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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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9. Heft
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Abter, Adolf: Der erste Alleinflug
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Silbergleit, Arthur: Zur Jahreswende
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Unsere Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0280

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120

MODERNE KUNST.

Der Flugschüler tritt stramm in die Pedale. Er merkt nichts von der
Morgenkühle und der Einsamkeit. Zukunfsbilder erleuchten seinen Weg . . .
Nun ist er auf dem Flugplatz. Wie, der Schuppen ist noch geschlossen?
Ach, es ist ja erst 5 Uhr. Der Schüler wandert unruhig vor dem Schuppen auf
und ab. Nach einer halben Stunde endlich kommt der Werkmeister.
„’n Morgen“, sagt er. „Bin heute besonders früh gekommen, weil ich wußte,
daß Sie schon warten würden. Kenne die Herren, die den ersten Alleinflug
machen sollen. Schlecht geschlafen heute Nacht? Kann ich mir denken! Nur
die Ruhe, nur die Ruhe!“
Dann schließt er den Eingang zum Schuppen auf. Der Flugschüler führt
sein Rad hinein, stellt es in eine Ecke und wendet sich dann dem Eindecker zu.
Geht rings um ihn herum, ihn mit prüfenden Blicken betrachtend. Zieht hier
und da am Spanndraht, untersucht dort eine Schraube und klettert schließlich
in den Führersitz. Hier prüft er alle Hebel und läßt die Verwindung funktionieren.
Inzwischen sind ein paar Monteure erschienen und ziehen sich ihre Arbeits-
kittel an. Bald hört man Hammerschläge und das Knirschen von Feilen. Mit
dem Fluglehrer zugleich kommen einige Flugschüler an, teils per Rad, teils zu
Fuß. Sie begrüßen ihren Kameraden, der aus dem Apparat gestiegen ist.
Der Lehrer tritt aus dem Schuppen heraus und lugt nach der kleinen Fahne
auf dem Dach. Sie hängt fast unbeweglich an der Stange.
Er ruft den Flugschüler, der mittlerweile den Pilotendreß angezogen hat,
und geht mit ihm vor dem Schuppen auf und ab.
„Vor allen Dingen ruhig Blut“, mahnt der erfahrene Flieger. „Nicht los-
gehen, bevor volle Tourenzahl angezeigt ist. Langen Anlauf nehmen, den Apparat
nicht zu früh hochreißen. Und daß Sie mir ja die Kurven recht groß be-
schreiben! Den Gleitflug ganz sanft ausführen, um Flimmelswillen nicht steil!
Beim Landen den Apparat ganz auslaufen lassen. Na, wir haben’s ja oft probiert.
Es wird schon gehen. Nur Ruhe, Ruhe!“
Ein Automobil jagt über den Flugplatz und macht vor dem Schuppen halt.
Der Flugzeugfabrikant steigt aus und spricht einige Zeit mit dem Fluglehrer.

Die ersten Sonnenstrahlen fallen auf das weite Feld.
Jetzt wird der Eindecker aus dem Schuppen gezogen. Der Fabrikant gibt
dem Flugschüler noch einige Anweisungen. Und wieder heißt es zum Schluß:
„Vor allem die Ruhe bewahren!“
Nun steigt der Flugschüler in den Apparat. Alle Hände strecken sich zu
ihm empor und jeder ruft ihm ein „Glück ab!“ zu. Der Eindecker wird zum
Start geschoben, wird gewendet, damit er gegen den Wind anstürmt. Der Pro-
peller ist angeworfen. In rasenden Umdrehungen zieht er seine Kreise, heulend
und saugend. Der Motor brüllt seine gewaltige Melodie über das Feld.
Alle blicken spannungsvoll zum Startplatz. Wird der Flug gelingen? denken
sie. Der Fabrikant preßt die Hände zusammen. Es steht ein junges Menschen-
leben auf dem Spiel und ein Apparat von fünfzehntausend Mark. Der Werk-
meister aber hat sich in den Schuppen zurückgezogen: er hat schon so viele
abstürzen sehen, die ihren ersten Alleinflug machten ....
Da saust der Apparat über den Erdboden dahin. Nach reichlich hundert
Meter erhebt er sich in die Luft; fliegt geradeaus; steigt allmählich; beschreibt
in weitem Bogen die erste Kurve. Bis auf zweihundert Meter schraubt sich der
Flugschüler und legt Runde auf Runde über dem Flugfeld zurück. Die Blicke
der Zuschauer sind nach oben gerichtet, erwartungsvoll und freudig die einen,
ein wenig neiderfüllt die anderen. Wie ein Triumphator aber zieht der junge
Flieger seine Kreise. Die blanken Teile des Apparates blinken und blitzen im
frühen Morgensonnenschein. Ein wundersames Gefühl steigt in dem Flugschüler
empor, daß er laut aufjubeln möchte. Der starke Luftzug dort oben schließt
ihm den Mund, aber sein Herz jubelt und jauchzt. Und im freudigen Sieger-
gefühl winkt er herab zu Lehrer und Kameraden, die seine Grüße erwidern.
Zehn Minuten etwa ist er schon in der Luft, da drosselt er den Motor und
beginnt in sanftem Gieitflug den Abstieg. Jetzt ist er auf dem Erdboden, rollt
eine tüchtige Strecke und hält dann.
Der erste Alleinflug ist glücklich beendet. Freudestrahlend nimmt der
Schüler die Glückwünsche entgegen. Das ersehnte Ziel ist nah ....

