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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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24. Heft
DOI Artikel:
Abeking, Hermann; Frenzel, Oskar [Ill.]: Oskar Frenzel
DOI Artikel:
Collani, Eva von: Sommernacht
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0719

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298

MODERNE KUNST.


Oskar Frenzei: Studie.

breit gelagerten Matten und den dichten Silhouetten der Bäume anschließen und sich
mit denselben verschmelzen. Die dekorative Färbung des Felles, die gewaltig um-
rissenen schwarzen und weißen Flecke sind von malerischer Wucht, die sehr wohl den
An- und Ausklang eines Bildes zu geben berufen sein dürfte. Bei großer Auffassung
auch liebenswürdig im Detail und sicher in der Ausführung zu sein, hat Frenzei früh-
zeitig gelernt. Einige Bleistiflstudien, die wir unsern Lesern zeigen, legen hiervon ein
beredtes Zeugnis ab.
In dem Rahmen dessen, das er sich zum Ziel erwählt hat, ist das Gebiet Oskar
Frenzeis unbegrenzt. Jeden Frühling, Sommer und Herbst zieht es den Künstler ins
Freie, meist in die nördliche Tiefebene nach kleinen Orten in Mecklenburg und
Schleswig-Holstein. Hier sind die weiten grünen Wiesen mit ihren leisen Schwellungen,
die vom Sturm zerfetzten Dünen am Meer, dann wieder der stillruhende Weiher unter
den dichten Weiden, der leise dahinfließende Bach, der wegelose Forst all das, was
man als das Jagdrevier des Künstlers bezeichnen kann. Und zu Jeder Zeit ist der
Maler auf dem Plan, er.trifft das klare Friihrot des Morgens, die heiße Glut des
Mittags und das ernste Ermatten des Abends. Als wahrhaft Empfindender und

Schaffender weiß er stets den besonderen Klang der Tages-
stunde und den besonderen Charakter des Jahresabschnittes
über seine Bilder zu breiten.
Mit Oskar Frenzeis „Kühe am Bach« glauben wir ein be-
sonders die Wesensart des Künstlers bezeichnendes Werk heraus-
zugreifen. Es ist Mittag, die Sonne legt sich auf die Weide und
verschmelzt die Formen des grasbewachsenen Bodens und der
Büsche zu hellem Schimmer. Links dem Gehölze zu fällt ein
Wolkenschatten über die Landschaft, läßt die Flut des Baches
sich dunkel färben und findet seine größte Tiefe in der breiten
schwarzen Zeichnung des Stieres, die sich mit dem Wasser zu
vereinigen scheint und doch wieder sicher und fest hervor-
gehoben ist. Das beigefarbene Fell der Kuh leitet zu den hellen
Tönen der Wiese hinüber. Die dort fern grasende Herde läßt
das Schwarz und Hell noch einmal anklingen. Wie sich die
Kontur des Stiers und der Kuh im Vordergründe in graziöser
Linie schließt, ist meisterhaft. Aber auch der seelische Ausdruck
des Rindes — man betrachte die trefflich gezeichneten Köpfe —
ist außerordentlich glücklich und überzeugend.
Die „Furt“ zeigt eine größere Herde, die abends von der
Weide heimwärts trottet und ein Gewässer kreuzt. Im breiten
Strich ist hier das Augenblicksbild festgehalten. Aus der dichten
Silhouette der Bäume und Büsche, die das Bild begrenzen, drängt
sich die schwere Masse des Viehs, malerisch eine Einheit und
fast nur durch die weiße Zeichnung voneinander getrennt. An
der Spitze lockert sich das Band ein wenig. Frei schreitet die
Leitkuh, am Halse die Glocke, vor der Herde einher.
Der Idylle zwar nicht ganz fremd, nähert sich Oskar Frenzeis
Gemälde „Pastorale“, das wir bereits in der Frühlingsnummer
der „Modernen Kunst" veröffentlicht haben, dennoch stark dem
Heroischen. Wie ein gewaltiges Tor wachsen dichtbelaubte
Baumriesen aus der Erde weit in den Himmel hinan. Gleich
einer Architektur gliedern sich die Baumpartien in einheitlicher und doch reizvoll wechseln-
der Weise. Es will scheinen, als ob hier Natur und Menschenhand gemeinsam am
Werke waren, ein Meisterstück zu schmieden. Denn erst wahrhaft reich wird die Natur
durch das schauende und zusammenfassende Auge des Künstlers. Doch durch starre
Größe zu erdrücken, liegt dem liebenswürdigen Wesen Frenzeis fern. Er leitet unsern
Blick durch das „Tor" in sonnige Gefilde, er lagert die ihm so vertrauten Leiber der
Wiederkäuer in das hohe Gras. Ein Hirtenmädchen, an der Seite den treuen Hund,
schaut träumerisch in die Weite.
„Herbstkiänge“ führen uns an das offene Meer. Hier hat der Sturm das Laub
der Bäume zerpeitscht und ihre Stämme gezwungen, sich landeinwärts zu beugen.
Der Blick des Malers hat die Folgen dieses Kampfes der Vegetation mit dem Ostwinde
gleich einer Wahlstatt trefflich erschaut und im Bilde gebannt. Der Menschen Fuß
scheint die karge Düne zu meiden, nur das genügsame Schaf sucht seine Nahrung
an dem starren hohen Grase. So versteht es Oskar Frenzei, wie nur wenige Maler,
die Natur und die Tiere als ihre Kreaturen, ja auch den Menschen zu einheitlichen
und stimmungsvollen Gemälden zusammenzufassen.

^ommernac^f.
Von E\)a t)on Collarti.
Es streut der !fau auf all die süssen golden
Prüfjsommerrosen perlen ohne Ssafyl-
ffief schläft derpark, und durch die piiederdolden
bu^t leis ein flimmernd Weisser Mondenstrahl
Soum Wiesen<punde — und in süssem Schauen
Senkt durch die ßlüten leis er seinen (alan^
Ünd sielet, Wie ^arte Weisse Märchenfrauen
Sich schwinden jugendfroh im Elfentan^! —
pie pat solch holdes Wunder er gesehen!
Die Schönste trägt in ihrem goldenen paar
Ein leuchtend Krönlein — und die Schleier Wellen,
Ünd alles ist so licht und Wunderbar.
Wie bell im See die SilberWellen blinken —
Im Wiesengrunde Wallt der feigen sacht,
Die Scljleier Wehen — Weisse Sterne Winken —
Und duftscljWer träumt ringsum die Sommer-
nacht!


Oskar Frenzei: Studienblatt.
 
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