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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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25. Heft
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Vor dem Ozeanflug
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0755

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320

MODEE.NE KUNST.

also die Aussichten für den ersten Ozeanflieger durchaus nicht mehr auf Null.
Am energischsten wird das Projekt von englischen Fliegern verfolgt. Leider
ist Hamei, einer der besten englischen Flieger, bei einem Vorflug übers Meer ver-
schollen und ertrunken. Ein anderer englischer Flieger, der Marineleutnant
Porte ist bereits am weitesten mit seinen Plänen gediehen. Er besitzt ein großes
Flugboot, das von Curtiss erbaut und auf den Namen „America" getauft wurde.
Als Curtiss den Taufflug mit seinem Ozeanflugboot unternommen hatte, sagte er:
„Der Traum meines Lebens scheint nun endlich in Erfüllung zu gehen. Jahrelang
habe ich gefühlt, daß man ein Flugzeug bauen könnte, das stark genug sei, um von
der einen zur anderen Seite des Atlantischen Ozeans zu fliegen. Der heutige Tag
ist der glücklichste meines Lebens."
Das transatlantische Flugzeug ist ungefähr doppelt so groß als die gewöhn-
liche Curtiss-Maschine. Die Maße sind: Bootskörper io m Länge, 2 m Tiefe und
1% m Breite; Tragflächen: 20 m Spannweite und 2 m Tiefe. Die mittschiffs ein-
gebauten Benzintanks fassen 1362 Liter. Die Maschine ist mit zwei Propellern
und zwei Sechszylindermotoren von je 90 PS. ausgerüstet. Der Bootskörper
enthält eine geschlossene Kabine mit Zelluloidfenstern, die den beiden Insassen
einen bequemen Aufenthalt bietet.
Porte hat einen umfangreichen Hilfsdienst für seinen kühnen Flug vorbereitet.
Die Strecke läuft von St. Johns (Neufundland) nach Flores (Azoren), von dort
nach Ponta Delgada auf der Azoreninsel San Miquel. Dann wieder richtet sich der
Flug nach einem Punkte an der spanischen Küste, damit, wenn nötig, wieder
Betriebsstoff eingenommen wird, und schließlich wird das Flugzeug der Dainpfer-
straße bis Ushant und von dort nach England folgen. Obgleich der Flieger die
besten Instrumente und Karten mitnehmen wird, rechnet er doch stark auf die
Unterstützung aller ihm nahekommenden Schiffe. Drahtlose Signale werden von
Cap Race und von den Azoren unmittelbar nach dem Abflug ausgesandt werden,
und es wird darauf gerechnet, daß sie von allen mit drahtlosen Einrichtungen
ausgerüsteten Schiffen wiederholt werden.
Die Kapitäne werden ersucht, folgende Signale zur Andeutung ihres Kurses

zu der Strecke des Flugzeugs zu führen: wenn sie sich nördlich der Strecke befinden,
am Vormast, für einen Winkel zu ihr von o—30 Grad Geviertflagge, von 30—60
Grad zwei Geviertflaggen, von 60—90 Grad Geviert, Ball, Geviert; wenn sie sich
südlich der Route des Flugzeugs befinden, am Hauptmast dieselben Signale.
Immerhin kann der Flug von Porte sehr leicht mit einem Fiasko endigen.
Es ist die Frage, ob das Curtiss-Flugboot ein Niedergehen auf dem wahrscheinlich
recht bewegten Ozean überstehen wird, obwohl kürzlich der deutsche Flieger
Dahm bei einem Flug über die Ostsee auf das erregte Meer niederging und eine
1 % ständige Reparatur vornahm, worauf er sich wie eine Möwe vom Wasser
erhob, weiterflog und in Gjedser glatt landete.
Aber selbst ein Untergang des Flugboots „America" könnte die Entwicklung
der Flugtechnik nicht mehr aufhalten, die dahin drängt, mächtige und auf einem
Ozeanflug völlig sichere Riesenflugboote zu schaffen. So hat der deutsche Flieger
Hellmuth Hirth jetzt die Konstruktionen von Flugschiffen vollendet, die mit fast
absoluter Sicherheit in der Lage wären, den Ozean zu überfliegen. Es sind dies
Flugschiffe mit 10—20 Motoren und einer Gesamtleistung bis zu 2000 Pferdekräften.
Diese fliegenden Schiffe der nächsten Zukunft besitzen eine besondere Mann-
schaft, die für die Motoren und die Steuerung zu sorgen haben. Der Kapitän be-
aufsichtigt nur Start und Landung, die beide auf dem Wasser stattfinden. Das
Flugschiff besitzt Kabinen für die Passagiere, Laufgänge mit Liegestühlen, einen
gemeinschaftlichen V/ohnraum, Werkzeugräume usw.
Da es genügt, wenn die Hälfte der Motoren tätig ist, fällt ein Heruntergehen
des Flugzeuges wegen der Motorenkraft mit höchster Wahrscheinlichkeit fort.
Mit den neuen Flugapparaten läßt sich daher ein wirklicher Flugverkehr
einrichten und die Ozeanweite mit dem Gefühl ruhiger Sicherheit überfliegen.
Nicht der todesmutige tollkühne Flug eines einzelnen über den Ozean wird
den Flugsommer heraufführen, sondern die Möglichkeit eines geordneten sicheren
Luftverkehrs über derartig große Entfernungen. Hoffen wir, daß Deutschland
in dieser Beziehung durch systematische Konzentration auf den Bau von Groß-
Flugschiffen die Spitze behalten wird.

