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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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MODERNE KUNST.



Ir?) oiseau Rousseaus Büste einer Edelfrau aus dem
cy Mittelalter. Die Farbenfreudigkeit ist in moderner Zeit so
erheblich gewachsen, daß sich vom aschgrauen Kulturgeschmack,
der ehedem unter dem Einfluß einer mißverstandenen Antike ge-
waltet hat, nur noch wenig verspüren läßt. Auch in der Skulptur
macht diese erfreuliche Wandlung Fortschritte. In der Klein-
plastik, an der die deutsche Kunst seit einigen Jahrzehnten in
erheblichem Maße und mit hervorragt nden Kräften beteiligt ist,
hat die Farbe geradezu einen Siegeszug
angetreten — erinnert sei nur an die poly-
chrom behandelten Statuetten in Alabaster,
die, in Menge erstanden, jetzt so ziemlich
jeden Salon schmücken. Nur die große
Skulptur verhält sich noch zurückhaltend:
über leicht getönte Marmorbüsten ist sie
kaum hinausgekommen, und an farbig behan-
delten statuarischen Werken steht Klingers
Beethoven ziemlich vereinzelt da. Um so
anerkennenswerter ist Loiseau Rousseaus
farbige Büste einer Dame in mittelalterlicher
Tracht. Für den lebenswahr modellierten
Kopf, dessen schöne Züge durch die schmalen
Augen mit den elegant geschwungenen
Brauen sehr pikant anmuten, ist Marmor, für die originelle Schnebbenhaube, die
kräftige Venetianerspitze des Brusteinsatzes und das Obergewand vergoldete
Bronze und für die Ärmel des Untergewandes und den Sockel Onyx verwendet.
Trotz der farbigen Verschiedenheit des Materials ist wohltuende Harmonie

Hans

Zick-

Zack.

Jahren vom Zirkusdirektor Albert Schumann für zirka 13000 Mark
kaufte. Unser Bild stellt den Hengst und seine Herrin dar, die
übrigens s. Zt. im Zirkus Busch in Berlin ein längeres Gastspiel gab.
Sollte sich’s bestätigen, daß die Suffragetten die Ursache dieses
Tiermordes sind, so dürfte man angesichts der schänd'ichen Mittel
der „Wahlweiber“ die Frage aufwerfen: „What next?“ V. H.

Schmidt-Kestner ist ein Schriftsteller, der bisher
in der großen literarischen Welt zwar noch
nicht einen allgemein verbreiteten Ruf ge-
wonnen hat, aber in zwiefacher Hinsicht die
Anwartschaft besitzt, sich durchzusetzen.
Einmal prädestiniert ihn dazu seine Abstam-
mung. Er ist nämlich ein Urenkel von Char-
lotte Kestner, die bekanntlich als das Urbild
von Werthers Lotte gilt, und wenn somit
seine Beziehung zur Literatur gewissermaßen
nur indirekt ist, so hat er andererseits doch
auch selbst bereits tüchtig und erfolgreich
daran gearbeitet, sich ein Heimatsrecht in
den weiten

Loiseau Rousseau: Büste einet- Edellrau aus dem Mittelalte

tums zu er-
cher Zunft-
bunten Rock mit der Feder vertauscht. Während
Produkten und novellistischen Arbeiten sich aus
duzierenden nicht sonderlich heraushob,
auf dem kräftigeren Resonanzboden der
seinem Erstlingswerke Gehör zu ver-
ein Offiziersdrama „Lutz Löwenhaupt“,
ner Probeaufführung im Kurtheater zu
Sommer Aufmerksamkeit erregte, sich
Beginn des Theaterwinters vor dem
kum des Deutschen Theaters in Hanno-
hauptete und hier gleichfalls starke Ein-
Vor Otto Erich Hartleben, der sich bei
des Offiziersmileus in seiner Tragödie
sentlich auf die Mitteilungen seines dem
gehörenden Bruders stützen mußte, hatte
ner den Vorzug eigner Anschauung und
konnte er denn das Typische durchweg
treue treffen. Wesentlicher, und die
litäten des Verfassers erhärtend aber
schlagkräftige Handlung zu erfinden, die

