Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moller, Georg; Gladbach, Ernst
Denkmähler der deutschen Baukunst (Band 2,2): Die Domkirche zu Limburg an der Lahn und die Kirche des Heiligen Paulus zu Worms: mit XVIII Kupfertaf. — Darmstadt, [1826-28]

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8368#0004
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bemerkungen über die Domkirche zu Limburg.

Ueber die Zeit der Erbauung der Kirche zu Limburg ist es nicht gelungen, sichere
Nachrichten zu erhalten. Die gewöhnliche Angabe, dass dieselbe von einem Grafen
Rurzbold im zehnten Jahrhundert erbaut sey, kann sich nicht auf die gegenwärtig
vorhandene Kirche beziehen, da dieselbe offenbar weit neuer ist. Dem Style zufolge
mag dieselbe in den letzten Decennien des zwölften und ersten Decennien des drei-
zehnten Jahrhunderts erbaut seyn.

Wichtig für die Kunstgeschichte erscheint diese Kirche dadurch, dass sie, obgleich
ganz nach einem Plane vollendet , dennoch zwischen der byzantinischen und deutschen
Bauart so das Mittel hält, dass man sie als die letzte Periode jenes ausländischen
Kirchenstyls bezeichnend, und als den Anfang der deutschen Spitzbogenbauart betrach-
ten kann. Der untere Grundriss und alle Profile sind durchaus nach jenem älteren
Baustyle geformt; am meisten ist dieses jedoch bei den Verzierungen der Fall, welche
z. B. an der Hauptthüre (Blatt V.) sich befinden und ganz römisch zu seyn scheinen,
während die Friese an den Ghorstühlen an die Verzierungen auf den hetrurischen Vasen
erinnern. Die Gewölbe dagegen sind schon fast alle im Spitzbogenstyl geformt, und
die grosse Fensterrose der Westseite, so wie die durchbrochene Giebelwand, sind
gleichsam die Vorläufer der herrlichen Kirchenportale zu Strasburg und Nürnberg.

Bei dieser Veranlassung möchte es nicht unpassend sein, auf eine wesentliche
Verschiedenheit der älteren byzantinisch römischen Kirchen aufmerksam zu machen,
welche jedoch keine Veränderung des Styls, sondern nur eine gleichzeitig neben ein-
ander bestehende Variation bezeichnet.

Ein Theil dieser Kirchen sind nämlich gewölbt, andere dagegen haben flache
Decken. Die ersteren haben Kreutzgewölbe Und Pfeiler mit Halbsäulen in der Art
wie die Bäder des Diocletian, Caracalla, der Friedenstempel etc. dieses zeigen. Zu
den Kirchen dieser Art gehören die Dome zu Speier, Worms, Mainz, die Stiftskirche
zu Limburg, zu Neuss, Andernach, die meisten Kirchen zu Köln, die schöne Ablei-
kirche zu Otterberg bei Kaiserslautern etc.

Die Kirchen der zweiten Art haben flache Decken und verhältnissmässig schwächere
Mauern. Das Mittelschiff ist von den Abseiten meistens durch einfache Pfeiler ohne
Halbsäulen, oft aber durch Säulenreihen gesondert, ganz so wie dieses bei den römi-
schen Basiliken, und bei den nach ihrem Muster erbauten ältesten Kirchen zu Rom,
S. Sabina, S. Maria Maggiore etc. der Fall ist. Zu den in Deutschland erbauten
Kirchen der erstem Art, mit Pfeilern und flacher Decke gehören z. B. das Schiff der

1
 
Annotationen