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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0027

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MODERNE KUNST.

16




IReutnant Graf Holck, der im Jahre 1911 mit
qJ 57 Siegen die alljährlich heiß umstrittene
Meisterschaft der deutschen Herrenreiter errang,
zählt seit Jahren zu den populärsten Figuren auf
unseren Hindernisbahnen. Wenn der 3. Garde-
Ulan in Karlshorst am Start einer Steeplechase
erschien, so wurde das von ihm gerittene Pferd
fast stets Favorit; soviel Vertrauen hatte das
große Publikum zu der glänzenden Reitkunst
und der eisernen Faust des Grafen Holck, der
so manches Rennen noch auf schon geschlagenem
Pferde aus dem Feuer riß. War Holck selbst eine
populäre Erscheinung, so galt das ganz besonders
dann, wenn er auf Lord Forfar im Sattel war, wohl
einem der besten Steepler, die je eine deutsche Hin-
dernisbahn betraten. Als der sechsjährige Hengst im
vorigen Jahre im Alten Hamburger Jagdrennen in Ham-
burg-Horn seinen Todessturz tat, da war das Bedauern über
das tragische Schicksal dieses großen Pferdes in Sportkreisen
allgemein. Lord

2ack-

Forfar, der als
Vierjähriger im
Jahre 1910 aus England zu
uns herüberkam und von
Leutnant F. v. Zobeltitz ge-
kauft wurde, war kein her-
vorrragender Springer, wie
es andere berühmte Steepler,
so zum Beispiel Flieder,
Wohlfahrts oder Minus ge-
wesen sind, aber als Galop-
pierer suchte er seinesglei-
chen. Es war ein herrlicher
Anblick, wenn der prächtige
Hengst mit langem, federn-
dem Galoppsprung die Gera-
de herunterkam und, wie im
Parforce-Jagdrennen 1911
unter der Riesenbürde von
81 '/ts Kilo seine Gegner spie-
lend schlug. Und das nach
einem Rennen über eine
deutsche Meile mit fast 30
Sprüngen! Lord Forfar und
Graf Holck ergänzten ein-
ander wie selten ein Steepler
und sein Reiter. In der Geschichte des deutschen HindernissportsWird sein Name
deshalb ebenso unvergessen bleiben wie der des Grafen Holck. W. K. E.
* *

Leutnant Graf Holck.
Illustrations-Photoverlag, Berlin.

Kämpfernatur, dem verwundeten und umstellten Eber
gleich, gegen die Überzahl der Feinde zur ver-
zweifelten Wehr. Diesen Augenblick gibt unsere
Abbildung aufs anschaulichste wieder. O. A.
#
Josef Magr: Brandung. Als ein feines Kunst-
werk voll zarter Schönheit steht diese Badende
vor uns, an die der Schaum der letzten Woge
spült. Die schaumgeborene Venus scheint sie
zu verkörpern.. Wie weich und lebensvoll ist
dieser Rückenakt mit seinem Linienspiel von
Nacken und Schultern bis zu den Hüften und
Füßen herab durchgeführt. Josef Magr hat seine
Ausbildung in München und später in Prag durch
den Bildhauer Professor A. Popp genossen. Aber
der jetzt Fünfzigjährige wußte längst als Künstler
eigenen Gepräges die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
So gehören z. B. das Relief des Schicksals im Leipziger
Museum und der Märchenbrunnen in Leipzig zu seinen be-
kanntesten Arbeiten. Aber schon Plastiken kleineren Formates, wie
z. B. seine „Brandung“ lassen seine Art erkennen, die Figuren mit
liebevoller Sorgfalt bis zum Kleinsten herab sorgsam durchzuarbeiten.

Einen reizvollen Effekt ruft die sich heranbäumende letzte Woge hervor, die
dem anmutigen Kunstwerk die Belebtheit einer Gruppe verleiht. Ä. O.

Paul Wegener als Macbeth.
Phot. Becker & Maas, Berlin.

Josef Magr: Brandung.

Paul Wegener als Macbeth. In die nicht kleine Schar der Schauspieler,
die zu ihrer heutigen Stellung an der Spitze des Berliner Theaterlebens unter
Reinhardts Führung herangereift sind, gehört Paul Wegener. Erst im letzten
Jahre hat auch er sich aus dem Ensemble Reinhardts getrennt und am
Theater in der Königgrätzer Straße z. B. Shakespeares „Macbeth1
gespielt. Paul Wegener ist ein Schauspieler von starker im-
pulsiver Kraft und Beweglichkeit. Goethes proteusartiger,
in allen Sätteln gerechter „Mephisto“, Idebbels über-
lebensgroßer Blutherrscher „Idolofernes“ oder des-
selben Dichters edel-unglücklicher Kandaules, Strind-
bergs quälend - gequälter Oberst im „Totentanz“
oder ein eleganter Causeur in einem Shawschen
Lustspiel liegen ihm in gleicher Weise. Vielleicht
aber ist er in Chargenrollen, so z. B. als alter
Kottwitz in Kleists „Prinzen von Homburg“, noch
bedeutender. Der Realismus ist die Heimat seiner
Kunst — mehr als das Hochland letzter Durch-
geistigung und das Stilgefühl —• so bleibt manch-
mal in Wegeners Leistungen ein Erdenrest. Das
war auch bei seiner Macbeth-Darstellung der Fall,
aber in der Schlußszene selbst half Wegener wieder
sein Temperament,- das ihn instinktiv das Richtige
treffen ließ. Da stand in der Tat jener Macbeth, der mit
Geistern zur Nacht gespeist hat, und das Grauen im Auge
trägt, seinen Untergang zu wissen, weil der Wald von Dun-
sinan gegen ihn anmarschiert ist. Trotzdem aber setzt sich seine

Else Heims (Frau Max Reinhardt) mit ihren beiden Söhnen. Unter
den Schauspielerinnen, die als Trägerinnen von Hauptrollen an den Siegen des
Theaterleiters und Regisseurs Reinhardt immer wieder starken Anteil haben,
befindet sich auch Else Heims — die Gattin Reinhardts. Aber nicht
erst durch ihn ist sie in die Reihe erster Kräfte aufgerückt,
sondern hat schon unter Brahm sowohl das Gretchen im
Faust gespielt, wie in Stücken Ibsens, Hauptmanns,
Dreyers usw. wichtige Rollen innegehabt. So gehörte sie
gleich Reinhardt selbst oder gleich Kayßler, der häufig
ihr Partner als jugendlicher Liebhaber war, dem
Ensemble Brahms als vielversprechende Kraft an.
Ja Else Heims ist, als Reinhardt Theaterleiter
wurde, längere Zeit gar nicht oder nur wenig
aufgetreten, und erst allmählich stellte sie ihr
Gatte-Direktor wieder mehr heraus. Was die
Schauspielerin Heims auszeichnet, ist hohe An-
mut, Liebenswürdigkeit, Reinheit und Keusch-
heit des Gefühls, die durchaus nichts Theater-
mäßiges an sich haben, sondern ursprünglich
wirken. Allen ihren Gestalten, mag sie Rollen aus
Shakespeare, Goethe, Maeterlinck oder andernDichtern
darstellen, verleiht sie einen Zug der Gesundheit und
echt deutschen Wesens. Immer geht von ihrer hohen,
schlanken Schönheit ein erfrischender Hauch aus. Daß ihr
die gleiche Anmut auch im Leben innewohnt, beweist unsere
Abbildung, die Else Heims mit ihren beiden Söhnen zeigt, d.


Else Heims mit ihren beiden Söhnen.
Phot. Becker & Maas, Berlin.
 
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