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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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25. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0760

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Copyright by Rieh. Bong, Berlin. 13. 8. 1914- Alle Rechte, auch das der Übersetzung in andere Sprachen, sind den Urhebern Vorbehalten.

An unsere Leser!
Gleich den übrigen Jahrgängen der „Modernen Kunst“ wird auch der vorliegende durch eine sorgfältig vorbereitete
Sommer-Nummer
beschlossen, die mit ihrem Tiefdruckbogen, den Farben- und Schwarzweiß-Reproduktionen künstlerisch bedeutender Gemälde und
Zeichnungen ebenso wie durch ihren inhaltlichen Teil diese leuchtende Jahreszeit im Spiegel der Kunst auffängt.
Der neue 29. Jahrgang der „Modernen Kunst“ führt bereits äußerlich eine Neuerung mit sich, die unsern Lesern hochwill-
kommen sein wird.
„Moderne Kunst“ erscheint in neuer Ausstattung
und jede Dummer geheftet
wodurch das störende Auseinanderfallen der einzelnen Blätter bei der Lektüre vermieden wird. Eine Ausnahme hiervon bildet nur
der Tiefdruckbogen, dessen vornehme und gediegene Reproduktionen dadurch als Kunstblätter wirken. Mit dieser äußeren Umwandlung
geht die innere Hand in Hand. So wird
das moderne Element
auf den Gebieten der Kunst, des Theaters, der Musik, des Sports usw.
in Bild und Wort stärker als bisher zum Ausdruck gelangen, während die Beilage nach wie vor aktuellen Ereignissen aus aller Welt gewidmet
bleibt. Den Jahrgang eröffnet das gewaltige, tief empfundene Erzählungswerk eines Bezwingers der Alpen, dessen Name längst Weltruf besitzt:
„Matterhorn“. Ein Hochgebirgsroman. Von Theodor Wundt
Ferner werden, wie bisher feinsinnige Novellen, scharfumrissene Skizzen, sprudelnde Humoresken und formvollendete Gedichte
aus der Feder bedeutender Autoren den Unterhaltungsteil der „Modernen Kunst“ mit dem künstlerischem auf gleicher Höhe erhalten.
Berlin w 57. Redaktion und Verlag der „Modernen Kunst“.


Von der Werkbund-Ausstellung.
Er ist noch jung, der Werkbund; erst vor sieben
Jahren aus tiefer Notwendigkeit entstanden und seit-
dem ständig gewachsen, hat er alles Beste, was sich auf
seinem Gebiete regt, zu vereinigen versucht. Wenn
dieser Bund, dem jetzt etwa 2000 Mitglieder, Künstler,
Nationalökonomen, Fabrikanten, Geschäftsleute,
Handwerker usw. aus allen Teilen Deutschlands —
angehören, seine erste Ausstellung veranstaltet,
so kann man nicht sogleich ein volles Ge-
lingen fordern. Wohl aber müssen sich da-
bei seine Leitgedanken und seine Ziele
klar erweisen. Das geschieht denn auch
in dieser großen Veranstaltung, die
sich auf dem Deutzer Rheinufer,
gegenüber Cöln, fast 2 km von
der Hohenzollernbrücke bis an
den Hafen der Stadt Mühlheim
hinzieht.
Aus welchen Bedingungen
der Werkbund hervorging, ist
ja bekannt. Seit unsere deutsche
Kultur, und mit ihr unser deut-
sches Gewerbe durch den dreißig-
jährigen Krieg einen scharfen
Bruch erfahren hatten, stand die
Nachahmung alter und auslän-
discher Stile, besonders französi-
scher, obenan. Noch schlimmer
wurde dies im 19. Jahrhundert durch
den Aufschwung der Fabrikarbeit und
ihrer billigen Erzeugnisse, die in den
Menschen den Sinn für gute Arbeit
persönlichen Gepräges allmählich verloren
gehen ließen. „Schlecht und billig“, das ist
ja das Wort, das damals für Deutschlands Fa-
brikate geprägt wurde, während umgekehrt der
geistige Hochstand dieses Landes, die hohen Löhne,
die es für seine Arbeiter, die teuren Preise, die es für viele
Rohmaterialien bezahlen muß, es auf gute und teuere
Produktion hinweisen. Als dann allmählich die Ab-
hängigkeit von Frankreich ebenso wie der Untergang
des guten Handwerks drückend empfunden wurde,
suchte man Anschluß an die deutsche Renaissance und
ihr Handwerk, wie ja der Renaissancestil in Architektur
und Inneneinrichtung noch in aller Gedächtnis ist. Aber
wieder war an die Stelle freien neuen Schaffens im
Sinne einer neuen Zeit die Nachahmung getreten; und
ebensowenig entsprach die andere Bewegung, welche
die Fabrikarbeit ablehnte, den Bedingungen unseres
Lebens. Freilich hatte sie das eine Gute erreicht, daß

