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Moller, Georg; Gladbach, Ernst
Denkmähler der deutschen Baukunst (Band 3) — Darmstadt, [1844]

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https://doi.org/10.11588/diglit.8370#0007
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Erklärung der Kupfertafeln.

I. bis III. Kupfertafel.

Die Vorhalle des Domes zu Goslar.

Die hier dargestellte Vorhalle an der nördlichen
Seite des Doms zu Goslar ist der einzige noch erhal-
tene Theil der alten im Jahre 1818 abgebrochenen
Domkirche daselbst, und dient jetzt zur Aufbewahrung
verschiedener Alterthümer.

Der Dom wurde von Heinrich HL, wahrschein-
lich nach dem Plane des Bischofs Godehard von Hil-
desheim, erbaut und zu Ehren der Apostel Simon und I
Judas, deren Gedächtnisstag des Kaisers Geburtstag war,
im Jahre 1040 eingeweiht. Die Vorhalle gehört jeden-
falls zum ältesten Theile des Doms und zeigt in dem
Reichthume der byzantinischen Verzierungen die grösste
Verwandtschaft mit der von Bischof Bernward im Jahre j
1022 geweihten Michaelikirche zu Hildesheim.

Auf der Säule am Eingange der Vorhalle befindet
sich eine sonderbare Verschlingung von Menschenköpfen
mit geflügelten Drachen, welche man auf einen Traum
der Mutter Heinrichs IV. gedeutet hat. Dieselbe soll
vor der Geburt Heinrichs geträumt haben, einen Dra-
chen zu gebären, und darin mit prophetischem Geiste i
die ungezügelte Lebensweise ihres Sohnes vorausge- i
sehen haben. Wie wenig stimmen aber die vier Män-
nerköpfe des Kapitäls, aus deren geöffneten Mäulern
sich je zw.ei Drachen entwinden, mit diesem Traume
überein. Die Verschlingung von Menschen- und Thier-
gestalten mit Arabesken hängen mit dem byzantinischen
Baustyle eng zusammen; die Freude an solchen ba-
rocken Gestalten wiederholt sich in allen Zeiten des
v unausgebildeten oder überfeinerten Kunstsinnes. Man !
würde daher fehl schliessen, wollte man denselben eine
grössere Bedeutung unterlegen, als die Laune und üp-
pige Phantasie der Künstler.

Interessant ist die Inschrift auf dem Kapital in Iheils

griechischen, theils lateinischen Buchstaben.

KAPTMANJSFS etc. . . .
„Hartmannus statuam fecit basinque figuram.lt

In den fünf Nischen des Portals befinden sich fünf
Statüen, davon die drei mittleren Heilige, die beiden
andern einen Kaiser und eine Kaiserin vorstellen. In

der obersten Mische ist die heilige Jungfrau sitzend
mit dem Christuskinde dargestellt; in den beiden Sei-
tennischen derselben waren wahrscheinlich zwei knieende
Engel angebracht, An diesen Statüen in die antike
Haltung sowohl, wie der antike Faltenwurf bemerkens-
werth. Sie sind ganz flach aus einer festen Stuck-
masse gearbeitet, Die Vorhalle muss früher nicht ge-
schlossen gewesen seyn, wie die Profile der Pfeiler
am Eingang und der auf einem Löwen ruhende Säu-
lenschaft andeuten. Sämmlliche Dächer des Doms wa-
ren flach in Metall gedeckt, wesshalb das hohe spitze
Dach der Vorhalle gegen die frühere Anlage verändert
zu seyn scheint.

IV. bis VI. Kupfertafel.

Die Vorhalle des Domes zu Fritzlar.

Die in den vorliegenden drei Blättern dargestellte
Vorhalle des Domes zu Fritzlar wurde dem Baustyle
nach in den letzten Decennien des 12. Jahrhunderts
erbaut. Es liegen keine historische Nachrichten über
deren Gründung vor. Aus der Vergleichung des Bau-
styls derselben mit ähnlichen Säulenhallen des im Jahre
1137 gegründeten Klosters zu Maulbronn bei Heilbronn
und des im Jahre 1151 gegründeten Klosters zu Arns-
burg in der Wetterau, geht jedoch hervor, dass diese
Vorhalle derselben Kunstperiode angehört,

Der angedeutete Rundbogen an Thören und.Fen-
stern, die starken Umfangsmauern ohne Gewölbwider-
lagen, die vereckigen Pfeiler mit den vier Halbsäulen,
welche die ungegliederten Gurtbogen und Gewölbe tra-
gen, die einzelnen mit byzantinischen Arabesken und
Thiergestalten verzierten Kapitale verrat lien noch den
alten römisch - byzantinischen Baustyl, während sich das
neue deutsche Element in den Spitzbogen der Fenster
und Gewölbe, in dem Kranz- und Gurtgesimse der
äusseren Ansicht, in einigen Kapitalen des Innern und
in allen Kapitalen des Aeussern geltend macht.

Durch den hier deutlich ausgesprochenen Kampf
verschiedener Grundformen, welche an diesem Bau
erscheinen, wird derselbe, wenn auch an sich nicht
gross, doch für die Geschichte der Entwickelung des
deutschen Spitzbogenstyls bedeutend.
 
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