Und wieder will der Riesenring
Der Ewigkeit sich runden.
Ein ]ahr beschließt auf Gottes Wink
Den Kreislauf seiner Stunden.
Ein neues naht und ist bereit
Zu seiner Weltenreise.
Wir wandeln in der Ewigkeit
Geheimnisvollem Kreise.

Zur Jahreswende.
Von Arthur Silbergleit.
So sei willkommen, junger Gast,
Sei uns ein Jahr der Seele!
Gib, daß in Hütte und Palast
Das Glück uns nimmer fehle!
So segne unsres Lebens Baum,
Um den die Stürme streifen.
Und lasse Blütentraum an -Traum
ln unsern Herzen reifen!

Dann wird dich froher unser Herz
Und jubelvoller preisen
Als aller Glocken helles Erz,
Die jauchzend ihre Weisen
Entsenden von den Türmen heut
Und feierlich verklingen.
Dann wird ein ew'ges Festgeläut
ln unserer Seele schwingen!

Unsere


sTuch uns sind die Götter Griechenlands nicht gestorben, sondern führen
° wenigstens in der Dichtung, Malerei und Plastik ihr ewig heiteres Leben
fort. Ja, nicht weniger als drei von den Künstlern, die in diesem Hefte ver-
treten sind, haben ihre Motive „vom hohen Olymp herab“ geholt oder sie doch
um Gestalten gerankt, deren Heimat auf dem Berge der Götter liegt. So stellt
die Plastik II. Lefebvres „Apollo“ offenbar auf dem Parnaß dar, dessen
Gipfel der lauteschlagende Gott einnimmt, während die Musen der Künste,
Dichtung, Geschichtschreibung usw. teils zu seinen Füßen sitzen, teils mit
Amoretten und Charitinnen in lichtem Wolkenzüge zu ihm emporwallen. „Die
Geburt der Venus“ aus dem Meeresschaume gibt ein Theatervorhang Caesar
Philipps wieder, der die Güttin in freiem Aufschweben darstellt, während
Faune und Nereiden in den Fluten spielen. — „Diana“ als Göttin der Jagd,
war für A. von Courten die Anregung zu seinem edlen Gemälde.

iöilder.

unüberwindliche Armada Philipps II. von Spanien schlug sie in die Flucht und
bereitete so die englische Vorherrschaft auf dem Meere vor. Mit ihr erlosch
im Jahre 1603 das ruhmvolle Herrscherhaus der Tudor.

Ungarische Mädchen bei der Heimarbeit schildert das Gemälde des
in Berlin lebenden ungarischen Künstlers Franz Paczka. Denn nicht nur in
Deutschland — hier besonders in den Berglanden, wie Schwarzwald, Thüringer
Wald, Riesen-, Erz-, Fichtelgebirge und in den Alpentälern — wird die Heimarbeit
gepflegt, sondern sie hat auch in der Schweiz und in Ungarn ihre Stätte gefunden.
In Ungarn verwenden die Frauen und Mädchen ihre Mußestunden zu Lein-
stickereien, ein Gebiet, auf dem sie Originelles leisten. Franz Paczka zeigt uns
die Mädchen im Rahmen einer Bauernstube, wohin sie von der jungen Bäuerin
zur Arbeit und zum fröhlichen Schwatzen eingeladen worden sind.

Der französische Maler Paul Delaroche hat sich in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts mit seinen Bildern aus der Geschichte einen Weltruhm er-
worben. Hierzu trugen die äußerst lebendige Darstellung der Vorgänge bei, ver-
bunden mit dem reichen Kolorit und der tiefinnerlichen Auffassung der Persön-
lichkeiten, die er in seinen Werken wiedergab. Der Tod der Königin
Elisabeth von England ist im Jahre 1827 geschaffen und befindet sich jetzt
im Louvre zu Paris, wo noch eine ganze Reihe von Werken von Delaroche zu
sehen sind. Wir erleben hier das Ende einer der bedeutendsten Frauen, die je
gelebt und in die Geschicke der Welt eingegriffen haben, mit. Ein halbes Jahr-
hundert fast hat sie über England geherrscht und wußte dem Protestantismus
in ihrem Lande zum Siege zu verhelfen. Ihre Gegnerin Maria Stuart, die schöne
Königin von Schottland, hat sie besiegt und zum Tode verurteilen lassen, die

Einen gewaltigen Stoff, den Aufruhr der Elemente an der Meeresküste hat
Hans Hartig in seinem Sturmflutzyklus behandelt, dessen Höhepunkt das von
uns wiedergegebene Gemälde „Sturmflut“ darstellt. Sturmgepeitscht sind die
Wogen über ein Stück Wattenland und das hier vorgelagerte Haus herein-
gebrochen. Gelblich-braun wogen die Fluten und braust der Regen, vom Sturm
in Bogenschwaden seitwärts geschüttet. Auch andere Häuser sind bereits von
den Wellen bedroht, und die Pferde eines Gefährts werden angepeitscht, um
das Rettungsboot ans Wasser.zu schaffen. — In H. Böhmers „Waldeinsam-
keit“ kommt umgekehrt das tiefe Gefühl des Friedens zum Ausdruck, das uns
die Natur gleichfalls vermitteln kann. Unwillkürlich hört man Tiecks Lied des
geheimnisvollen Vögleins im Ohre erklingen: „Waldeinsamkeit, die mich erfreut,
so morgen wie heut, in ewiger Zeit. O wie mich freut Waldeinsamkeit.“
 
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