dem rohen Gipsgestell
wurden dann an den „Punkten“ Nägel eingetrieben, die für die Künstler den
„Formenanhalt" bildeten. Nicht weniger,als 18 Punktierapparate“ wurden in
Weehawken verwandt. Wenn auch dies Verfahren an sich nicht neu ist, so
setzte liier der Maßstab der Maschine in Erstaunen. Felix Baumann.

Karl Niehaus: Ferdinand Cortez.
Phot. H. S. Croker Co.

Borglum: Amerikanischer Pionier.
Phot. H. S. Croker Co.
 
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