das handwerkliche Können, das lange genug erstorben
schien, seine Auferweckung fand.
Hier nun setzte der im Herbst 1907 gegründete
Werkbund ein, der die Verknüpfung des Künstlers und

Werkbundausstellung in Köln: Haus der „Farbenschau".
Erbaut von Hermann Muthesius.
Phot. M. Joski, Köln.
somit Handwerkers mit dem Fabrikanten und der In-
dustrie anstrebt. Was aber hätten theoretische Bestre-
bungen vermocht, wenn sich dieser Geist, der auf Er-
schaffung eines neuen modernen Stils ausging, nicht auch
in der Praxis — und zwar gleichsam über Nacht — lebens-
kräftig erwiesen hätte. In diesem Sinne sind einmal die
Dresdener Kunstgewerbeausstellung 1906, ferner das

Schaffen von Architekten wie Messel, Olbrich, Th. Fischer,.
Behrens usw. Überraschungen gewesen. Im allgemeinen-
gab es auch jetzt noch einen Irrtum zu bekämpfen, den
eines gewissen künstlerischen Puritanismus, als könne
die Schönheit eines Gegenstandes nur aus seinem Material
seiner Konstruktion und Zweckbestimmung gewonnen
werden. Ihm gegenüber betont der Werkbund, daß sich
hierzu das künstlerische Element gesellen müsse. Das
andere Extrem eines willkürlichen Subjektivismus
hatte in dem bekannten sogenannten „Jugend-
stil“ bereits abgewirtschaftet.
Das sind die Grundlagen, von denen die
Ausstellung des Werkbundes, der übri-
gens nicht auf Deutschland beschränkt
blieb, sondern auch in Österreich-
Ungarn, der Schweiz, in Holland,
Dänemark, Schweden und Norwe-
gen ähnliche Bestrebungen hervor-
rief, beurteilt werden muß. Das
Ausstellungsterrain an sich war
wegen seiner sehr langgestreck-
ten Lage nicht günstig, da es
die Konzentration erschwert.
Der Hauptplatz, der sich nach
dem Rhein zu öffnet, ist von
Bauten Bruno Pauls, Peter Beh-
rens, Theodor Fischers und Josef
Hoffmans begrenzt. Rechts und
links und dahinter bieten sich die
übrigen Bauten dem Auge dar, von
Wandelgängen, Laubgrün und Gar-
tenanlagen eingefaßt. Da die Gebäude
nach Schluß der Ausstellung wieder ab-
gerissen werden müssen, so konnte das
Material nur ein verhältnismäßig leichtes
sein, wovon das Teehaus des Düsseldorfers
Kreis, das an dieser Stelle erhalten bleibt, eine
Ausnahme bildet. Von den übrigen Bauten seien
das österreichische Haus Josef Hoffmans in einem,
wenn man so will, modern-antiken Stil, das Wein- und
Bierrestaurant Bruno Pauls, die Festhalle Peter Behrens,
die Ladenstraße des Dresdeners Oswin Hempel usw.
genannt. Ein niederrheinisches Dorf stammt von Georg
Metzendorff, dem Erbauer der Margaretenhöhe in Essen
und der Gartenstadt in Hüttenau an der Ruhr; eine
Friedhofsanlage hat Seeck zum Urheber, und das Haus
der Frau ist nach dem Entwurf von Frau Marg. Knüppel-
holz-Roeser errichtet. Selbst ein Haus „zum Tanz-
drickes" fehlt nicht. — Den Künsten stehen das
Theater Henry van de Veldes mit seiner dreifachen
Bühne und seinen originellen, etwas primitiven Formen,
das Gelbe Haus, ein Ateliergebäude von Bruno Paul
 
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