<r

Unsere I3ifder*


Menschen der Insel nahen. Bei Gabriel
einen bisher unberührten Wald erhoben,
unsichtbar, die Geister dieses Waldes die

. Guay haben Holzfäller die Axt gegen
Da verlassen, ihren stumpfen Augen
von Menschenhand geschändete Stätte.
* *
*
Frisch und lebhaft wirkt der
„englische Bootsplatz“ Josef
Oppenheimers, der lange Zeit in
England gelebt hat und der Ber-
liner Sezession angehört. Die Luft
über dem Flusse und sein Gleiten,
die umherliegenden Boote, von
denen ein Geruch von Teerfarbe
auszugehen scheint, und das ruhig-
geschäftige Treiben haben in dieser
klargefügten Bildkomposition Aus-
druck gefunden. Die gleiche starke
malerische Begabung spricht auch
aus Oppenheimers „Stilleben"
mit dem guten Abwägen der Töne.
* . *
*
In ein weltstädtisches „See-
bad" mit seinem bunten und
lustigen Treiben gibt E. Lamberts
Gemälde, dessen Farben das hier
herrschende Durcheinander getreu-
lich wiederspiegeln, einen leben-
digen Einblick. Seit den Zeiten
des Altertums ist ja der Sommer
mit seinem Badeleben eine Quelle
des Frohsinns für die Menschheit
gewesen, und er will sich auch heute
davon nichts nehmen lassen. Wenn
hier bei den Großen Neckerei und
Flirt die hauptsächlichste Rolle
spielen, so tun es bei den Kleinen
Belustigungen einfacherer Art. Das
zeigen die beiden „spielenden
Kinder“ auf Ansche Fuhr-
manns humorvollem und gut
durchgearbeiteten Bilde, die sich
mit einem Fröschlein necken. —
Die Hingegebenheit und Anmut
eines Frauenantlitzes, das „im
Schlummer" leise atmet, tritt uns
aus W. Ungers Arbeit entgegen.

Einem poesievollen Gedanken
hat Gabriel Guay in seinem
Bilde „Die Waldgeister ver-
lassen den verheerten Wald"
Ausdruck verliehen. „Die Welt
ist vollkommen überall, wo der
Mensch nicht hinkommt mit sei-
ner Qual" hat Schiller gedichtet.
Stefan George ließ den Geist un-
berührter Natur auf einsamer Insel
Gestalt in einem Vogel annehmen,
der sofort verscheidet, als die ersten

#ine friedliche Stimmung schlägt Josef Musser in seinem Bilde „Heim-
wärts" an, dessen Motiv er aus dem Wienerwalde gewonnen hat. Von
hohen Bäumen begrenzt liegt eine Hügelwelle, die der Schleier erster Dämme-
rung zum weichen Schlummer
umspinnt. Klein nimmt sich die
Silhouette des Ackermanns, der
mit seinen Pferden nach Hause
zieht, gegen die hohen Baum-
kronen aus.
* *
*
Auch von Franz Hochs
„Abend am See“ geht ein Klang
des Friedens aus. Während drüben
über der Gebirgskette letzte Helle
leuchtet, treibt ein Kahn zum Ufer
hin, dessen Führer bereits von
seiner Gefährtin erwartet wird.
Gleich Wächtern des Abends stehen
die hohen Bäume, die dem Bilde
den Charakter der Ruhe geben. —-
In die Hochgebirgswelt führt des-
selben Künstlers „Einbrechen-
der Nebel“. Über die kahlen
hohen Felsen sind plötzlich jene
Nebelwolken hinweg gestürmt, die
den Wanderer in Hochgebirgs-
tälern mit ihrer kalten, feuchten
Tarnhaut umziehen, ihm den An-
blick des Himmels und Gebirges
rauben und mit sich selbst in
Dämmerung einspinnen.

Am Klönthalersee.

Phot. Gebr. Wehrli, Bendikon-Zürich.
 
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