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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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10. Heft
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Hermann Rüdisühli: ein deutscher Künstler aus der Schweiz
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Ostler, Rudolf: Im Park
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0296

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Hermann Rüdisühli: Im Park.

Hermann Rüdisühli.
Ein deutscher Künstler aus der Schweiz.


aß die deutsche Schweiz im Kulturleben des deutschen Volkes eine
nicht geringe Rolle spielt, geht auch aus Kunst und Dichtung hervor,
welche dieses an Bevölkerung kleine Land hervorgebracht hat und
noch hervorbringt. Man braucht aus der letzten Zeit nur die Namen Gott-
fried Keller und Konrad Ferdinand Meyer oder
Stauffer Bern und vor allem Arnold Böcklin zu
nennen, um die Wahrheit dieser Behauptung im
vollsten Umfange bestätigt zu sehen. Denn welcher
Maler aus der zweiten Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts hat so stark auf die Phantasie des
ganzen deutschen Volkes gewirkt wie er! Man
kann darum streiten, ob er der größte deutsche
Maler dieser Zeit war, aber man kann unmöglich
bezweifeln, daß seine Werke in einzig dastehender
Weise Gemeingut des deutschen Volkes geworden
sind. Hier schließt er sich einem Moritz von
Schwind ebenbürtig an, als ob seine Wiege in
Deutschland gestanden hätte. Auch die umstrittene
Kunst der beiden letzten Jahrzehnte kennt als
führende Persönlichkeit einen Schweizer: Ferdinand
Hodler, dessen Monumentalmalerei gleichfalls in
Deutschland Freunde und Anhänger gefunden hat.
Man könnte sagen, daß die Bewohner kleiner
Länder sich häufig in fremde Kulturen einfinden,
wie sie auch gewöhnlich mehrere Sprachen be-
herrschen und häufig das Ausland bereisen, als
ob die ganze europäische Kulturgemeinschaft
ihre Heimat wäre. Das trifft z. B. auf die Nor-
weger und Schweden zu, nicht aber auf die
Schweizer. Sie sind durch engste Stammesver-
wandtschaft jahrtausendelang mit uns verbunden,

PJm ^Park.

1Der Brunnen rauscht das ßied vergangner Zeiten,
‘Vom ‘BhumenfLor umwucßert bunt und dicht,
l/lm 0fimmel steht ein geisterhaftes ßicht;
Qfnd stumm die ‘Weiden ihre Zweige breiten
Gleich ofchleiern aus, a/s ob mit heißgern Bangen
cPie ein Geheimnis hießen treu umfangen.
Ofell durch die ‘Woßcen bricht ein ofonnenstrahl,
‘Und /Helios leuchtet auf in vollem Glanze —
cSieh — ihm entgegen hebt die gofdne ßanze
Ber fjüngling auf dem ‘Ularmorpiedestal,
Ben aßen Göttern Ghrfurcht zu bezeigen,
Ondes die ‘Wipfel andachtsvoll sich neigen.
‘Rudolf Ostler.

[Nachdruck verboten.]
wofür die althochdeutsche und mittelhochdeutsche Dichtung den besten Beweis
liefern. Darum wohnen ihnen auch die Merkmale des deutschen Wesens inne:
Phantasiebegabung und innige Naturliebe. Diese bilden die verwandten Saiten,
die immer wieder den vollen Ton nach dem großen Vaterlande deutscher
Sprache und deutschen Empfindens hinübergeben.
Hierzu tritt häufig ein dritter echt deutscher Zug:
die Sehnsucht nach Italien und die Liebe zu der
antiken Götterwelt. Das war der gewaltige Drei-
klang, der, von Böcklin angeschlagen, durch die
deutschen Lande brauste. Die Natur Italiens mit
deutscher Sehnsucht erfaßt, und die Halbgötter
Griechenlands, wie Pane, Faune, Tritone, Nereiden
und andere Fabelwesen, kraft deutscher Natur-
anschauung neu beseelt!
Aber Böcklin steht hiermit in seiner schwei-
zerischen Heimat nicht allein. Auch andere Künstler
dieses Gebirgslandes teilen mit ihm das Streben,
die Natur im heroischen Stile aufzufassen und ihre
Stimmung zu erlauschen. Deshalb liegt selbst über
Landschaften, deren Motive scheinbar mit schlichtem
Realismus erschaut und wiedergegeben sind, ein
geheimnisvolles Weben. Als einer der bekannte-
sten unter den lebenden schweizerischen Künstlern
gehört hierher Hermann Rüdisühli, von dessen
Hand die Gemälde stammen, die als Reproduk-
tionen diesem Aufsatze beigefügt sind. R. O.

Schon der Name sagt uns, daß der Maler
Hermann Rüdisühli Schweizer von Geburt ist.
Manch starkes Maler- und Dichtertalent ist uns in

XXVIII. 31.
 
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