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Moller, Georg; Gladbach, Ernst
Denkmähler der deutschen Baukunst (Band 3) — Darmstadt, [1844]

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https://doi.org/10.11588/diglit.8370#0005
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Einleitung.

ae wenigen sicheren Nachrichten,
welche uns von der Zeit der Er-
bauung der meisten Kirchen des Mittelalters
erhalten sind, sowie der so vielen schönen
Gebäuden dieses Zeitalters durch Alter und
Vernachlässigung drohende Untergang, ma-
chen die Bemühungen des Architekten, wel-
cher theils durch treue Aufnahme und Mes-
sung die Erinnerung an dieselben zu erhalten
sucht, theils durch das Studium der ver-
schiedenen Baustyle des Mittelalters und
durch das Vergleichen der Denkmäler unter
sich artistisch - historische Schlüsse zieht,
doppelt verdienstlich.

Je mehr die Kenntniss der mannigfal-
tigen Gebäude des Mittelalters erweitert und
die verschiedenen Baustyle selbst grösseren
Epochen eingereiht werden, um so sicherer
können vereinzelt stehende Denkmäler und
die oft ganz verschiedenen Theile derselben

Gebäude chronologisch geordnet und da-
durch nur einer Geschichte der Entwicke-
lung deutscher Baukunst vorgearbeitet
werden.

Versuchen wir eine flüchtige Skizze der
Hauptperioden dieser Entwickelungs - Ge-
schichte zu entwerfen, so zeigen sich uns
vorerst die Bauwerke Karls des Grossen
als die ältesten erhaltenen christlichen Denk-
mäler auf deutschem Boden.

Der Baustyl, welchen derselbe, und
wahrscheinlich auch seine unmittelbaren
Nachfolger, anwandte, war aus Italien ent-
lehnt, wo wir alle Elemente desselben
Styls in dem damaligen Born und Bavenna
vorfinden.

Erst mit dem neuen Aufschwung, wel-
chen die deutsche Bildung unter den säch-
sischen und fränkischen Kaisern nahm, mit
der unmittelbaren Verbindung der Ersteren

mit Byzanz, wodurch sich die Kenntniss
des griechischen Styls erweiterte, verband
sich das in die Höhe strebende christlich -
deutsche Element mit römisch-byzantini-
scher Kunst und prägte den Bauwerken
dieser Zeit einen eigenthümlichen und gross-
artigen Charakter von Schwerfälligkeit,
Beichthum und Mannigfaltigkeit auf. Die
ältesten Dome am Bhein, zu Speyer, Worms
und Mainz, bilden die grossartigste Epoche
dieses aus verschiedenen und widerstreben-
den Elementen gebildeten Baustyls, charak-
terisirt durch die Verbindung der Basilika-
form mit der Kuppel und kreisförmigen
Gewölben, durch schwere Pfeiler und Halb-
säulen mit Rundbogen, durch horizontale
Abscheidungen mittelst Gurtgesimsen, wel-
che dem antiken Sinne entsprechen und mit
dem schmalen in die Höhe strebenden
Grundbau in Widerspruch stehen, ferner
durch starke Mauern, welche die Gewölbe
tragen und Strebepfeiler entbehrlich ma-
chen, sowie durch den Keichthum byzan-
tinisch - römischer Verzierungen. Gleich-
zeitig mit dieser Bauart behaupten sich die
Nachahmungen der ältesten christlichen Kir-
chen von Rom in der Basilikaform. Die
wohlfeilere Bauart, welche deren flache
Holzdecken, verbunden mit leichten Säu-
lenstellungen und Bogen, zulässig machte,
sowie die verhältnissmässig kürzere Zeit,
welche zur Ausführung eines solchen Ge-
bäudes erforderlich war, machen die An-
wendung dieses Styls in einem Lande er-
klärlich, das damals in so häufiger Berührung
mit Italien stand. In diesem Basilikenstyl,
in welchem unter andern die reichen St.
Michaeli- und St. Godehardi - Kirchen zu
Hildesheim erbaut sind, der dagegen im
13. Jahrh. von den deutschen Künstlern
 
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