Japanische
Musik-
Instrumente.
ist es, daß

Hallen des Schrift-
werben. Wie man-
genosse hat er den
er mit lyrischen
der Menge der Pro-
gelang es ihm, sich
Bühne gleich mit
schaffen. Es ist dies
das schon bei sei-
Friedrichroda im
dann aber auch zu
kritischen Publi-
ver mit Ehren be-
drücke hinterließ
der Schilderung
„Rosenmontag“ we-
Offizierstande an-
Hans Schmidt-Kest-
Erfahrung, und so
mit echter Natur-
dichterischen Qua-
er eine dramatisch

Geschehnisse logisch zu ver-
knüpfen und innerlich echt und ergreifend darzustellen vermochte. Lutz Löwen-
haupt ist ein junger Leutnant, der in Schulden und dann in Wucherhände gerät
und schließlich, obwohl er den ernsten Willen hat, sich nicht wieder emporreißen
kann, weil er in der Welt auch den moralischen Kredit verloren hat, so daß er
als ein am Leben Ver-

Das Opfer eines Suffragetten-Attentats: Der berühmte Hengst Siglavy Aida II
wurde von Stimmrechtshyänen vergiftet.
erreicht. Zur Steigerung der Wirkung trägt noch die fein ziselierte Musterung
des Gewandes und der Haube, sowie die ebenso fein ziselierte Textur der Spitze
bei. Es ist zu wünschen, daß die Meister der großen Skulptur auf solche farbigen
Kombinationen mehr als bisher Wert legen. Die Antike ist ja ebenfalls sehr
farbenfreudig gewesen. Den besten Beweis für die Wertschätzung farbiger
Plastik in der Antike liefert die viel gerühmte Goldelfenbeintechnik, jene Ver-
bindung von Elfenbeinplatten mit getöntem Golde, in der Phidias sein größtes
Meisterwerk, den thronenden Zeus im Tempel zu Olympia, geschaffen hat. Also
wenn denn die plastischen Schöpfungen der Antike als höchste Meisterwerke
gelten sollen, dann möge man auch der Farbe in der Skulptur gerecht werden.
Übrigens hat sich die römische Skulptur ebenfalls nicht vor der Farbe gescheut,
und noch weniger die mittelalterliche. Nicht zu vergessen die farbigen Terra-
kottabüsten und die Robbia-A-rbeiten der Renaissance. Mithin fehlt es nicht an
gewichtigen Vorläufern, die auf den rechten Weg hinführen. B.
Ein neuer Suffragettenstreich. Im Zirkus C. Hagenbeck, der gegen-
wärtig in der Olympia zu London Vorstellungen gibt, sind gegen die Pferde ver-
schiedener Artisten schändliche Attentate verübt worden. Vier Pferde wurden
von ruchloser Hand vergiftet, wie man annimmt, von seiten der Suffragetten,
doch ist nicht ausgeschlossen, daß die Bewegung gegen die Dressuren in England
dieses scheußliche Resultat zeitigte. Die Reiterfamiiie Cardinale und die auch in
Deutschland wohlbekannte schwedische Schulreiterin Fräulein Baptiste Schreiber
sind die Hauptgeschädigten. Die letztgenannte Dame verlor bei dem Attentat
ihren kostbaren Lipizzaner Schimmelhengst „Siglavy Aida II“, den sie vor einigen

zweifelnder zugrunde
gehen muß. Wie der
Verfasser die zum Teil
außergewöhnlich span-
nenden und fast suder-
männisch anmutenden
Bühnenmomente nicht
nur äußerlich, sondern
auch innerlich und
poetisch zu verknüpfen
weiß, daß ist ein über-
zeugender Beweis sei-
ner nicht alltäglichen
dramatischen Bega-
bung und rechtfertigt
weitere Erwartungen.
Des Dichters Bruder
Erich ist in Berlin als
Bildhauer tätig und
hat in seiner Kunst
gleichfalls erfreuliche
Proben davon abgelegt,
daß in Charlotte Kest-
ners Nachkommen ein
starker künstlerischer
Schaffensdrang leben-
dig ist. k.

Hans. Schmidt-Kestner, ein Urenkel von Werthers Lotte.
Phot. M. Merck, Hannover.
 
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